Teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt
Während hoheitliche Befugnisse kategorisch in staatlicher Hand bleiben, werden Dienst- und Serviceleistungen ohne Eingriffsbefugnisse gegenüber Gefangenen von Privaten erbracht. So werden von den insgesamt 148 JVA-Mitarbeitern 84 Angehörige des Justizvollzugsdienstes und 64 privat Beschäftigte der Firmen BAM Immobilien-Dienstleistungen GmbH und den Nachunternehmen Hectas Gebäudedienste Stiftung & Co. KG und Dussmann Service Deutschland GmbH sein. Als Betriebsleiter der JVA fungiert der Gebäudemanager Matthias Leuk-Emden (BAM Immobilien-Dienstleistungen GmbH).
Umfang der privaten Aufgabenfelder
Folgende nicht-hoheitliche Aufgabenstellungen werden von privatwirtschaftlich Beschäftigten wahrgenommen:
- Sicherheitshilfsdienst (Kontrolle und Durchsuchung von Personen und Sachen außerhalb des Unterbringungsbereichs, Begleitung von Gefangenen);
- Technisches Gebäudemanagement (Haustechnik, Wartung, Instandsetzung);
- Reinigungsdienste (nicht in den Stationen);
- Verwaltungshilfsdienste (z.B. in Zahlstelle, Hauptgeschäftsstelle und Poststelle);
- Verpflegungsleistungen (der Betrieb der Küche und der Cafeteria ist vollständig privat) inklusive Essenstransport;
- Gesundheitsfürsorge (medizinischer und psychologischer Dienst sowie Hygienemanagement);
- Sozialfürsorge (Soziales Training, Schuldnerberatung, Suchtberatung);
- Betrieb der Kammer;
- Gefangenenbeschäftigung (auch Einrichtung von Produktionsstätten sowie Aus- und Weiterbildung);
- Organisation des Gefangenentransports;
- Friseur (für die Gefangenen) und
- Medienversorgung und -entsorgung.
Teilprivatisierte JVA in Deutschland
Die JVA Bremervörde ist die vierte teilprivatisierte Justizvollzugsanstalt in Deutschland. Als erste JVA dieser Art nahm Ende 2004 die JVA Hünfeld (Hessen, Landkreis Fulda) ihren Betrieb auf. Es folgten Offenburg (Baden-Württemberg) und Burg (Sachsen-Anhalt). Die Teilprivatisierung in Baden-Württemberg wird allerdings aus parteiideologischen Gründen zum Juni 2014 wieder rückgängig gemacht.
Auch Planung, Finanzierung und Errichtung privatisiert
Wie in Burg wurden auch in Bremervörde Planung, Finanzierung und Errichtung der JVA-Gebäude privatisiert. Während in Sachsen-Anhalt der Dienstleistungskonzern Bilfinger Berger zum Zuge kam, wurde in Niedersachsen nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren die BAM Immobilien-Dienstleistungen GmbH (Konzerngesellschaft der Royal BAM Group mit Sitz in Bunnik, Niederlande) betraut.
Das „Modellvorhaben ÖPP-JVA Bremervörde“, wie es offiziell heißt, hat eine Vertragslaufzeit von 25 Jahren. Gegenüber einer komplett staatlichen JVA wird mit einer Nettoersparnis von fünf Prozent gerechnet. |
Quelle: Glitza, Klaus Henning, Öffentlich-private Partnerschaft: Einblicke in die erste teilprivatisierte JVA im Norden in Info Sicherheit, Fachmagazin für Fragen der Sicherheit in der Wirtschaft 03/2012, Seite 35 ff., Verband für Sicherheit in der Wirtschaft Norddeutschland e.V.