Rechtliches

Keine Annahmeverzugsvergütung bei Streikteilnahme

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Keine Annahmeverzugsvergütung bei Streikteilnahme

Wird ein Arbeitnehmer fristlos gekündigt und obsiegt er im anschließenden Kündigungsschutzprozess, steht ihm für die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zur Verkündung des die Unwirksamkeit der Kündigung feststellenden Urteils kein Annahmeverzugslohn zu, wenn er sich in diesem Zeitraum an einem Streik beteiligt.

Sachverhalt

Nachdem bei der Beklagten Verhandlungen über den Abschluss eines Haustarifvertrags gescheitert waren, rief die IG BAU die Beschäftigten am 13. April 2010 zu einem unbefristeten Streik auf. Während des Arbeitskampfes wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 22. April 2010 fristlos gekündigt. Mit Urteil vom 14. Juli 2010 stellte das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit dieser Kündigung fest.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Klägerin durchgehend am Streik beteiligt. Mit ihrer Klage verlangt sie Annahmeverzugslohn für die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zur Urteilsverkündung. Sie macht geltend, nach Erhalt der Kündigung habe sie nicht mehr im Rechtssinne streiken, sondern sich nur noch mit den streikenden Kollegen solidarisch erklären können. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Aus den Gründen

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Ihr steht kein Annahmeverzugslohn zu. Aufgrund des der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils steht zwar fest, dass zwischen den Parteien auch während der Dauer des Arbeitskampfes ein Arbeitsverhältnis bestand. Doch war die Klägerin wegen ihrer Streikteilnahme leistungsunwillig i.S.d. § 297 BGB. Das schließt einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB aus.
 

Praxishinweise
  • Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik stellt für keine Partei eine Verletzung des Arbeitsvertrages dar. Der bestreikte Arbeitgeber darf daher den streikenden Arbeitnehmern nicht kündigen. Während des Streiks haben die Streikenden keinen Anspruch auf Vergütung und Beschäftigung. Ebenso besteht während des Streiks kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung.
  • Der Arbeitgeber muss den bestreikten Betrieb oder Betriebsteil nicht aufrechterhalten, sondern kann ihn stilllegen, mit der Folge, dass auch Arbeitswillige den Vergütungsanspruch verlieren.
  • Die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind während des Streiks ausgesetzt. Die Nebenpflichten, insbesondere die Treue und Fürsorgepflicht bleiben jedoch bestehen. Der Arbeitnehmer bleibt z.B. zur Verschwiegenheit verpflichtet.
  • Während eines Streiks ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet dem Arbeitnehmer Urlaub zu geben. Ein jedoch vor Streikbeginn beantragter und erteilter Urlaub muss gewährt werden.
  • Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Streiks, so hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er sich am Arbeitskampf beteiligt hat. War er jedoch bereits bei Beginn des Streiks erkrankt, so ist darauf abzustellen, ob er sich ohne die Erkrankung am Streik beteiligt hätte. Bei einer vom Arbeitgeber zu beweisenden Teilnahme entfällt dann die Entgeltfortzahlungspflicht.
  • Nach Beendigung des Streiks haben die Arbeitnehmer die Arbeit wieder aufzunehmen. Weigert sich der Arbeitgeber die Arbeitsleistung entgegenzunehmen, so gerät er in Annahmeverzug. Jedoch muss dem Arbeitgeber die nötige Zeit verbleiben, seinen Betrieb wieder arbeitsbereit zu machen. Dazu hat er unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.