Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte zu klären, ob eine Aussetzung der Vollziehung im Rahmen eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gewährt werden konnte. In dem Rechtsbehelfsverfahren war streitig, ob Gewinne aus der Veräußerung von Krypto-Währungen (im Urteilsfall: Bitcoin) der Einkommensteuer unterliegen.
Seit einigen Jahren sind sog. Krypto-Währungen verfügbar. Während sie sich im Rahmen normaler Zahlungsvorgänge als Alternative zum Bargeld bislang wenig durchsetzen konnten, haben Investoren sie als Spekulationsobjekte entdeckt. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg1 hatte zu entscheiden, ob eine Aussetzung der Vollziehung im Rahmen eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens gewährt werden konnte. In dem Rechtsbehelfsverfahren war streitig, ob Gewinne aus der Veräußerung von Krypto-Währungen (im Urteilsfall: Bitcoin) der Einkommensteuer unterliegen.
Der Fall
Die Eheleute M und F erklärten im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus freiberuflicher Tätigkeit. Außerdem erklärten sie einen Reingewinn aus der Veräußerung von Bitcoin in Höhe von 966 371 Euro. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2017 auf 459 323 Euro fest. Dabei behandelte es den von den Antragstellern erklärten Gewinn in Höhe von 966 371 Euro als sonstige Einkünfte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Mit dem dagegen eingelegten Einspruch begehrten die Eheleute, die Einkünfte um 966 371 Euro reduziert zu berücksichtigen. Außerdem beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung und Ruhen des Verfahrens wegen eines anderen laufenden Verfahrens vor dem BFH in ähnlicher Sache.
Dabei argumentierten sie, dass das sog. Krypto-Ergebnis in Höhe von 966 371 Euro nicht steuerbar sei. Die Voraussetzungen für eine Erfassung als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG seien nicht erfüllt. Das Krypto-Ergebnis sei nicht durch Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern entstanden. Aber selbst wenn man das Krypto-Ergebnis zu den privaten Veräußerungsgeschäften zählen wolle, sei eine Besteuerung verfassungswidrig. Denn die Vorschrift sei wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits nichtig.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung jedoch ab. Die Eheleute haben daraufhin einen Antrag auf Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bei dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gestellt.
Die Entscheidung
Das FG hat den Aussetzungsantrag als unbegründet erachtet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts des Finanzamts bestünden.
Krypto-Währung als Wirtschaftsgut
Das FG stellte dar, dass virtuelle Währungen einkommensteuerrechtlich als »andere« Wirtschaftsgüter im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG qualifiziert werden können. Wirtschaftsgüter seien alle Wertgegenstände der privaten Vermögenssphäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs beinhalte der Begriff des »Wirtschaftsguts« in Anlehnung an den Begriff des »Vermögensgegenstands« im Handelsrecht nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d. h. sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lasse. Sie seien auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Deshalb sei nicht jeder Vermögenswert ein Wirtschaftsgut. Seine Greifbarkeit mache erst das Wirtschaftsgut aus. Es müsse als Einzelheit ins Gewicht fallen. Es müsse sich ferner um eine objektiv werthaltige Position handeln.
Damit vertrete die ständige Rechtspraxis einen weiten Begriff des Wirtschaftsgutes. Für steuerliche Zwecke ausreichend seien auch bloße Möglichkeiten oder konkrete Zustände, sofern ihnen ein eigenständiger Wert im Rechtsverkehr zukomme. Daher sei es zutreffend, Krypto-Assets als steuerverstrickte, private Vermögensgegenstände einzustufen, da sie im Geschäftsgebrauch als Zahlungsmittel für einen Sach- oder Dienstleistungserwerb akzeptiert würden. Sie seien insoweit strukturell vergleichbar mit Fremdwährungen oder Devisen, deren Transaktionen ebenfalls von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG erfasst würden.
Kein strukturelles Vollzugsdefizit
Die Eheleute machten ferner geltend, dass die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Krypto-Währungen einem strukturellen Vollzugsdefizit unterliege und damit verfassungswidrig sei. Von einem strukturellen Vollzugsdefizit wird vereinfacht gesagt ausgegangen, wenn ein Tatbestand besteuert werden soll, dessen praktische Besteuerung die Finanzbehörden bereits aus im Gesetz angelegten Gründen nicht vollziehen können. Die Eheleute brachten im Streitfall vor, aufgrund der technischen Gegebenheiten und der Abwicklung von Krypto-Transaktionen über ausländische Internetplattformen sei eine Verfolgbarkeit der Vorgänge nicht gegeben. Dem stellte das FG jedoch entgegen, dass Krypto-Währungen über eine sog. Blockchain abgewickelt würden, innerhalb derer jede Transaktion nachvollziehbar sei.
Vor diesem Hintergrund war der Antrag der Eheleute auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2017 abzulehnen.
1 Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. 06. 2019 – 13 V 13100/19, besprochen in RdW 6/2020, Rn. 97.