Unterschiedliche Wahrnehmungen
Wahrnehmung ist die Aufnahme aller Informationen oder Reize unserer Umwelt sowie die Verarbeitung von Informationen. Der Mensch kann jedoch nicht alle Informationen in seiner Umwelt aufnehmen, das liegt einerseits am individuellen Wahrnehmungsvermögen und anderseits an der subjektiven Selektion. Das individuelle Wahrnehmungsvermögen ist von der Funktionstüchtigkeit unserer Sinne abhängig, dazu zählen: Sehen, Riechen, Hören, Schmecken und Tasten. Aufgrund der unterschiedlichen körperlichen Fähigkeiten, wie beispielsweise Hörvermögen oder Sehstärke, und der sich unterscheidenden Erwartungen und Erfahrungen führt die Wahrnehmung dazu, dass verschiedene Menschen die gleiche Situation unterschiedlich wahrnehmen und später ungleich wiedergeben.
Sobald die Informationen verarbeitet werden, führt das zur Steuerung des menschlichen Verhaltens und demnach zu individuellen Ergebnissen. Die Wahrnehmung wird demnach durch die subjektive Selektion beeinflusst, da es sich hierbei um die Aufnahme ausgewählter Informationen handelt. Der Mensch nimmt durch sein eigenes Wollen bewusst oder unbewusst nur einen bestimmten Teil der gesamten Informationen auf, da die Wahrnehmung von der eigenen Motivation, von Gewohnheiten oder der aktuellen Aufmerksamkeit beeinflusst wird.
Panik-Maschinerie
Die Gesellschaft befindet sich in einem starken Informations- und Medienzeitalter und wird täglich mit Informationen bedient, um zur Meinungsbildung beizutragen. Medien lenken die Wahrnehmung auf besonders bedrohliche und angstauslösende Ereignisse und verzerren so die Realität. Die Gesellschaft kann mit Risiken und Ungewissheit nicht richtig umgehen und sie daher auch nicht richtig einschätzen. Das führt zu einem irrationalen Umgang mit Risiken und die Medien tragen mit irreführenden Informationen erheblich dazu bei. Man spricht von den Medien als „Panik-Maschinerie“.
Es wird das Ziel verfolgt, die Bevölkerung dahingehend zu beeinflussen, dass Informationen vermittelt werden, über die nachgedacht und gesprochen wird. Meistens wird über Vorfälle berichtet, die einen hohen und interessanten Nachrichtenwert aufweisen (siehe zum Verhalten der Mitarbeiter Beitrag # 3: Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung für private Sicherheitsdienstleister). Diese Berichterstattungen haben große Auswirkungen auf das persönliche Sicherheitsgefühl und beeinflussen somit wieder die individuelle Wahrnehmung von Sicherheit. Sobald die öffentliche Berichterstattung interessant erscheint, wird der Mensch aufmerksam, setzt sich nur mit diesem Teil der Informationen auseinander und es entsteht ein verzerrtes Abbild der Wirklichkeit. Folglich haben die Medien einen erheblichen Einfluss auf die menschliche Wahrnehmung und damit auf die Wahrnehmung der Sicherheit in der Gesellschaft.
Fehltritte und Skandale
Medien berichten beispielsweise über die Bestreifung öffentlicher Verkehrsmittel und -einrichtungen und zeigen, dass Sicherheitsmitarbeiter dort präsent sind, wo sich die Bevölkerung sonst nachts unsicher oder unwohl fühlt. Diese Berichterstattungen tragen zu einem positiven Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei. Zudem werden private Sicherheitsdienstleister zu einem Element der Sicherheitsgewährleistung und demnach zu einem Sicherheitsgewinn für den Bürger.
Dennoch setzen sich Medien größtenteils kritisch mit den Aktivitäten der Sicherheitsunternehmen auseinander und sind ein wesentlicher Einflussfaktor, wenn es um die Wahrnehmungsbildung der privaten Sicherheitsdienstleister geht.
Wenn Medien berichten, dann häufig über Fehltritte oder negative Ereignisse im Bewachungsgewerbe und das bleibt der Gesellschaft in Erinnerung. Skandalöse Vorfälle haben zur Folge, dass die Gesellschaft ein negatives Bild über die Sicherheitsbranche erhält. Auch wenn Studien deutlich machen, dass in der Vergangenheit vergleichsweise vorrangig positive statt negative oder kritische Beiträge veröffentlicht wurden, bleiben die negativen bei der Bevölkerung stärker in Erinnerung.
„Wächer“ statt „Guard“
Es sollte unbedingt über eine Namensänderung von „guard“ nachgedacht werden. Denn „Guard“ heißt übersetzt „Wächter“ und hat einen negativen Beigeschmack, da es an das damalige unprofessionelle Nachtwächterimage erinnert. Sobald man die Bezeichnung in den Medienberichten verwendet, verbindet man damit negative Ereignisse aus der Vergangenheit.
Die Masterarbeit „Öffentliche Wahrnehmung der privaten Sicherheitswirtschaft – Eine empirische Untersuchung“ von Lydia Limpach untersucht die einflussreichsten Faktoren für die Entstehung eines negativ behafteten Images im Bewachungsgewerbe. Um eine realitätsnahe Einschätzung zu erlangen wurde eine Onlineumfrage durchgeführt. In der Umfrage gaben 67% der Befragten an, dass negative Schlagzeilen in den Medien erheblich zu einem schlechten Image beitragen. Die Antworten der Onlineumfrage zeigen auch, dass die Medienberichte in der Öffentlichkeit zu Vorbehalten gegenüber den privaten Sicherheitsdienstleistern führen. Der überwiegende Teil der Befragten geht davon aus, dass das Bewachungsgewerbe einen schlechten Ruf in der Gesellschaft besitzt, jedoch hat fast die Hälfte der Befragten persönlich ein positives Bild von privaten Sicherheitsdienstleistern.
Es stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft nur „denkt“, dass das Bewachungsgewerbe ein schlechtes Image habe, da die Medien hauptsächlich über Negativereignisse berichten. Dahingehend gibt es eine wichtige Antwort in der Onlineumfrage: Die Wahrnehmung ist „eher negativ, obwohl ich selbst noch keine schlechten Erfahrungen gemacht habe. Allerdings hat man das Bild im Kopf. Das ist natürlich ein Vorurteil, aber so wird es von den Medien auch größtenteils vermittelt.“ Die Befragten geben an, dass Negativbeispiele von den Medien immer extrem aufgebauscht werden, so dass eine komplette Branche negativ beeinflusst wird. Am besten seien keine Medienberichte zu provozieren, denn sobald private Sicherheitsdienstleister nicht im Fokus stehen würden, hätten sie alles richtig gemacht.