Sicherheit

Bewachungsgewerbe: Verschärfung der Anforderungen

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Bund-Länder-Ausschuss „Gewerberecht“

Das Thema wurde von der Innenministerkonferenz behandelt und war Gegenstand parlamentarischer Anfragen und Anträge – zuletzt im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Private Sicherheitsfirmen umfassend regulieren und zertifizieren“ (BT-Drs. 18/3555). Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Bewachungsgewerbes wurde die Frage aufgeworfen, ob die derzeitigen Anforderungen insbesondere an die Zuverlässigkeit und die Qualifikation des Bewachungsunternehmers und -personals noch der gestiegenen Bedeutung des Gewerbes entsprechen.

Vor diesem Hintergrund hat der Bund-Länder-Ausschuss „Gewerberecht“ im November 2014 eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des Bewachungsrechts unter Vorsitz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eingesetzt. Mitglieder der Arbeitsgruppe waren Vertreter der Wirtschaftsministerien bzw. des Wirtschaftssenats Baden-Württemberg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen, des Bundesministeriums des Innern, des niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport sowie der Städte Cottbus, Dortmund und München. Die Arbeitsgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2015 ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen zur Änderung des Bewachungsrechts, d.h. der Gewerbeordnung und der Bewachungsverordnung, vorzulegen.

Der rechtliche Rahmen

Das Bewachungsgewerbe ist in § 34a der Gewerbeordnung und in der Bewachungsverordnung geregelt. Diese Bestimmungen enthalten Berufszugangs- und -ausübungsregelungen, die aus verfassungsrechtlichen Gründen nur zulässig sind, wenn bei ihrer Ausgestaltung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird. Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewachererlaubnis sind Zuverlässigkeit, geregelte Vermögensverhältnisse, der Nachweis der erforderlichen Sachkunde und der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung des Gewerbetreibenden.

Darüber hinaus darf der Bewachungsunternehmer nur Personen mit Bewachungsaufgaben beschäftigen, die ihrerseits die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, das 18. Lebensjahr vollendet haben und über die erforderliche Sachkunde verfügen. Je nach beabsichtigter Beschäftigung ist für den Nachweis der Sachkunde ein Unterrichtungsnachweis oder für bestimmte Bewachungstätigkeiten eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer über eine erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung erforderlich. Zudem bestehen für einige spezielle Bewachungsaufgaben Sonderregelungen, u.a. für den Einsatz auf Flughäfen (Luftverkehrsgesetz) oder auf Seeschiffen (§ 31 der Gewerbeordnung).

Verschärfungen des Bewachungsrechts führen zu höherem Vollzugsaufwand

Die Arbeitsgruppe hat 2015 in vier Sitzungen das geltende Bewachungsrecht und seinen Vollzug eingehend geprüft. Das vorliegende Eckpunktepapier auf der Grundlage der Vorschläge der Arbeitsgruppe wurde vom Bund-Länder-Ausschuss „Gewerberecht“ in seiner Sitzung am 24./25. November 2015 gebilligt.  

Der Bund-Länder-Ausschuss weist darauf hin, dass die Situation in Flüchtlingsunterkünften, in denen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und mit verschiedenen Schicksalen zusammen leben, alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellen. Die daraus teilweise entstehenden Konflikte ließen sich nicht allein mit dem Einsatz von Bewachern lösen. Verschärfungen des gewerberechtlichen Bewachungsrechts und Verbesserungen im Vollzug können jedoch nach Einschätzung des Bund-Länder-Ausschusses einen wichtigen Beitrag zur künftigen Vermeidung entsprechender Vorfälle leisten.

Das Gewerberecht stellt allerdings nur Anforderungen an gewerblich tätige Bewachungsunternehmen und deren Bewachungspersonal. Nicht gewerbliche Bewachung, z.B. durch Vereinsmitglieder von Fußballclubs, unterfällt nicht dem Gewerberecht. Missständen, die in diesen Bereichen auftreten, kann daher aus systematischen Gründen nicht mit den Mitteln des Gewerberechts, sondern muss ggf. ergänzend mit anderen Maßnahmen begegnet werden.  

Ferner betont der Bund-Länder-Ausschuss, dass bestehende und neue Regelungen des Bewachungsrechts nur mit einem ausreichenden Personalbestand in den Verwaltungen vollzogen werden können. Verschärfungen des Bewachungsrechts haben regelmäßig einen höheren Vollzugsaufwand zur Folge. Ohne zusätzliches Personal sieht der Bund-Länder-Ausschuss die Gefahr, dass diese neuen Regelungen in der Praxis ins Leere laufen.

