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Statt europäischer Ratingagentur: Wachsende Bedeutung deutscher Wirtschaftsauskunfteien

Wachsende Bedeutung deutscher Wirtschaftsauskunfteien

Da sich eine europäische Ratingagentur offenbar aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht realisieren lässt, gewinnen Wirtschaftsauskunfteien für die Bewertung der Bonität vorwiegend mittelständischer Unternehmen und Privater an Bedeutung. Gegenwärtig sind in Deutschland mehr als sieben Unternehmen in dieser Branche tätig, die jeweils zwischen 7.8 und 66 Mio. Kreditnehmer, vorwiegend Private und KMU betreuen. Das bedeutendste Unternehmen, CREDITREFORM, hat eine neue Software in Betrieb genommen, die noch präzisere und zeitnahe Auskünfte über Kreditkunden erlauben soll.

Derzeit am Markt in Deutschland tätige Wirtschaftsauskunfteien

Neben PricewaterhouseCoopers (PwC), KPMG und anderen internationalen Großunternehmen, die weltweit vorwiegend für Großunternehmen im Rahmen von Wirtschaftsberatung, Wirtschafts- und Bonitätsprüfungen tätig sind, haben sich eine Reihe von Wirtschaftsauskunfteien, z.T. Inkassounternehmen, am deutschen Markt etabliert. Dazu gehört Creditreform (allein in Deutschland mehr als 130 rechtlich selbständige Gesellschaften mit ca. 22 Mio. Klienten und mehr als 175 Geschäftsstellen europaweit). Creditreform ist außerdem mit Landesgesellschaften in Österreich, Bulgarien, der Schweiz, der Tschechischen Republik, Estland, Kroatien, Serbien, Ungarn, Ukraine, Italien, Litauen, Luxemburg, Lettland, Polen, Rumänien, Russland, Slowenien, Slowakei, Großbritannien, Türkei und China im Rahmen der Creditreform International-Gruppe vertreten.

Bedeutung der Creditreform

In einer Holding unter dem Dach der Creditreform sind zehn weitere Unternehmen der Auskunfts- und Inkassobranche, darunter bedirect, CEG, Creditreform Rating, Crefo Factoring, CPM, Immo-Check, Microm,

e-crefo und ECOFIS zusammengefasst, Schufa (ca. 66 Mio.), Accumio (ca.28 Mio.), Bürgel (ca.40 Mio.), CEG (ca. 63 Mio.), Deltavista (ca.45 Mio.), Infoscore (ca.7.8 Mio.) sowie weiteren, mehr als 50 Unternehmen, darunter auch Schimmelpfeng, Agenda u.a., die sowohl Bonitätsauskünfte erteilen als auch im nationalen und internationalen Inkasso-Geschäft tätig sind.

Eine Reihe von Unternehmen ist auch im Bereich der „Due Diligence-Untersuchungen“ für Unternehmen aller Art tätig. Mittlerweile zeichnet sich im europäischen Ausland eine Entwicklung ab, die erkennen lässt, dass „Due-Diligence-Verfahren“ häufig auch dazu benutzt werden, um Unternehmen aller Art auszuspähen.

Rating und Scoring

Basis der Bewertung (Rating) der Kreditwürdigkeit eines Klienten, sei es ein mittelständische Unternehmen oder ein Privater, sind die durch die Wirtschaftsauskunfteien gesammelten Daten, darunter auch „Negativdaten“, die sich aus nicht erfüllten Forderungen ergeben. Dies gilt auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren, Insolvenzen, Forderungen aus Mahnverfahren, Bankauskünfte über laufenden Girokontenverträge, Kredite,Hypothekendarlehen und andere Bankgeschäfte. Nicht zuletzt gehören auch Informationen zu bestehenden Mobilfunkverträgen zu den Angaben, die durch Wirtschaftsauskunfteien gesammelt werden. Auch Daten in öffentlichen Registern (Handelsregister, Gewerberegister u.ä. Informationen) werden durch die Wirtschaftsauskunfteien gesammelt und fließen in die Bewertung der Bonität eines Klienten mit ein. Nicht zuletzt spielen, zumindest bei Privaten, Ratenkreditverträge und deren Bedienung eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Vielfach entziehen sich die von den Wirtschaftsauskunfteien angewandten Bewertungsverfahren einer objektiven Überprüfung. Nicht minder bedeutsam für den Klienten ist das sog. Scoring-Verfahren, in dem anhand bestimmter Kriterien, die nach neuester Rechtsprechung wissenschaftlichen Anforderungen genügen müssen die Verlaufserwartung künftiger Verträge bewertet wird. Außerdem darf die Wirtschaftsauskunftei bei der Ermittlung des individuellen Scorewertes nicht ihren gesamten Datenbestand zu Vergleichszwecken einsetzen. Scorewerte dürfen auch nicht ausschließlich auf der Grundlage von Anschriftendateien (Wohnumfeld-Geoscoring) ermittelt werden. Werden derartige Daten genutzt, ist der Betroffene vorab zu unterrichten. Bei der Ermittlung der Scorewerte dürfen alle, über den Betroffenen bekannten Daten verwendet werden. Allerdings ergeben sich Zweifel bei der Bewertung dieser Daten, da diese i.d.R. nicht überprüft sind. Nach § 34 BDSG hat der Betroffene Anspruch darauf zu erfahren, welche Daten die Wirtschaftsauskunftei zu seiner Person verwaltet, welchen Scorewert ihm zugeordnet wurde und an welche weiteren Stellen diese Daten weitergegeben wurden. Vertragspartner des Betroffenen sind ebenfalls verpflichtet, auf Anfrage die Scorewerte mitzuteilen.

