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Beschäftigung und soziale Lage in Europa; Zwischenprognose Sommer 2018

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Kommissionsbericht 2018 bestätigt positive Trends, zeigt aber auch Herausforderungen insbesondere im Zusammenhang mit Automatisierung und Digitalisierung auf​

Am 13.07.2018 hat die Europäische Kommission den jährlich erscheinenden Europäischen Beschäftigungs- und Sozialbericht für 2018 veröffentlicht.

In der diesjährigen Ausgabe werden die anhaltend positive Arbeitsmarktentwicklung und die Verbesserung der sozialen Lage bestätigt. Die Zahl der Erwerbstätigen hat neue Höchstwerte erreicht. Fast 238 Millionen Menschen haben eine Arbeit – nie zuvor war das Beschäftigungsniveau in der EU so hoch wie heute. Im Vergleich zu 2016 waren 2017 über dreieinhalb Millionen mehr Menschen erwerbstätig. Zwar ist die Zahl der pro Beschäftigtem geleisteten Arbeitsstunden in den letzten Jahren gestiegen, sie liegt aber immer noch unter dem Niveau von 2008. Gleichzeitig sind ein steigendes verfügbares Einkommen und niedrigere Armutsraten zu beobachten. Im Vergleich zu 2012 waren 16,1 Millionen weniger Menschen von erheblicher materieller Entbehrung betroffen – ein Rekordtief. Betrachtet man jedoch die Folgen technologischer Entwicklungen, so ist unklar, wie sich Automatisierung und Digitalisierung in Zukunft auswirken werden.

Technischer Fortschritt betrifft einen Großteil der Arbeitsplätze

Es wird ferner dargelegt, dass der technologische Fortschritt ein Schlüsselelement zur Steigerung der Gesamtproduktivität ist. Allerdings werden dadurch auch Routineaufgaben, die nur eine geringe Qualifikation erfordern, ersetzt und die Qualifikationsanforderungen für die Beschäftigungsfähigkeit steigen: Zwar gibt es keine definitive Aussage über den möglichen Umfang, in dem sich die Technologie auf die Beschäftigung auswirkt, doch aus Studien geht hervor, dass repetitive Routinearbeiten bei den derzeit ausgeübten Tätigkeiten am ehesten teilweise oder vollständig automatisiert werden; eine Teilautomatisierung könnte einer Studie zufolge in naher Zukunft bei 37 % bis 69 % der Arbeitsplätze erfolgen. Eine bessere Bildung und lebenslanges Lernen sowie die Gewährleistung, dass unser Arbeitsmarkt und die Sozialschutzsysteme den Herausforderungen gewachsen sind, sind für die Anpassung an diese sich wandelnde Arbeitswelt von entscheidender Bedeutung.

Schließlich zeigt der Beschäftigungs- und Sozialbericht 2018 auch einige verbleibende strukturbezogene Herausforderungen auf, beispielsweise Einkommensungleichheit und geschlechtsspezifische Diskrepanzen, aber auch Herausforderungen bei der Kompetenzentwicklung und Bildung.

Es gibt viele Beispiele dafür, wie die Kommission die in den jährlichen Berichten aufgezeigten Probleme gezielt angeht. So stellt ihr jüngster Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen mehr Mittel für Investitionen in Menschen bereit, u. a. über den neuen Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und einen verbesserten Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF). Initiativen und Instrumente wie die neue europäische Agenda für Kompetenzen‚ die Jugendgarantie und die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, die weitere Stärkung des Programms Erasmus und das Europäische Solidaritätskorps werden genauso wie die Vorschläge der Kommission über den Zugang zum Sozialschutz und zu transparenten und verlässlichen Arbeitsbedingungen dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen.

Robustes Wachstum bei zunehmender Unsicherheit​

Die Europäische Kommission hat zudem am 12.07.2018 ihre Zwischenprognose Sommer 2018 vorgestellt. Diese gilt für die Jahre 2018 und 2019 und enthält unter anderem Prognosen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und die Inflation in allen 28 EU-Mitgliedstaaten.

Die Kommission erwartet, dass sowohl die EU als auch der Euroraum 2018 und 2019 mit 2,1 % in diesem und 2 % im nächsten Jahr weiterhin ein kräftiges Wachstum verbuchen werden. Allerdings hat die Wachstumsdynamik nach fünf kraftvollen Quartalen in Folge in der ersten Jahreshälfte 2018 nachgelassen, sodass die Wachstumserwartung gegenüber dem Frühjahr nun sowohl für die EU als auch den Euroraum um 0,2 Prozentpunkte heruntergeschraubt wurde.

In der zweiten Jahreshälfte dürfte das Wachstum dann wieder etwas anziehen, da sich die Arbeitsmarktlage verbessert, die Verschuldung der privaten Haushalte rückläufig ist, die Verbraucher nach wie vor zuversichtlich sind und die Geldpolitik konjunkturfreundlich bleibt.

Handelspolitische Spannungen, höhere Ölpreise und politische Ungewissheit

Nach der Prognose der Kommission bleiben die Fundamentalfaktoren solide, doch dürfte das Wachstum nachlassen. Die fundamentalen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind in der EU und im Euroraum nach wie vor gegeben. Dass sich die Wachstumsraten abschwächen, ist zum Teil auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen, doch könnten die zunehmenden handelspolitischen Spannungen, die höheren Ölpreise und die politische Ungewissheit in einigen Mitgliedstaaten ebenfalls eine Rolle gespielt haben.

Global betrachtet bleibt das Wachstum solide, doch nehmen die Wachstumsunterschiede zwischen den Ländern und Regionen zu.

Da die Ölpreise seit dem Frühjahr steigen, wird in diesem Jahr nunmehr mit einer Teuerungsrate von durchschnittlich 1,9 % in der EU und 1,7 % im Euroraum gerechnet, womit die Inflationsprognose gegenüber dem Frühjahr in beiden Fällen um 0,2 Prozentpunkte heraufgesetzt wurde. Die Inflationsprognose für 2019 wurde für den Euroraum um 0,1 Prozentpunkt auf 1,7 % angehoben, für die EU jedoch bei 1,8 % belassen.

Auch wenn sich das jüngste kraftvolle Wachstum als robust erwiesen hat, bleibt die Prognose doch mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet, die seit dem Frühjahr noch zugenommen haben.

Im Basisszenario wird keine weitere Eskalation im Handelsstreit angenommen. Sollten die Spannungen jedoch zunehmen, würde sich dies nachteilig auf den Handel und die Investitionen niederschlagen und in allen beteiligten Ländern zu Wohlstandsverlusten führen. Weitere Risiken bestehen darin, dass unter anderem durch geopolitische Risiken übermäßige Schwankungen an den Finanzmärten ausgelöst werden könnten.

Quelle:
Pressemitteilungen der Europäischen Kommission, jeweils mit Verlinkungen zu den vollständigen Berichten