Sicherheit

Abwehrzentren deutscher Sicherheitsbehörden als Teil der neuen Sicherheitsarchitektur

Deutsche Nachrichten- und Sicherheitsdienste

Deutschland verfügt über drei Nachrichten- bzw. Abwehrdienste, dies sind:



Der Bundesnachrichtendienst (BND) als aufklärender Nachrichtendienst. Dieser gewinnt und beschafft Informationen, die durch das Auftragsprofil der Bundesregierung definiert sind. Der BND verfügt nicht über Exekutiv-Befugnisse und wird auch im Inland nicht operativ tätig. Der BND unterhält Beziehungen zu Partnerdiensten und tauscht Erkenntnisse mit diesen Diensten aus. Zu seinen Aufgaben gehört auch die strategischen Kommunikationsüberwachung (Fernmelde- und Elektronische Aufklärung).



Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), zu dessen Aufgaben der Schutz Deutschlands vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen aller Art und die Abwehr von Spionage gehören. Auch das BfV verfügt nicht über Exekutiv-Befugnisse. Auch darf diese Behörde keiner Polizeibehörde angegliedert oder gar unterstellt werden. Der Verfassungsschutz wird, soweit bekannt, im Ausland operativ nicht tätig. Allerdings arbeitet diese Behörde auf institutionalisierten Wegen mit Partnerdiensten im Ausland zusammen. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes in den Ländern werden durch die jeweiligen Landesbehörden für Verfassungsschutz (16) nach den jeweiligen Landesbestimmungen wahrgenommen. Auch diese Behörden verfügen nicht über Exekutiv-Befugnisse oder sind einer Landespolizeibehörde angegliedert.



Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat die Aufgabe, die Streitkräfte sowohl im Inland als auch im Ausland vor Spionage, Sabotage und Zersetzung zu schützen. Der MAD gewinnt und beschafft Informationen nur im Bezug auf den Schutz der Streitkräfte. Außerdem führt der MAD die Sicherheitsüberprüfungen für das Personal der Streitkräfte im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) durch. Im Rahmen institutioneller Beziehungen arbeitet er mit ausländischen Partnerdiensten zusammen. Der MAD hat keine Exekutiv-Befugnisse.

Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder

Der Begriff „Sicherheitsbehörden“ ist bisher, bis auf eine Ausnahme in Bayern, gesetzlich nicht definiert.

Deutschland verfügt derzeit über 40 Behörden, die mit Sicherheitsfragen befasst sind. Dazu gehören u.a.:


  • Bundesministerium des Innern,

  • Bundeskriminalamt (BKA),

  • Generalbundesanwalt,

  • Bundespolizei mit Informations- und Kommunikationstechnikzentrum – IKTZ ,

  • Landespolizeien mit Landeskriminalämtern,

  • Bundeszollverwaltung,

  • Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik mit dem nationalen Cyberabwehrzentrum,

  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe,

  • Kompetenzzentrum für Technische Kommunikationsüberwachung – CCTKÜ und

  • Servicecentrum (SC-TKÜ).


Nach dem Haushaltsgesetz nehmen auch das Technische Hilfswerk und die Bundeszollverwaltung Aufgaben von „Sicherheitsbehörden“ wahr.

Gemeinsames Extremismus- und Terrorabwehrzentrum (GETZ)

Als Folge der Erkenntnisse aus den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zur Aufklärung der Taten des „Nationalsozialistischen Untergrunds – NSU“ und anderen Erfahrungen der Dienste wurde auf Initiative des Bundesministers des Innern am 15.11.2012 das „Gemeinsame Extremismus- und Terrorabwehrzentrum – GETZ“, offenbar unter gemeinsamer Federführung des BKA und des BfV mit Geschäftsführung und Dienstsitz in Köln-Chorweiler (BfV) und Meckenheim (BKA) errichtet.

Das GETZ erhielt bisher nicht den Status einer Bundesbehörde. Inwieweit das bereits bestehende Gemeinsame Terrorabwehrzentrum – GTAZ in Berlin-Treptow in die neue Struktur eingepasst werden wird, ist noch nicht klar. Allerdings soll das „Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsterrorismus – GAR“ im neu aufgestellten GETZ aufgehen. Zu den künftigen Aufgaben des GETZ gehören:


  • Optimierung des Informationsflusses zwischen Polizei und Verfassungsschutz,

  • verbesserte Möglichkeiten des persönlichen Austausches,

  • Bündelung von Phänomenexpertise,

  • Stärkung der Analysekompetenz,

  • Früherkennung möglicher Bedrohungen und

  • Erörterung operativer Maßnahmen.


