Eine im Kundenbereich eines Ladengeschäfts geöffnete Fußbodenluke stellt eine überraschende Gefahrenquelle dar. Auf diese muss sich ein Kunde nicht einstellen, so dass ihm bei einem Sturz in den darunterliegenden Schacht Schadensersatz in voller Höhe zustehen kann.
Kundin stürzt durch Bodenluke und erleidet erhebliche Verletzungen
Das beklagte Modehaus wurde von der Krankenkasse einer verletzten Kundin auf Ersatz aufgewandter Behandlungskosten in Anspruch genommen. Die 66 Jahre alte Dame hatte sich im März 2014 in das Modehaus begeben, um einen Pullover für ihre Tochter zu erwerben. Im Gang zur Kasse befand sich ein Schacht im Boden mit den Maßen 2,11 m x 0,8 m, der in den darunter gelegenen Bügelkeller führte und dessen Abdeckung offen gestanden war. Weil sie zur Seite sah, wo sich eine Verkäuferin mit dem Geschäftsinhaber unterhielt, übersah die Kundin die offene Luke und stürzte in den Schacht. Sie erlitt diverse Verletzungen an Schulter, Oberarm, Sprunggelenk und Fuß, unter anderem eine Oberarmfraktur und eine Fraktur des Innenknöchels.
Die Behandlungskosten in Höhe von ca. 21.000 Euro hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten zur Hälfte reguliert. Nun stritten die Parteien darüber, ob das Modehaus noch weitere Zahlung schuldete. Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Kundin in Höhe von 30% angenommen, war also davon ausgegangen, dass auch sie eine Schuld traf und sie einen Teil ihrer Kosten deshalb selbst tragen müsse.
Kein Mitverschulden, weil Kundin nicht mit offener Luke rechnen musste
Dies sah das OLG anders. Nach seiner Auffassung ist ein solches Mitverschulden der Kundin nicht feststellbar, weil der Unfall sich in einem Ladenlokal ereignet hat, in welchem die Aufmerksamkeit der Kunden absichtlich auf andere Dinge gerichtet wurde, namentlich auf Kleiderständer, Preisschilder und sonstige Hinweisschilder. Die Kundin war also abgelenkt. Das bedeutet nicht, dass ein Kunde oder eine Kundin in einem Geschäft überhaupt nicht mit Gefahren rechnen muss. Wenn er etwa über Kleidungsstücke am Boden stolpern würde, wäre ein Mitverschulden durchaus denkbar. Anders ist dies aber bei einer während des Publikumsverkehrs geöffneten Bodenluke. Eine solche Luke ist auch deshalb eine überraschende Gefahrenquelle, weil sie nur außerhalb der Geschäftszeiten geöffnet werden dürfte.
Jedenfalls tritt hier ein etwaiges – geringes – Mitverschulden der Kundin wegen Unaufmerksamkeit hinter die gravierende Verkehrssicherungspflichtverletzung (das Offenlassen der Luke), die beklagte Modehaus zu vertreten hat, zurück.
Quelle
Pressemitteilung des OLG Hamm vom 28.05.2018