Rechtliches

Brandschaden bei gemeinsamer Trennwand

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Brennt bei zwei Gebäuden mit einer gemeinsamen Grenzmauer das eine Gebäude ab, kann der Bewohner des verbleibenden Gebäudes verlangen, dass der Zustand einer offenliegenden Grenzmauer beseitigt wird. Er kann jedoch nicht mehr fordern als die Schutzwirkung, welche die Grenzmauer zuvor gehabt hatte.

Ausgangsfall

Ein seit dem Jahr 1930 in zeitlichen Abständen errichtetes Gebäude wurde im Jahr 2000 entlang einer vorhandenen Trennwand in zwei selbstständige Grundstücke aufgeteilt. Im Jahr 2011 brannte ein Teil des Anwesens ab. Da das nördlich gelegene Gebäude nur noch als Ruine übrigblieb, verlangte der Eigentümer des nur leicht beschädigten Gebäudes auf der Südseite eine Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Grenzmauer. Der bisherige Schutz gegen Witterung, Wärmeverlust und Feuchtigkeit sollte im zuvor gegebenen Ausmaß wiederhergestellt werden.

Sicherstellung der Funktionsfähigkeit

Der Bundesgerichtshof1 hielt die Klage des Nachbarn, dessen Gebäudeteil weitgehend vom Feuer verschont geblieben war, für unbegründet. Dieser habe zwar einen Anspruch auf Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Gebäudetrennwand zwischen den beiden Gebäudeteilen (§ 104 BGB i. V. m. § 922 Abs. 3 BGB). Allerdings könne dieser Nachbar nicht mehr verlangen, als die Wand vor dem Brand als innenliegende Trennwand geleistet habe.

Dabei komme es auf deren Beschaffenheit unmittelbar vor dem Brand an. Die Wand zwischen den Gebäuden sei als sog. Nachbarwand und damit als gemeinschaftliche Grenzeinrichtung anzusehen. Als Nachbarwand, »halbscheidige Giebelmauer « oder auch »Kommunmauer« wird eine auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Mauer bezeichnet, an die von beiden Seiten angebaut ist, und die dazu bestimmt ist, von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt zu werden. Die Mauer stand mittig als Gebäudetrennwand auf der Grundstücksgrenze. Sie stand nach der Flurkarte auf der Grundstücksgrenze zwischen beiden Gebäudeteilen. Sie sollte von beiden Grundstücksnachbarn als Nachbarwand benutzt werden.

Aufgrund der teilweisen Zerstörung durch den Brand sei der Eigentümer des weitgehend abgebrannten Gebäudeteils dem Nachbarn zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nachbarwand somit verpflichtet. Brennt ein an eine gemeinsame Giebelmauer angebautes Gebäude ab, sodass die Mauer freigelegt und in ihrer Funktionstüchtigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt wird, habe der andere Nachbar einen Anspruch gegen den Eigentümer des vom Brand betroffenen Grundstücks auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit.

Dies gelte gleichermaßen, ob das stark vom Brand beschädigte Gebäude abgerissen wird oder nicht. Auch komme es nicht darauf an, ob der Nachbar für den Brand in irgendeiner Weise verantwortlich ist. Entscheidend allein sei nur, ob und in welchem Umfang die Wand zwischen den Gebäuden durch den Brand ihre Schutzfunktion für das weitere genutzte Gebäude eingebüßt hat.

Kein Forderungsübergang auf Gebäudeversicherer

Der Gebäudeversicherer hat dem klagenden Nachbarn zur Sanierung der Gebäudetrennwand 51.000 € als Versicherungsleistung erstattet. Dies habe jedoch nicht zu einem Übergang des Anspruchs auf Ertüchtigung der Grenzmauer auf den Gebäudeversicherer geführt. Vielmehr könne der geschädigte Nachbar seinen Ersatzanspruch weiterhin vom Eigentümer des nördlich gelegenen Gebäudes einfordern. Der nachbarrechtliche Anspruch auf Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Giebelwand sei unentrinnbar mit dem Eigentum verbunden und kein Ersatzanspruch. Dieser Anspruch ziele nicht auf die Beseitigung von Beschädigungen an der Nachbarwand als Bestandteil des Nachbargebäudes, sondern auf den Erhalt des Bestands und der Funktion der Wand als gemeinsame Grenzeinrichtung. Er entspräche auch nicht dem Schaden, dessen Ausgleich vom Gebäudeversicherer zu ersetzen ist.

Umfang des Anspruchs

Obwohl der Bundesgerichtshof weitgehend der vorausgegangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts gefolgt ist, hatte die Revision des Eigentümers des abgebrannten Gebäudes teilweise Erfolg.

Der Anspruch des durch den Brand im Nachbargebäude geschädigten Nachbarn zur Sicherstellung der Funktion der gemeinsamen Grenzmauer müsse eng begrenzt werden. Der Eigentümer des teilweise abgebrannten Gebäudeteils habe zwei Möglichkeiten, den Zustand einer offenliegenden Grenzmauer zu beseitigen: Man könne zum einen Maßnahmen ergreifen, um die Gebäudetrennwand selbst so zu errichten, dass sie künftig für das benachbarte Wohngebäude die Funktion einer Außenwand erfüllen kann, oder er könne sich dazu entschließen, sein Gebäude wieder aufzubauen bzw. ein anderes geschlossenes Gebäude zu errichten, sodass die Mauer wieder zur Innenwand wird und unverändert ihre vorherige Funktion erfüllen könne. Dies müsse in der Formulierung der Entscheidung des Berufungsgerichts eindeutig festgelegt werden.

Außerdem müsse der Anspruch des Nachbarn so eingeschränkt werden, dass er nicht mehr verlangen kann als die Schutzwirkung, die die Grenzmauer zuvor gehabt habe. Insbesondere zur Wirkung der Wand vor dem Brand fehlten noch Erkenntnisse. Der Nachbar könne z. B. keinen besseren Wärmeschutz verlangen, als zuvor bestanden habe. Der Bundesgerichtshof hat aus diesen Gründen das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit diese Punkte dort noch geklärt werden. – bg

 

1 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2021 – V ZR 12/19

Besprochen in RdW 2021, Heft 19, Rn. 376