Behördliche Bestandsdatenabfrage im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Telemedien- und des Telekommunikationsgesetzes
im Rahmen der geplanten Novellierung des Telemediengesetzes (TMG)/Telekommunikationsgesetzes (TKG) soll die Abfrage von Bestandsdaten wie Bankverbindung, Wohnanschrift, IP sowie Passwörtern u.ä. für Kommunikationseinrichtungen durch eine Vielzahl von nationalen Behörden ohne Richtervorbehalt eingeführt werden. Dies hat zu erheblichen Bedenken in Kreisen des Datenschutzes und der betroffenen Nutzern von Kommunikationseinrichtungen aller Art geführt.
Behördliche Bestandsdatenabfrage nach dem novellierten Telekommunikationsgesetz (TKG)
Im Abschnitt 3 des novellierten Telekommunikationsgesetzes – Öffentliche Sicherheit – werden u.a. geregelt:
§ 95 | Vertragsverhältnisse | ||
§ 96 | Verkehrsdaten | ||
§ 110 | Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen, Erteilung von Auskünften | ||
§ 111 | Daten für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden | ||
§ 112 | Automatisiertes Auskunftsverfahren | ||
§ 113 | Manuelle Auskunftsverfahren | ||
§ 113 a | Speicherungspflichten für Daten | ||
§ 113 b | Verwendung der nach § 113 a gespeicherten Daten | ||
§ 114 | Auskunftsersuchen des Bundesnachrichtendienstes | ||
§ 115 | Kontrolle und Durchsetzung von Verpflichtungen |
Zu § 110 – Die Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen obliegt dem Erbringer von Telekommunikationsdienstleistungen aller Art. Er hat nach den entsprechenden Richtlinien der Telekommunikationsüberwachungsverordnung technische und organisatorischer Vorkehrungen für die Ausleitung des zu überwachenden Kommunikationsverkehrs an die berechtigten Stellen über Netzabschlusspunkte zu treffen und auf Anforderung ohne Verzug bereitzustellen.
Die Betreiber werden außerdem verpflichtet, die Aufstellung und den Betrieb von Geräten zur Durchführung nach den §§ 5 und 8 des G-10 zu treffenden Überwachungsmaßnahmen des G-10 Gesetzes in ihren Räumen zu gestatten sowie den Bediensteten der Behörden, die G-10 Maßnahmen durchzuführen haben, den Zutritt zu diesen Räumlichkeiten und Geräten zu gestatten. Dies gilt auch für Mitglieder der G-10 Kommission des Deutschen Bundestages (Art 1 Abs. 2 G-10 Gesetz).
Zu § 111 – Wer Telekommunikationsdienste erbringt hat für behördliche Auskunftsverfahren nach § 111 und 112 TKG folgende Daten vor der Freischaltung zu erheben und zu speichern, auch wenn dies für Betriebliche Zwecke nicht erforderlich ist:
- Rufnummern und andere Anschlusskennungen,
- Name(n) und Anschrift des Anschlussinhabers,
- Geburtsdatum bei natürlichen Personen,
- Anschrift des Anschlusses bei Festnetzanschlüssen,
- Gerätenummer des Gerätes (IMEI) bei Mobilfunkanschlüssen und
- Datum des Vertragsbeginns.
Zu § 112 – Telekommunikationsdienstleister/Betreiber haben die nach § 111 erhobenen Daten unverzüglich in Kundendateien zu speichern in die auch Rufnummern und Rufnummernkontingente aufzunehmen sind. Der Verpflichtete hat zu gewährleisten, dass die Bundesentzagentur jederzeit Daten aus den Kundendateien automatisiert im Inland abrufen kann und der Abruf der Daten auch bei unvollständigen Abfragedaten oder die Sucher mittels einer Ähnlichkeitsfunktion erfolgen kann. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass ihm Abrufe von Bestandsdaten durch die Bundesnetzagentur nicht zur Kenntnis gelangen. Die Bundesnetzagentur ist befugt, Bestandsdaten
- zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
für die Erledigung von Auskunftsersuchen von Strafverfolgungsbehörden und Gerichtem
- den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder zum Zwecke der Gefahrenabwehr,
- dem Zollkriminalamt und den Zollfahndungsämtern,
- den Verfassungsschutzbehörden der Bundes und der Länder,
- dem Militärischen Abschirmdienst (MAD),
- dem Bundesnachrichtendienst (BND),
- der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFIN) und
- den Behörden der Zollverwaltung zu Zwecken des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes
im automatisierten Verfahren oder manuell abzurufen.
Zu § 113 – Der Diensteerbringer hat im Einzelfall auf Verlangen der zuständigen Behörden Auskünfte über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten zu erteilen, soweit dies für die Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen Armschirmdienstes erforderlich ist. Auskünfte über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte, deren Speicher oder im Netz geschützt werden sind vom Diensterbringer an die anfordernde Stelle ohne Verzug zu übermitteln. Von besonderer Bedeutung hierbei sind die PIN (Persönliche Identifikationsnummer) und der PUK (Personal Unblocking Key) des Betroffenen.
Zu §§ 113 a und 113 b – Die Speicherungspflichten für Daten und die Verwendung der nach § 113 a gespeicherten Daten sind gegenwärtig durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichtig und werden nicht angewendet.
Zu § 114– Auf Anfrage sind dem Bundesnachrichtendienst durch den Betreiber von Telekommunikationsanlagen und -diensten Auskünfte über die Strukturen der erbrachten Telekommunikationsdienste und die durch den Betreiber errichteten Netze kostenfrei zu erteilen.
Zu § 115 – Diese Vorschrift regelt die Kontrolle und Durchsetzung der Maßnahmen nach dem novellierten Telekommunikationsgesetz, insbesondere §§ 108 bis 114. Zur Durchsetzung der Verpflichtungen, die den Betreibern durch das TKG auferlegt wurden, können Zwangsgelder bis zu € 500.000, – verhängt werden.
Umsetzung der Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung
Die technische Umsetzung der Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen erfolgt nach der „Technischen
Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und zum Auskunftersuchen für Verkehrsdaten (TR TKÜV) * Ausgabe 6.2, August 2012″. In dieser Richtlinie werden Verfahren festgelegt, nach denen auf die Kommunikationsverbindungen und Inhalte behördlich zugegriffen werden kann. In § 7 der TKÜV sind die nach den §§ 100 a, 100 b StPO, § 3 des Artikel 10-Gesetzes,
den §§ 23 a bis 23 c und 23 e des Zollfahndungsdienstgesetzes oder nach Landesrecht
zu übermittelnden Daten festgelegt.
Praxishinweise
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Quellen:
Technische Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und zum Auskunftersuchen für Verkehrsdaten (TR TKÜV) * Ausgabe 6.2, August 2012
BR-Drucks. 156/11 (Beschluss) 17.6.11 Gesetzentwurf des Bundesrates; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG);
BT-Drucks. 17/8247, 17. Wahlperiode 19.12.2011; Unterrichtung durch das Parlamentarische Kontrollgremium; Bericht über die Kontrolltätigkeit gemäß § 13 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Berichtszeitraum September 2009 bis Oktober 2011).