Dabei soll die Kooperation zwischen Polizei und Verfassungsschutz in Bund und Ländern in den Bereichen Rechtsextremismus, Rechtsterrorismus, Linksextremismus, Linksterrorismus Spionageabwehr und Proliferation vertieft werden.



Das GETZ soll künftig über folgende Struktur verfügen:

  • Arbeitsgruppe Personenpotenziale,

  • Arbeitsgruppe Fallanalyse,

  • Arbeitsgruppe Gefährdungsbewertung,

  • Arbeitsgruppe Organisationsverbote,

  • Phänomenbezogene Lage und

  • Operativer Informationsaustausch.


Hierzu wird auf die im „Informationsverbund Verfassungsschutz“, bei der „Nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle Rechtsextremismus-/-terrorismus – NIAS(R) (BfV, LfV, MAD, BND) “ und der „Polizeilichen Informations- und Analysestelle – PIAS -R“ (BKA, LKÄ, GBA, BPol) und weitere, bei den Sicherheitsbehörden in vielfältigen Datensammlungen, so z.B. die Antiterrordatei, zusätzlich verfügbare Informationen zugegriffen.

Die Aufgabenzuweisung an das GETZ sieht eine bisher nicht „Koordinierte Internetauswertung – KIA“ vor. Als sicher kann gelten, dass die aus der Telekommunikationsüberwachung durch die Sicherheitsbehörden und der „Strategischen Fernmeldeaufklärung“ durch den BND gewonnenen Informationen im GETZ genutzt werden. Auch auf das beim Bundesverwaltungsamt ab Januar 2013 geführte „Nationale Waffenregister“ wird

künftig durch das GETZ zugegriffen.



Folgende Behörden werden nach den Vorgaben des BMI im GETZ Sitz und Stimme haben:

  • Bundeskriminalamt (BKA),

  • Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV),

  • Bundespolizei (BPol),

  • Europäisches Polizeiamt (Europol),

  • Generalbundesanwalt (GBA),

  • Zollkriminalamt (ZKA),

  • Bundesnachrichtendienst (BND),

  • Militärischer Abschirmdienst (MAD),

  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),

  • Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAfA),

  • Landeskriminalämter (LKÄ) und

  • Landesverfassungsschutzbehörden (LfV).






Praxishinweis


  • Im bisherigen Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) arbeiten bereits mehr als 160 Angehörige von Sicherheitsbehörden an der Bewertung der extremistischen Gefährdung Deutschlands.

  • Die im BfV und BKA entwickelten Vorstellungen zur Aufgabenerfüllung des GETZ sehen vor, dass an den Sitzungen bis zu 40 Vertreter von Sicherheitsbehörden permanent oder nur bei Bedarf teilnehmen. Geplant sind Treffen im Abstand von drei Wochen oder mehr auf Arbeitsgruppenebene.

  • Ein Teil der Bundesländer hat sich der GETZ-Initiative des BMI bisher noch nicht angeschlossen und wird vorerst nicht an Treffen teilnehmen. Fraglich erscheint auch, ob die Sicherheitsbehörden künftig wichtige Informationen austauschen werden, da die bisherige Praxis eher das Gegenteil beweist.

  • Der Bereich „Internationale Organisierte Kriminalität“ scheint in all seinen Erscheinungsformen nicht in das Aufgabenspektrum des GETZ zu passen und wird negiert. Dies kann auch für den Bereich „Internationale Internet-Kriminalität“ und „Geldwäsche“ gelten.

  • Eine wie auch immer geartete zeitnahe, fachgerechte zentrale Auswertung der eingehenden Informationen und eine aktuelle Führung eines Lagebildes ist nicht vorgesehen. Damit kann das GETZ eine Auswerte-, Beurteilungs – und Lageführungsfunktion für kritische Lagen in keinem Fall wahrnehmen. Dies gilt insbesondere auch für die Gefährdung wichtiger „Kritischer Infrastrukturen“, die kriminellen oder politisch motivierten Angriffen aus dem Cyber-Raum ausgesetzt sein könnten und deren Folgen noch nicht abgesehen werden können.

  • Es ist streitig, ob die Errichtung des GETZ nicht gegen das Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten verstößt. Die Partei “Die Linke“ erwägt, die Errichtung des GETZ durch den Bundesgerichtshof auf „Verfassungsmäßigkeit“ überprüfen zu lassen.

  • Es ist nicht ersichtlich, wie groß der Einfluss auf das GETZ durch die europäischen Institutionen künftig sein wird und wie weit die Kooperation mit der EU gehen wird.