Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hatte sich im Rahmen eines Normenkontrollantrags mit den Anforderungen an Rechtsverordnungen zur Einrichtung einer Waffenverbotszone zu beschäftigen.
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers richtet sich gegen die Verordnung der Polizeiinspektion Halle (Saale) – im Folgenden: PIH – über die Einrichtung einer Waffenverbotszone in A-Stadt im Bereich R-Platz – im Folgenden: WVZ – vom 03.12.2020 in Gestalt ihrer aktuellen Fassung vom 03.06.2021 (WVZV).
Normen und Leitsatz
WaffG – § 42 Abs. 5, 6
Eine auf § 42 Abs. 5 und Abs. 6 WaffG gestützte Rechtsverordnung darf das Führen von Waffen und Messern nicht selbst beschränken oder verbieten, sondern nur dazu ermächtigen, ein solches Verbot oder eine solche Beschränkung durch einen Verwaltungsakt anzuordnen.
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 28.09.2023 – 3 K 208/21
Aus den Gründen
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Er ist zulässig (wird ausgeführt). Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die angefochtene WVZV ist ungültig und deshalb für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die WVZV dürfte aus dem im Folgenden genannten Grund bereits in formeller Hinsicht rechtlich zu beanstanden sein.
Die PIH war zwar für ihren Erlass zuständig. Ermächtigt zum Erlass von Verordnungen nach § 42 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 WaffG sind nach diesen Vorschriften die Landesregierungen. Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG i. V. m. § 42 Abs. 5 Satz 4 und Abs. 6 Satz 4 WaffG können diese ihre Befugnis aber durch Rechtsverordnung auf die zuständige oberste Landesbehörde übertragen, die die Befugnis ihrerseits durch Rechtsverordnung weiter übertragen kann. Die Zuständigkeit der PIH wurde durch eine solche zweifache Subdelegation begründet.
Zitiergebot gewahrt
Sie erfolgte durch die im Tatbestand genannten Verordnungen der Landesregierung und des MI des Antragsgegners vom 14.04.2020 (GVBl. LSA 2020, 189) und vom 29.04.2020 (GVBl. LSA 2020, 218). Gewahrt ist auch das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Nach dieser Vorschrift ist in der Verordnung die Rechtsgrundlage anzugeben.
Beruht eine Verordnung auf mehreren Einzelermächtigungen, verlangt das Zitiergebot nicht, dass für jede Verordnungsbestimmung im Einzelnen angegeben wird, auf welcher Ermächtigung sie beruht. Gemessen daran ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Präambel der WVZV auf die Rechtsgrundlagen des § 42 Abs. 5 WaffG und des § 42 Abs. 6 WaffG ohne Klarstellung darüber hinweist, auf welcher dieser beiden Ermächtigungen die einzelnen Bestimmungen der WVZV jeweils beruhen.
Die WVZV wurde auch ordnungsgemäß im Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt bekannt gemacht (wird ausgeführt).
Nicht erfüllt sein dürften aber die Anforderungen des § 2 Abs. 3 Satz 2 VVerkG LSA. Nach dieser Vorschrift soll auf die Verkündung in ortsüblicher Weise hingewiesen werden. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist fraglich, kann aber im Ergebnis offenbleiben.
Überschreitung von § 42 Abs. 5 und 6 WaffG
Die WVZV ist jedenfalls materiell rechtswidrig. Sie überschreitet den Inhalt und das Ausmaß der in § 42 Abs. 5 und 6 WaffG erteilten Ermächtigungen.
Nach § 42 Abs. 5 Satz 1 WaffG werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzusehen, dass das Führen von Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 auf bestimmten öffentliche Straßen, Wegen oder Plätzen allgemein oder im Einzelfall verboten oder beschränkt werden kann, soweit an dem jeweiligen Ort wiederholt Straftaten unter Einsatz von Waffen oder Raubdelikte, Körperverletzungsdelikte, Bedrohungen, Nötigungen, Sexualdelikte, Freiheitsberaubungen oder Straftaten gegen das Leben begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass auch künftig mit der Begehung solcher Straftaten zu rechnen ist.
Nach § 42 Abs. 5 Satz 2 WaffG soll in der Rechtsverordnung nach Satz 1 bestimmt werden, dass die zuständige Behörde allgemein oder für den Einzelfall Ausnahmen insbesondere für Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse, Anwohner und Gewerbetreibende zulassen kann, soweit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht zu besorgen ist.
Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit
Nach § 42 Abs. 6 Satz 1 WaffG werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzusehen, dass das Führen von Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 oder von Messern mit feststehender oder feststellbarer Klinge mit einer Klingenlänge über vier Zentimeter an den in Nr. 1 bis 4 genannten Orten verboten oder beschränkt werden kann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Verbot oder die Beschränkung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.
In der Rechtsverordnung nach Satz 1 ist eine Ausnahme vom Verbot oder von der Beschränkung für Fälle vorzusehen, in denen für das Führen der Waffe oder des Messers ein berechtigtes Interesse vorliegt (Satz 2). In Satz 3 Nr. 1 bis 6 werden Beispiele für das Vorliegen eines solchen Interesses aufgezählt.
Ermächtigt werden die Landesregierungen im jeweiligen Satz 1 des § 42 Abs. 5 und Abs. 6 WaffG nicht zum Erlass einer Rechtsverordnung, die das Führen von Waffen und Messern selbst verbietet oder beschränkt, sondern nur die zuständige Behörde ermächtigt, eine solche Anordnung in Gestalt einer Allgemeinverfügung oder eines Einzelverwaltungsaktes zu treffen.
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Den vollständigen Beitrag lesen Sie im Neuen Polizeiarchiv 5/2025, Lz. 893.