Rechtliches

Absolute Fahruntüchtigkeit für Pedelecs erst ab 1,6 ‰

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Beim Fahren unter Alkoholeinfluss werden Pedelecs wie Fahrräder und nicht wie Kraftfahrzeuge behandelt. Somit erreicht ein alkoholisierter Pedelec-Fahrer die absolute Fahruntüchtigkeit erst bei 1,6 ‰.

Ein Mann fuhr mit seinem Pedelec auf einem Fahrweg. Auf diesen bog auch eine Fahrradfahrerin ein, wobei sie seine Vorfahrt missachtete. Es kam zur Kollision. Der Fahrer des Pedelecs hatte eine Alkoholkonzentration von 1,59‰im Blut.

Im Strafprozess gegen den Mann kam es auf die Frage an, ob es sich bei der Alkoholfahrt um eine bloße Ordnungswidrigkeit gehandelt hatte oder ob sich der Mann der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr, also eines Straftatbestands, schuldig gemacht hatte. Entscheidend war insoweit, ob für den Fahrer eines Pedelecs die absolute Fahruntüchtigkeit erst bei 1,6 ‰, also wie bei einem Fahrradfahrer, anzunehmen ist, oder bereits bei 1,1‰ wie bei einem Kraftfahrer.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe1 entschied, dass der Pedelecfahrer wie ein Fahrradfahrer zu behandeln sei.

Hinweise des Oberlandesgerichts

Mit der vorliegenden Entscheidung ist der Prozess zwar noch nicht endgültig abgeschlossen, da die Beteiligten – Verteidigung und Staatsanwaltschaft –, noch Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Dem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts liegt daher eine vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde.

Pedelec ist kein Kraftfahrzeug

Nach Auffassung des Gerichts reichen die bisherigen Beweise nicht für eine einzelfallbezogene Feststellung aus, dass der Angeklagte alkoholbedingt nicht mehr zum Führen des Fahrzeugs in der Lage war.

Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 a StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,5‰Alkohol im Blut) lag nicht vor, weil handelsübliche Pedelecs mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h kein »Kraftfahrzeug« im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind. Nach derzeitigen gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen bestehen keine eindeutigen Hinweise darauf, dass Fahrer von handelsüblichen Elektrofahrrädern (Pedelecs) mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h bereits unterhalb der für Fahrradfahrer geltenden Grenze von 1,6‰Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Führer eines Kraftfahrzeugs bereits von einem Blutalkoholgehalt von 1,1‰an unwiderleglich fahruntüchtig und wegen Trunkenheit im Verkehr zu bestrafen ist, findet auf solche Pedelecs nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung daher keine Anwendung.

 

1 Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juli. 2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20, besprochen in RdW 2020, Rn. 391.