Kein Anspruch eines Hausnotrufdienstes auf die Ausrüstung seiner Fahrzeuge mit Sondersignalen
Unter Hausnotruf versteht man ein System, das es alten oder behinderten Menschen erleichtert, in Notfällen Hilfe zu rufen. Über eine Zusatzanlage zum Telefon wird dabei eine Verbindung zu einem Hausnotruf-Anbieter hergestellt. Dieser benachrichtigt dann gegebenenfalls Kontaktpersonen oder informiert sein eigenes Personal.
Der Betreiber eines Hausnotrufdienstes in Stuttgart wollte zwei seiner Einsatzfahrzeuge mit Kennleuchten für blaues Blinklicht und Martinshorn ausrüsten lassen, um im Bedarfsfall
und bei der Alarmierung schneller beim jeweiligen Nutzer sein zu können. Der Betreiber
war der Ansicht, dass der Einsatz seiner Fahrzeuge mit dem von Einsatz- und Kommandofahrzeugen der Feuerwehren und jenem der anderen Einheiten und Einrichtungen
des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste vergleichbar ist.
Hausrufnotdienst ist keine Rettungsorganisation
Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof als zweite Instanz urteilten, dass die Fahrzeuge des Hausnotrufdienstes nicht mit Blaulicht fahren dürfen. Gemäß Straßenverkehrszulassungsordnung dürften nur Einsatz- und Kommandofahrzeuge des Rettungsdienstes Blaulicht nutzen. Der Hausnotrufdienst müsse unter Umständen lebensbedrohliche Situationen klären, hierbei handele es sich jedoch nur um Einzelfälle.
Keine Ausnahmegenehmigung zur Verwendung von Sondersignalen
Es sei höchstrichterlich anerkannt, dass die Zahl der Blaulichtfahrzeuge möglichst gering gehalten werden müsse, um erstens die Wirkung der Warneinrichtungen nicht zu beeinträchtigen, indem durch deren Inflationierung die Akzeptanz in der Bevölkerung schwindet, und weil zweitens mit jeder genehmigten Blaulichtanlage die Gefahr des Fehl- oder Missbrauchs und mithin die Gefahr schwerster Unfälle vergrößert werde. Diesen öffentlichen Interessen könne der Betreiber des Hausnotrufdienstes nicht entgegenhalten, dass die Öffentlichkeit die Sondersignale bei Hausnotrufdiensten bereits akzeptiert habe und seine Mitarbeiter aufgrund ihrer Erfahrung und Zuverlässigkeit nicht mehr Gefahren erzeugten als die der Rettungsorganisationen. Insoweit reichten Abbildungen eines mit Sondersignalausrüstung ausgestatteten Fahrzeugs bei Wikipedia unter dem Stichwort Hausnotrufdienst und die Berufung auf die professionelle Fahrweise der Mitarbeiter nicht aus.
Die Fahrzeugabbildungen seien nicht aussage- und beweiskräftig, da sie mit der Realität
nichts zu tun hätten. Im Übrigen komme es bei den möglichen Gefährdungen
auch nicht auf die persönliche Qualifikation wechselnder Mitarbeiter des Hausnotrufdienstes,
sondern auf die technische Ausstattung und deren Nutzungsmöglichkeit der
Sondersignale an. Wenn der Hausnotrufdienst insoweit behaupte, dass die Rettungsorganisationen in Konkurrenz ebenfalls Hausnotrufdienste anböten und dabei ihre Mitarbeiter Fahrzeuge mit Sondersignalen benutzen ließen, sei dies nicht bewiesen und im
Übrigen – falls es zuträfe – rechtswidrig und missbräuchlich. Insoweit könne sich der
Hausnotrufdienst auch nicht auf eine unzulässige Ungleichbehandlung berufen, da es keine
Gleichheit im Unrecht gebe. Etwaige missbräuchliche Handlungen solcher Dienste
seien durch das zuständige Regierungspräsidium zu unterbinden.
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.08.2014 – 10 S 55/13 – zitiert nach www.vd-bw.de/)
Quelle:
Martin Pfeifer, Kein Anspruch eines Hausnotrufdienstes auf die Ausrüstung seiner Fahrzeuge mit Sondersignalen, Fundstelle Baden-Württemberg 2015/98