Zu dem Treffen am 29. August 2015 hatte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve neben den zwei zuständigen EU-Kommissaren Ministerkollegen aus Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien, den Niederlanden sowie aus Belgien, der Schweiz und Luxemburg eingeladen. Diese Länder sind über Hochgeschwindigkeitszüge mit Frankreich verbunden.
Keine Videoüberwachung oder Ganzkörperscanner
Einig waren sich die europäischen Innen- und Verkehrsminister darin, dass nach der vereitelten Terrorattacke im Thalys nach Paris mehr gezielte Kontrollen und Datenaustausch die Sicherheit in europäischen Hochgeschwindigkeitszügen verbessern sollen. Gleichzeitig lehnten die europäische Regierungen umfassende Checks ab. „Wir wollen keine vollständige, flächendeckende Personen- oder Gepäckkontrolle in den Zügen in Deutschland oder Europa“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Samstag nach dem Treffen in Paris.
Wie die Minister in Paris weiter erklärten, sollen aber die Kontrollen von Passagieren und Gepäck auf größeren Bahnhöfen verstärkt sowie die Waffengesetze verschärft werden. Für eine Verschärfung der Waffengesetzgebung soll die Europäische Kommission demnach bis zum Jahresende Vorschläge vorlegen. Insbesondere gehe es darum, die Nachverfolgbarkeit des Erwerbs zu stärken und den Internethandel zu bekämpfen, hieß es in der Erklärung. Nicht diskutiert wurde nach Pressinformationen ein Plan der EU-Kommissare zur Videoüberwachung in Hochgeschwindigkeitszügen sowie zur Überprüfung von Passagieren und Gepäck per Metalldetektor oder Ganzkörperscanner.
Ausweiskontrollen oder Sichtung von Gepäck solle es da geben „wo es notwendig ist“, sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve. Bereits jetzt in den Zügen patrouillierende länderübergreifende Polizeistreifen sollen durch weitere koordinierte Kontrolloperationen auf ausgewählten Verbindungen ergänzt und verstärkt werden. Zudem soll ein Gutachten den Nutzen genereller Namenstickets in Hochgeschwindigkeitszügen prüfen. Öffentliche und private Einrichtungen sollen ihre Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen intensivieren. Auch gezielte Checks an Ländergrenzen seien möglich, es solle aber keine systematischen Grenzkontrollen geben.
Absolute Sicherheit im Bahnverkehr illusorisch
Auch de Maizière betonte: „Unabhängig davon, ob es technisch ginge, wollen wir nicht, dass Terroristen den Erfolg haben, dass alle diese Bewegungen erfasst und kontrolliert werden.“ Es gehe vielmehr darum, die gezielte Zusammenarbeit der Behörden und etwa den Austausch von Informationen über Verdächtige zu verbessern. In Deutschland sollen nach seinen Worten Investitionen zur besseren Nutzung von bereits in den Bahnhöfen vorhandenen Kameras für mehr Sicherheit sorgen. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wandte sich in Paris gegen flächendeckende Kontrollen, wie sie bei Flugzeugen üblich sind: „Die Bahn ist ein offenes und frei zugängliches System. Das ist seine Stärke.“ Allein in Deutschland stünden fast 6 000 Bahnhöfen nur 22 Flughäfen gegenüber, dies seien „enorme Unterschiede“.
Auch die Gewerkschaft der Polizei warnte am Sonntag vor falschen Vorstellungen. „Absolute Sicherheit im Bahnverkehr ist illusorisch“, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek. „Allein die Komplexität des Schienenverkehrs lässt die Sicherheitsbehörden an ihre natürlichen Grenzen stoßen.“
Fluggastdatenspeicherung vorantreiben
De Maizière sagte am Rande des Treffens, der Austausch über „verdächtige Personen“ solle intensiviert werden. Die Betreffenden müssten „eher zur offenen als zur verdeckten Fahndung ausgeschrieben werden“. Für die bessere Nutzung von Kameras in deutschen Bahnhöfen gebe es bereits einen Investitionsplan. Der Minister plädierte dafür, die Fluggastdatenspeicherung in Europa voranzutreiben. Auch der Angreifer aus dem Thalys sei zuvor in Flugzeugen unterwegs gewesen.
Der schwerbewaffnete Marokkaner Ayoub El Khazzani war mit einer Kalaschnikow, einer Pistole und einem Teppichmesser bewaffnet in dem Schnellzug von Amsterdam nach Paris aufgetaucht. Vor allem durch das beherzte Eingreifen von zwei US-Soldaten, die den 25-jährigen mutmaßlichen Islamisten überwältigten, konnte vermutlich ein Blutbad verhindert werden. Einer der Soldaten und ein weiterer Passagier wurden schwer verletzt.
Der Angriff löste in mehreren Ländern eine Debatte über die Sicherheit im Zugverkehr aus. So beschloss die belgische Regierung – der Angreifer hatte den Zug in Brüssel bestiegen – bereits vor einer Woche verschärfte Gepäckkontrollen und mehr Patrouillen in Bahnhöfen und Thalys-Zügen. Der französische Premierminister Manuel Valls kündigte die Einrichtung einer Notfallnummer an, bei der verdächtige Vorgänge gemeldet werden können, außerdem mehr Warnhinweise in Bahnhöfen.
Quelle:
dpa, SZ.de, sz-online (jeweils abgerufen am 31. August 2015)