Während die aktuell vorgestellten Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) 2018 allgemein als Dokumentation erfreulicher Entwicklungen betrachtet werden, zeigen sie gleichzeitig einen Anstieg registrierter Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie auf. Aktuelle Gerichtsprozesse und Fälle von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie dokumentieren ein gravierendes Problem, dass unzählige Opfer hervorbringt.
Kinderpornografie im Internet
Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der erfassten Missbrauchsfälle von Kindern um 6,7 Prozent von 11.547 auf 12.321, die Zahl der ermittelten Tatverdächtigen nahm um 5,4 Prozent auf 9.357 zu. In 7.449 registrierten Fällen wurde im vergangenen Jahr Kinderpornografie verbreitet (+ 14 Prozent). Jugendpornografische Schriften wurden in 1.604 Fällen erfasst (+ 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Verbreitung erfolgt in der Regel via Internet und Plattformen des sog. „Darknet“. Spätestens seit Mitte der Neunzigerjahre tauschen Pädophile kinderpornografisches Material via Internet aus. Seit einigen Jahren nutzen die Täter bevorzugt das „Darknet“, also einem Peer-to-Peer-Overlay-Netzwerk, in dem die Teilnehmer ihre Verbindungen untereinander manuell herstellen und somit ein sehr geringes Entdeckungsrisiko haben.
In den vergangenen zwei Jahren zeigten entsprechende Beispiele vom Missbrauch an Kindern mit dem Internet als Hilfsmittel die entsprechende Realität: In Aachen lief 2018 der Prozess gegen einen Vater, der seinen zweijährigen Sohn mindestens 15 mal in seiner Wohnung gegen Geldzahlungen missbraucht haben soll. Ein Mann aus Dänemark gab per Skype-Chat Anweisungen und stellte die gedrehten Videos dann auf eine illegale Plattform im Internet ein. Am Landgericht Traunstein wurde ebenfalls 2018 die Anklage gegen einen 48 Jahre alten Mann verhandelt, der von seinem Computer aus Anweisungen für den Missbrauch von Kindern an eine Mutter auf den Philippinen gab, die vor einer Videokamera ihre drei Kinder gegen Geld anbot und sexuelle Handlungen vollführen ließ.
Der Fall des Netzwerks „Elysium“ zeigte jüngst die Dimension von Kinderpornografie im Internet auf. Der Betreiber der Darknet-Plattform orientierte sich bei der Namensgebung an der griechischen Mythologie, in der „Elysium“ für einen Zustand oder einen Ort „der Glückseligkeit“ steht. Pädosexuelle schauten und tauschten hier tausende Videos und Fotos von missbrauchten Kindern aus. Innerhalb von nur einem halben Jahr hatte die Plattform weltweit etwa 111.000 Mitglieder gefunden. Sie wurde durch einen Hinweis aus Australien aufgedeckt und war 2017 abgeschaltet worden. Im März 2019 sind in Limburg/Hessen die Urteile gegen die Haupttäter der Elysium-Plattform gefällt worden. Das Gericht verhängte Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und zehn Monaten und neun Jahren und neun Monaten. Gegen einen der Angeklagten ordnete das Gericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs Sicherungsverwahrung an.
Schleppende Bekämpfung und die Diskussion um das Strafmaß
Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der ständigen Kindervertretung beklagt, dass Deutschland auf dem Gebiet der Bekämpfung der Kinderpornografie dringenden Verbesserungsbedarf habe: „In Deutschland gibt es, anders als in anderen Ländern, noch immer keine Pflicht für Provider, den Ermittlungsbehörden festgestelltes kinderpornografisches Material zu melden. Aus diesem Grunde basieren die meisten polizeilichen Erfolge in Deutschland auf Meldungen ausländischer Institutionen. Und wir haben zurzeit keine Vorratsdatenspeicherung, so dass in vielen Fällen die dann aufgenommenen Ermittlungen im Sande verlaufen, weil sich die IP-Adressen der Verdächtigen nicht nachverfolgen lassen.“ So nützen auch mehr und qualifiziertes Personal mit einer verbesserten technischen Ausstattung bei der Polizei und den Staatsanwaltschaften im Endeffekt nur wenig.
Darüber hinaus hält Becker die Strafandrohungen in Zusammenhang mit sexueller Gewalt und dem Besitz von Kinderpornografie „einfach nur für peinlich niedrig“. Dabei ist Kinderpornografie die in Bildern aufgezeichnete schwerste sexuelle Gewalt gegen Kinder. Eine Strafandrohung von bis zu drei Jahren für den Besitz von kinderpornografischem Material ist vor dem Hintergrund zu diskutieren, dass andere Straftaten, wie beispielsweise ein Ladendiebstahl mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Auch der Wohnungseinbruchsdiebstahl stellt mittlerweile eine besonders schwere Straftat dar.
Fazit
Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein Deliktsfeld, dass seine Opfer immens und nachhaltig schädigt. Die Möglichkeiten des Internets und Peer-to-Peer-Overlay-Netzwerken haben den Markt größer und für Pädosexuelle attraktiver gemacht: Sie sind durch ihre Anonymität besser vor dem staatlichen Zugriff geschützt. Die Diskussion um Erweiterung der rechtlichen Möglichkeiten für die Polizei, aber auch das Strafmaß, müssen in der Abwägung um Statuten des Datenschutzes, aber vor allem auch im Interesse der Opfer und dem Schutz von Kindern geführt werden.
Verwendete Quellen:
Pressemitteilung der Deutsche Kinderhilfe e.V. vom 7. März 2019: Elysium-Urteile gefällt: Ständige Kindervertretung: Deutschland ist auf dem Gebiet der Bekämpfung der Kinderpornografie noch immer Entwicklungsland, online verfügbar (Stand 1. April 2019), siehe unten.