Scorewerte müssen einzelfallbezogen und nachvollziehbar dargestellt werden. Die Bewertung der Bonität eines Kunden im Rahmen von Bankgeschäften soll hier nicht behandelt werden, da diese Verfahren äußerst komplex und deren Ergebnisse nicht immer nachvollziehbar sind, da die Bankentscheidungen von einer Reihe von Faktoren abhängig sind, die sich einer externen Bewertung entziehen. Auch ist nicht immer nachvollziehbar, inwieweit Positivwerte in die Betrachtung durch Wirtschaftsauskunfteien und Banken gewichtet werden und damit das Ergebnis beeinflussen.

IBM COGNOS 10 Plattform durch Creditreform

Creditreform bearbeitet u.a. mehr als 90 Mio. Zahlungsbelege aus dem Debitorenregister Deutschlands. Auch stehen Creditreform über eine Mio.Bilanzen deutscher Unternehmen zur Verfügung. Seit Herbst 2009 hat Creditreform seine Geschäftstätigkeit ausgeweitet und bietet nun u.a.die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit von Unternehmen, Unternehmens-Beteiligungen, Firmenstatus, Firmenhistorie sowie Bonitätsauskünfte und weitere Dienstleistungen an.

Ein wesentlicher Faktor der Auskunftstätigkeit bei Creditreform ist der stets aktuelle Bonitätsindex. Die Ausweitung der Geschäftstätigkeit durch Creditreform erfordert den Einsatz einer neuartigen Plattform zur zeitnahen und genauen Auswertung der verfügbaren Daten. Mit der Einführung der IBM COGNOS 10 Plattform hat Creditreform einen Quantensprung auf dem Geschäftsfeld der Wirtschaftsauskünfte vollzogen. IBM COGNOS 10 besteht aus folgenden Elementen:


  • Abfrage und Berichte

    In diesem Segment werden den Nutzern alle erforderlichen Informationen bereitgestellt, um fundierte Entscheidungen auf Basis aktueller Informationen treffen zu können. Mit dieser Anwendung ist es dem Nutzer möglich, die Geschäftsstrategien beliebiger anderer Unternehmen zu analysieren, um Bereiche zu identifizieren, in denen akuter Handlungsbedarf besteht.Damit können Schwachstellen und Problembereiche anderer Unternehmen umfassend nach Region oder Tätigkeitsfeld identifiziert werden.

  • Dashboard

    Dashboards bieten die Möglichkeit, interaktiv zeitnah auf verfügbare Inhalte im System zuzugreifen und damit Informationen zusammenzuführen und mit einer umfassenden Analysefunktion auszuwerten und damit vorausschauend entsprechende Planungsprozesse einzuleiten.

  • Scorecarding

    Hier wird durch sicheren Zugriff auf Informationen (Business Intelligence, Echtzeitüberwachung u.a. Anwendungen im System) die Entscheidungsfindung in auszuwählenden Teilbereichen vorbereitet.

  • Echtzeitüberwachung

    Das Real-Time-Monitoring erlaubt im Rahmen ausgewählter Aspekte der Business Intelligence die Erstellung grafisch aufbereiteter Unterlagen, die eine Entscheidungsfindung in Echtzeit ermöglichen. Dies ist von Bedeutung für laufende Geschäftsprozesse die – falls erforderlich – in Echtzeit gesteuert und den Erfordernissen angepasst werden können.

  • Statistiken

    Die IBM-Statistics Engine vereinfacht die Einbindung statistischer Auswertung in Geschäftsberichte und erleichtert damit die Analyse im COGNOS-Sytem verfügbarer Informationen.

  • Business-Intelligence-Erweiterungen

    Das leistungsfähige Funktionsspektrum rund um IBM Cognos Business Intelligence erlaubt die Bewertung der Informationen auf konsistenter und relevanter Business-Intelligence(BI)-Basis.

  • Planung und Budgetierung

    Das System stellt flexible Analysetools für die Planung und Budgetierung zur Verfügung, die leistungsfähige, bedarfsgerechte Kunden- und Rentabilitätsrechnungen und flexible Modellierung und Unternehmensbeiträge für eine Vielzahl von Nutzern in Produktion, Vertrieb und Service als auch im Finanzbereich, Personalwesen und Marketing ermöglichen. Zeitnah kann der Ist-Zustand festgestellt, entsprechende Szenarien für das „Was wäre“ erarbeitet und daraus folgernd, Prognosen für die Zukunft erstellt werden.






Praxishinweise


  • Die Vergabe von Krediten an mittelständische Unternehmen wird in der gegenwärtigen Finanzkrise eher restriktiv gehandhabt. Bewertungen durch die Wirtschaftsauskunfteien kommt dabei eine steigende Bedeutung zu.

  • Verfahren und Ergebnisse der Wirtschaftsauskunfteien können für betroffene Unternehmen existentielle Folgen haben. Dies kann auch für Großunternehmen gelten, die durch internationale

    Agenturen bewertet werden.

  • Private sollten im Rahmen gesetzlicher Möglichkeiten (§ 34 BDSG) mindestens einmal jährlich bei den Wirtschaftsauskunfteien Auskunft über ihre gespeicherten Daten einholen. Bei unbegründeten negativen Eintragungen sollte der Rechtsweg beschritten werden, um diese Daten berichtigen zu lassen. Das gilt auch bei Auskünften über das individuelle Scoring bei Privaten.

  • Die Sammlung von Unternehmensdaten durch die Wirtschaftsauskunfteien begünstigt die Ausspähung von Unternehmen. Manipulationen bei der Bewertung von Unternehmen können nicht ausgeschlossen werden.