Eine Frau parkte ihren Pkw auf der rechten Spur einer dreispurigen innerörtlichen Straße. Diese Spur war allgemein zum Parken freigegeben. Die neben der Park-Spur befindliche mittlere Spur war durch Verkehrszeichen als Bussonderfahrstreifen ausgewiesen.
Als die Frau versuchte, sich auf die mittlere Spur einzuordnen, kam es zur Kollision mit einem auf dieser Spur fahrenden anderen Verkehrsteilnehmer.
Das Landgericht nahm eine Abwägung der Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile von zwei Dritteln zulasten der Autofahrerin und zu einem Drittel zulasten des Unfallgegners vor.
Demgegenüber war das Kammergericht Berlin1 der Auffassung, dass die ausparkende Autofahrerin das alleinige Verschulden an dem Zusammenstoß treffe.
Keine Gefahrerhöhung durch Befahren der Busspur
Nach Auffassung des Gerichts überwog das Verschulden der ausparkenden Autofahrerin bei weitem den minimalen Verkehrsverstoß des anderen Verkehrsteilnehmers. Zentrale Frage sei vorliegend, ob derjenige, der sich unter Verstoß gegen die Vorschrift, sich nur vorsichtig in den fließenden Verkehr einzureihen, darauf berufen könne, dass der andere Unfallbeteiligte die Fahrspur unberechtigt befahren habe.
Dies war nach Auffassung des Gerichts hier zu verneinen. Denn das Verbot für den allgemeinen Verkehr den durch Verkehrszeichen ausgewiesenen Bussonderfahrstreifen zu befahren, dient nicht der Unfallverhütung. Vielmehr sollen mit der Einführung von Bussonderfahrstreifen Störungen des Linienverkehrs vermieden und der geordnete und zügige Betriebsablauf mit Taktfahrplänen gewährleistet werden. Mit anderen Worten: Die ausparkende Autofahrerin durfte nicht darauf vertrauen, dass auf dem Bussonderfahrstreifen kein Fahrzeug anzutreffen sein werde. Die gesetzliche Vorgabe, vom Fahrbahnrand nur äußerst vorsichtig in den fließenden Verkehr einzufädeln, gelte unabhängig davon, ob die Spur, auf die sie einfahren wolle, zunächst nur für besonderen Verkehr zugelassen sei oder nicht.
Demgegenüber musste der auf der Busspur daherkommende andere Verkehrsteilnehmer nicht damit rechnen, dass ein Fahrzeug aus der Parkreihe ohne ausreichende Rückschau über herannahenden Verkehr in die mittlere Spur einfährt. Denn insoweit war die Spur nicht für den Verkehr allgemein gesperrt, sondern lediglich für den Bus als Sonderverkehr freigegeben.
Somit stand nach Überzeugung des Gerichts fest, dass die Autofahrerin die Kollision allein schuldhaft verursacht hatte und daher dem am Fahrzeug des Unfallgegners entstandenen Sachschaden ersetzen musste.
1 Urteil des Kammergerichts Berlin vom 14. Dezember 2017 – 22 31/16, besprochen in RdW 2018 Rn. 254.