Sicherheit

Cybercrime – eine kriminalpolitische Herausforderung

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Rasanter Anstieg der Internetkriminalität

Mehrere Bundesländer haben in ihren Polizeilichen Kriminalstatistiken (PKS) von 2013 einen deutlichen Anstieg an Fällen von Internetkriminalität registriert (z.B. Mecklenburg-Vorpommern). Nach vorläufigen Informationen wurden etwa 2.500 Straftaten wie Datenveränderung oder -diebstahl zur Anzeige gebracht. Das sind fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Bei anderen Straftaten, für die das Internet als Tatmittel zum Betrug dient, war eine ähnlich starke Zunahme auf 7.500 Fälle zu beobachten.[i]

Auch in Schleswig-Holstein stieg die Internetkriminalität deutlich an, jedoch konnten nicht alle Fälle entsprechend abgebildet werden. Mindestens 10.000 Fälle seien zwar in Schleswig-Holstein bearbeitet worden, tauchten aber in der Statistik nicht auf, da sie aus dem Ausland begangen wurden. Zudem sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen: Etwa ein Drittel der Unternehmen gab an, schon Opfer einer Internetstraftat geworden zu sein, aber nur 13 Prozent dieser Unternehmen erstatteten Anzeige.[ii] Gleichzeitig sank die Aufklärungsquote von Internetstraftaten.[iii]

Leichtes Spiel für Kriminelle

Nach Angaben von Interpol entstehen in Europa jährlich Schäden in Höhe von 750 Milliarden Euro durch Internetkriminalität.[iv] Prekär ist der Umstand, dass in digitalen Systemen Originale nicht von Kopien unterscheidbar sind. Das bedeutet, dass alles, was an Wissen im Internet verfügbar ist, unentdeckt kopiert werden kann.

Mittels der neuen 3D-Drucker kann z.B. der digital vorhandene Bauplan direkt nachgebaut werden. Damit sinkt der Aufwand für erfolgreiche Industriespionage. Kriminelle entlocken ihren Opfern zudem Zugangscodes und Firmengeheimnisse und versuchen zunehmend, komplette digitale Identitäten ihrer Opfer zu erlangen.

Internetkriminalität verursacht immense Kosten und bedeutet einen hohen Aufwand, sowohl um präventiv zu agieren, als auch um die Schäden zu beheben. Entsprechend ernst muss der Schutz von Firmengeheimnissen bereits im Betrieb genommen werden. 80 Prozent der Computer-Infektionen stammen aus dem E-Mail-Verkehr. Zu wenige Nutzer verschlüsseln ihre Mails, obwohl es entsprechende Systeme gibt.

Bekämpfung auf EU-Ebene

Internetkriminalität zu bekämpfen ist ein klarer Auftrag an den Rechtsstaat und an die Europäische Union. Um der Internetkriminalität in Europa zentral zu begegnen, wurde 2013 das European Cybercrime Center (EC3) gegründet und EUROPOL unterstellt. Dessen wichtigste Aufgabe ist die Unterstützung der Mitgliedstaaten in strafrechtlichen Ermittlungen.

Das Zentrum konzentriert sich auf illegale Online-Tätigkeiten organisiert-krimineller Gruppen, insbesondere im Zusammenhang mit e-banking und sexueller Ausbeutung von Kindern im Internet. Im letzten Jahr war es an mehreren Operationen beteiligt, darunter auch an der Koordinierung von neun Einsätzen gegen pädophile Netzwerke.[v]

Während sich die Mitgliedstaaten über die Einrichtung des Zentrums einig waren, sind seine Bekämpfungsstrategien strittig.

Streitthema Vorratsdatenspeicherung

Sicherheitsbehörden fordern mehr Möglichkeiten für Ermittlungen im Internet. Erste Voraussetzung dafür ist, Kommunikationswege nachvollziehen zu können. Nach einer Straftat im Internet existieren digitale Spuren, die vom Täter hinterlassen worden sind.

Häufig endet die Spur jedoch für die Ermittler, wenn sie lediglich eine IP-Anschrift finden, die sie keiner Person zuordnen können. Dadurch bleibt die Anonymität im Internet in der Art gewahrt, dass Straftäter im Netz nicht verfolgt werden können. Entsprechend vehement bestehen Vertreter der Sicherheitsbehörden, Polizeigewerkschaften und Innenpolitiker auf die Einführung der Vorratsdatenspeicherung, die 2010 vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe für verfassungswidrig erklärt worden ist.

Nach derzeitiger Rechtslage kann die Zuordnung einer IP-Adresse zu einer Person nur bei begründetem Tatverdacht und unter richterlichem Vorbehalt beantragt werden. Dies wurde im Übrigen auch vom Bundesverfassungsgericht, wie auch vom Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes als Anwendungsoption ausdrücklich befürwortet. Verworfen hatten die beiden Institutionen lediglich das Verfahren, wie es gegenwärtig in der entsprechenden EU-Richtlinie 2006/24/EG vorgesehen ist, da diese zu unpräzise sei.[vi]

Fazit

Internetkriminalität ist aus Sicht der Polizei eines der größten Probleme der nächsten Jahrzehnte[vii]. Je weiter die Zahl der Nutzer und die Möglichkeiten des Internets ansteigen, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich auch für Verbrechen gegen Personen, Unternehmen und öffentliche Infrastrukturen.

Mit der registrierten Zunahme von Straftaten im und mittels des Internet geraten politische Akteure in Zugzwang, wirksame Schutz- oder zumindest Repressionsmechanismen zu installieren. Während sich alle Beteiligten darüber einig sind, dass Handlungsbedarf besteht, gehen die Ansichten in der Frage nach Angemessenheit und Wirksamkeit einzelner Instrumente auseinander.

Insbesondere wenn es um die Abwägung einer möglichen Grundrechtseinschränkung des Einzelnen gegenüber dem Schutz der Allgemeinheit und Handlungsmöglichkeiten von Sicherheitsbehörden geht, endet die Debatte häufig im Lagerdenken.

Fakt ist, dass die Bedrohungen im Internet längst nicht mehr überschaubar sind – auch nicht für Sicherheitsbehörden. Entsprechend sind geeignete Mechanismen wie die Vorratsdatenspeicherung auf die Umsetzung unter geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen, anstatt sie in unsachlicher Weise von vornerein als Mittel des Staates zur Kontrolle des einzelnen Bürgers zu geißeln.



[i] Mangler, Joachim:  Zunahme von Internetkriminalität, SVZ.de vom 20. Februar 2014.

[ii]Weniger Diebstahl, mehr Internetkriminalität, NDR online vom 06. März 2014.

[iii] Z.B. in Bayern, Die Pest des Internets macht dem Landtag Kummer, pnp.de vom 26.02.2014.

[v] European Cybercrime Centre – one year on, European Commission vom 10. Februar 2014.

[vi] Heilmann, Thomas: Vorratsdatenspeicherung ist Datenschutz, Zeit-Online vom 30. Januar 2014; erwidernde Kritik von Haan, Yannick: Vorratsdaten machen Deutschland nicht sicherer, Zeit-Online vom 03. Feburar 2014.

[vii] COD Literatur-Reihe zur Herbsttagung des BKA 2013: Cybercrime – Bedrohung, Intervention, Abwehr.