Sicherheit

Schwarze Schlüssel

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Sogenannte Schwarze Schlüssel stellen seit jeher ein Sicherheitsrisiko dar. Schwarze Schlüssel sind Schlüssel, von deren Existenz der Besitzer des Schlosses keine Kenntnis hat. Häufigster Fall ist, dass eine Wohnung neu vermietet wird und der Vormieter nicht alle ausgehändigten Schlüssel zurückgibt.

Einsatz kaum nachweisbar

Sachverständige können den Einsatz Schwarzer Schlüssel kaum nachweisen. Bei alternativen Schlossöffnungstechniken wie Lock-Pick, Elektro-Pick, Bump Key entstehen im Schloss spezifische Kratzspuren, die vom Original-Schlüssel nicht verursacht werden. Ferner kann anhand der Patina im Spurenbild sogar auf die Entstehungszeit der Kratzspuren geschlossen werden. Bei Verwendung einer Schlüsselkopie, auch aus 3D Druckern, ergeben sich im Schloss hingegen keine untypischen Spuren.

Juristische Gegenmaßahmen

Die Hersteller mechanischer Schlosssysteme haben auf das Problem der Schwarzen Schlüssel mit juristischen und technischen Lösungen reagiert:

Historisch hat sich bei Schlüsseln mit Sicherheitsanforderungen der Patentschutz/ggf. Gebrauchsmusterschutz auf Schlüsselrohlinge durchgesetzt. D.h., dass die Lieferung von Schlüsselrohlingen nur an ausgewählte Händler erfolgt. Schlossbesitzer weisen sich gegenüber dem Händler durch eine Sicherheitskarte aus und können Schlüsselkopien anfertigen lassen. Je nach System werden die Kopien zusätzlich registriert oder nur beim Hersteller (und nicht beim Händler) hergestellt.

Erst nach Ablauf der Patentschutzzeit können Rohlinge des jeweiligen Schlosssystems unkontrolliert hergestellt werden, was die Wahrscheinlichkeit der Anfertigung von Schwarzen Schlüsseln erhöht. Der rein juristische Schutz ist aber gegen Schwarze Schlüssel bei hohen Sicherheitsanforderungen nicht ausreichend. Etliche juristische Streitigkeiten haben zu Urteilen geführt, welche die Verbreitung und Herstellung von Schlüsselrohlingen erlauben. 

Technische Gegenmaßahmen

Um dem Risiko der Schwarzen Schlüssel nicht nur juristisch, sondern auch technisch zu begegnen, haben sich in der Praxis ergänzende Sicherheitsmerkmale am oder auf dem Schlüssel bewährt. Mit Einführung der elektronischen Wegfahrsperren wurden Autoschlüssel vor über 10 Jahren um einen RFID-Chip ergänzt. Mechanische Schlüssel können neben RFID-Chips auch Sicherheitsergänzungen in Form von mechanisch beweglichen Teilchen oder Magneten aufweisen.

           

Abb: Beweglicher Rollkörper              Abb: Federgelagerter Stift          Abb: Tellermagnete

Weisen Schlüssel die hier aufgeführten mechanischen oder magnetischen Sicherheitsmerkmale auf, ist die Herstellung eines Schwarzen Schlüssel erheblich erschwert und mit den üblichen Verfahren (Easy Entrie, 3D Drucker, Gießtechnik) unmöglich. Diese Sicherheitsergänzungen stellen eine alternative zu elektronischen Lösungen dar, wenngleich sich in Sicherheitsanwendungen zunehmend rein elektronische Schlösser verbreiten.

Fälschungsmethoden

Folgende Techniken sind bekannt, mit denen rein mechanische Schüssel, d.h. solche ohne o.g. ergänzende Sicherheitsmerkmale, kopiert werden können:

Abdruck und Gießtechnik

Bei dieser Technik wird der Schlüssel-Abdruck zunächst aus einer Modellierknetmasse gefertigt. Anschließend wird in der Modellierknetmasse ein Duplikat aus Gießmetall erstellt. Zahntechnik- und Schlüsseldienstfachhandel bieten hierzu geeignete Produkte an, die frei verkäuflich sind.

3D Scanner und CNC Fräsmaschine

Hierbei wird der Schlüssel dreidimensional gescannt und anschließend aus einem Stück Metall gefräst. Die Robert Bosch GmbH hat speziell für Schlüsseldienste den Fräsautomat System Easy Entrie entwickelt, der viele Schlüsselrohlinge herstellen kann.

3D Drucker mit 3D Scanner

Der 3D Scanner erfasst die genaue Form des Schlüssels, der 3D Drucker fertigt anschließend ein Duplikat davon aus Kunststoff.

Mithilfe der hier vorgestellten Techniken können Schlüsselkopien freilich nur dann hergestellt werden, wenn das Original – zumindest vorübergehend – als Kopiervorlage vorhanden ist. Die Techniken sind – neben Schlüsseln von Profilzylinderschlössern – teilweise auch geeignet um Buntbart-, Schrank- und Tresorschlüssel zu kopieren.

Praxistipps
  • Schwarze Schlüssel sind ein Thema der Risikobewertung und Produktauswahl von Zutrittskontrolllösungen.
  • Mechanische Schließsysteme mit ergänzendem elektronischen Chip, beweglichen oder magentischen Elementen bieten hohe Sicherheit gegen unerwünschte Schlüsselkopien, d.h. Schwarze Schlüssel.
  • Rein juristischen Kopierschutz-Vorkehrungen stehen zunehmend einfachere Kopiermöglichkeiten gegenüber. Sie sind somit kaum mehr geeignet, Schwarze Schlüssel zu verhindern. Technische Kopierschutzvorkehrungen in Form von Magnet, beweglichem Teilchen oder RFID-Chip sind der gegenwärtige Stand der Technik, um mechanische Schlosssysteme gegen unerwünschte Vervielfältigung von Schlüsseln zu schützen. Dies gilt natürlich nur, wenn die Schlüsselrohlinge nicht frei verkäuflich sind.
  • Rein elektronische Zutrittskontrollsysteme gewinnen Marktanteile gegenüber mechanischen Lösungen, insbesondere bei Türen mit Sicherheitsanforderungen. Die Kosten pro Tür sind gegenüber mechanischen Schließsystemen 3 bis 10fach höher, bieten aber ebenso gute Sicherheit vor Schwarzen Schlüsseln und zusätzlich Flexibilität bei der Berechtigungsvergabe und Zutrittsprotokolle.
  • Mechanische Schließsysteme werden auch in Zukunft breite Verwendung finden, sie sind schlicht wartungsärmer und günstiger als elektronische Systeme. Der Verlust von Marktanteilen gegenüber elektronischen Schließsystemen führt zu einem interessanten Phänomen bei der Preisgestaltung, die mit der Preisgestaltung von Druckern und Druckerpatronen vergleichbar ist: Während das eigentliche Produkt (Schloss mit Schlüssel/Drucker) günstig vertrieben werden (starker Wettbewerb, hoher Preisdruck), sind die Folgekosten mangels Preisdruck und Wettbewerb oft teuer und überteuert (Nachschlüssel/Druckerpatronen). Daraus kann man ableiten, dass in der Praxis mechanische Schließanlagen und Sicherheitsprofilzylinderschlösser häufiger komplett ausgetauscht werden, da die Anfertigung mehrerer Nachschlüssel teurer sein kann als der Austausch der kompletten Schließanlage.