Anbringen der Kamera war mit Datenschutzaufsicht und Polizei abgesprochen
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses in München-Pasing. Ihr Nachbar brachte im Februar 2013 am Dachgauben-Fenster seines Hauses eine Videokamera an. Grund dafür war, dass an seinem Haus mutwillig eine Fensterscheibe beschädigt worden war und die Täter nicht ermittelt werden konnten. Von der Kamera werden der Eingangsbereich des Grundstücks des Nachbarn und ein schmaler Streifen des Gehwegs vor dem Grundstück erfasst. Das Anbringen der Kamera hatte der Nachbar mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht und der zuständigen Polizeiinspektion abgesprochen. Die Kamera ist mit einem Kugelgelenk befestigt, so dass das Aufzeichnungsfeld verändert werden kann.
Nachbarin befürchtet Überwachung
Zwischen der Klägerin und dem Nachbarn gab es bereits in der Vergangenheit Streit wegen der Verwendung von Streusalz, der Anbringung eines Sichtschutzgitters, wegen des Pflanzenzuschnitts und wegen eines Grenzüberbaus durch den Nachbarn. Die Klägerin befürchtete eine Überwachung durch die Kamera. Sie möchte, dass der Nachbar die Kamera entfernt und mahnte ihn deshalb seit November 2013 mehrfach ab. Der Nachbar weigerte sich, die Kamera zu entfernen. Daraufhin erhob die Frau Klage zum Amtsgericht München.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht betroffen?
Die zuständige Richterin gab dem Nachbarn jetzt Recht. Die Kamera muss nicht entfernt werden. Grundsätzlich könne durch die Aufzeichnung einer Person mit einem Videogerät in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Person eingegriffen werden. Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem privaten Grundstück müsse deshalb sichergestellt sein, dass weder der öffentliche Bereich noch das private Nachbargrundstück oder der gemeinsame Zugang hierzu erfasst werden. Dies gelte – so auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – nur dann nicht, wenn der Aufsteller der Videokamera ein höherrangiges Interesse an der Überwachung geltend machen kann.
Überwiegendes Interesse des Nachbarn am Schutz seines Eigentums
Das Gericht geht davon aus, dass das Interesse des Nachbarn am Schutz seines Eigentums das Persönlichkeitsrecht der Klägerin überwiegt. Der Erfassungsbereich sei vom Landesamt für Datenschutzaufsicht geprüft und als vertretbar erachtet worden. Der miterfasste schmale Streifen des Gehwegs beschränke sich auf den Bereich direkt vor dem Eingangstor des Nachbarn. Es sei zu berücksichtigen, dass unstreitig Sachbeschädigungen an dem Eigentum des Beklagten stattgefunden haben. Insoweit würden die Interessen des Beklagten am Schutz seines Eigentums das allgemeine Persönlichkeitsrecht der zufällig miterfassten Passanten überwiegen, befand das Gericht.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung könne ein Anspruch auf Entfernung der Kamera aber auch bestehen, wenn eine Person ernsthaft befürchten muss, damit überwacht zu werden, führt das AG weiter aus. Allein die Tatsache, dass Nachbarn Rechtsstreitigkeiten austragen, rechtfertige für sich genommen nicht die Angst einer Partei, in den Überwachungsbereich mit aufgenommen zu werden. Die Streitigkeiten, die zwischen der Klägerin und ihrem Nachbarn stattgefunden haben, sind dafür nach Meinung des Gerichts nicht ansatzweise ausreichend.
Es handle sich dabei um eher gewöhnliche Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Die Klägerin habe dem Gericht nur ein Gefühl und eine Vermutung der Beobachtung und Überwachung durch den Nachbarn vorgetragen, was sie nicht mit Tatsachen belegen konnte. Allein die hypothetische Möglichkeit, dass der Nachbar sie überwachen könnte, reiche nicht aus, eine Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzunehmen.
Quellen:
Pressemitteilung des AG München Nr. 80/2015 vom 27.11.2015 (Az.: 191 C 23903/14).