Vorschläge des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“

Die Vorschläge des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“ im Einzelnen:

Einheitlicher Vollzug:

 Der Bund-Länder-Ausschuss weist darauf hin, dass ein einheitlicher und konsequenter Vollzug des Bewachungsrechts in den Ländern von entscheidender Bedeutung ist. Nach Erkenntnissen des Bund-Länder-Ausschusses ist in der Praxis zu beobachten, dass Gewerbetreibende, denen die Erteilung einer Bewachererlaubnis von einer größeren Kommune versagt wurde, soweit möglich teilweise auf kleinere Kommunen ausweichen. Da diese häufig über wenig Erfahrung mit dieser Materie verfügen, erlangen die Betroffenen dort oftmals erfolgreich eine Erlaubnis. Diese Ausweichmöglichkeit besteht nicht, soweit die Zuständigkeit für den Vollzug des Bewachungsrechts in den Ländern auf einer höheren Ebene (Kreise, kreisfreie Städte) angesiedelt ist. Denn dort können die in der Regel vorhandene bessere personelle Ausstattung und die größere Erfahrung im Umgang mit dieser sensiblen Materie besser genutzt werden.

Unterrichtung der Gewerbeämter durch Staatsanwaltschaften und Gerichte:

Der Bund-Länder-Ausschuss macht auf die Bedeutung der Mitteilungen der Staatsanwaltschaften und Gerichte in Strafsachen nach § 15 der Bewachungsverordnung aufmerksam (danach sind die Gewerbebehörden über Erkenntnisse in Strafsachen zu informieren, die die Zuverlässigkeit von Bewachern in Frage stellen). In der Praxis unterbleiben diese Mitteilungen häufig mit der Folge, dass die Gewerbebehörden wegen fehlender Informationen gegen unzuverlässige Bewacher nicht tätig werden. Nach Einschätzung des Bund-Länder-Ausschusses könnte die Problematik des Einsatzes unzuverlässiger Bewacher deutlich entschärft werden, wenn dieser Informationsfluss gewährleistet werden könnte. Der Bund-Länder-Ausschuss empfiehlt daher, Gerichte und Staatsanwaltschaften für diese Mitteilungen zu sensibilisieren.

Regelmäßige Überprüfung der Zuverlässigkeit:

Der Bund-Länder-Ausschuss schlägt vor, die Zuverlässigkeit des Bewachungspersonals künftig alle drei Jahre zu überprüfen. Als Vorbild kann das Waffengesetz herangezogen werden. Im Rahmen dieser regelmäßigen Überprüfung muss die zuständige Behörde ein erweitertes Führungszeugnis einholen. Damit kann festgestellt werden, ob zu dem Betroffenen Erkenntnisse vorliegen, die seine bei der ersten Prüfung festgestellte Zuverlässigkeit in Frage stellen. Mit dieser regelmäßigen Prüfung ist allerdings zum einen eine entsprechende Gebührenbelastung der Betroffenen verbunden. Zum anderen ist diese Maßnahme nur mit einem deutlich höheren Personal- und Kostenbedarf insbesondere in den Bereichen Gewerbeämter, Polizei, Justiz und Bundesamt für Justiz zu leisten, da zusätzlich geschätzt 100.000 Bewacher pro Jahr zu überprüfen sind.

Abfrage bei der Polizeibehörde und bei den Verfassungsschutzbehörden:

Im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung soll eine Regelabfrage bei der Polizeibehörde des Wohnsitzes erfolgen. Aus der Sicht des Bund-Länder-Ausschusses wäre in diesem Zusammenhang ein Austausch unter den Polizeibehörden der Länder wichtig, damit nicht nur Erkenntnisse der Polizeibehörde des Landes, in dem die Anfrage gestellt wird, berücksichtigt werden können. Eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden wäre nach Einschätzung des Bund-Länder-Ausschusses demgegenüber verfassungsrechtlich bedenklich und auch nicht sinnvoll. Im Einzelfall soll sie aber – sofern den Vollzugsbehörden bekannt – insbesondere für die Fälle der Bewachung von Flüchtlingsunterkünften und von Großveranstaltungen erfolgen können.

Gesetzliche Regelbeispiele für die Unzuverlässigkeit:

Der Bund-Länder-Ausschuss ist der Meinung, dass nach dem Vorbild anderer gewerberechtlicher Erlaubnistatbestände in § 34a der Gewerbeordnung Regelbeispiele für eine Unzuverlässigkeit wegen einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen aufgeführt werden sollten. Dies hätte für die Vollzugsbehörden eine erhöhte Rechtssicherheit bei der Ablehnung von Erlaubnisanträgen zur Folge.

Nachweis der erforderlichen Mittel:

Nach dem Vorbild anderer gewerberechtlicher Erlaubnistatbestände soll künftig die Erlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung versagt werden, wenn der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Bisher muss der Antragsteller den Nachweis der für den Gewerbetrieb erforderlichen Mittel erbringen, was im Vollzug häufig zu Auslegungsproblemen führt.

Verbesserung der Kontrollmöglichkeit:

Der in der Bewachungsverordnung bereits vorgeschriebene Ausweis, der vom Gewerbetreibenden ausgestellt wird, ist nach Erkenntnissen aus der Praxis unzureichend. Er ist fälschungsanfällig und nach Erkenntnissen aus der Praxis häufig schlecht lesbar und nicht immer aktuell. Der Bund-Länder-Ausschuss hat daher intensiv die Einführung einer verbesserten Kontrollmöglichkeit zum Nachweis der Zuverlässigkeit, z.B. in Form eines behördlichen Ausweises für Bewacher, diskutiert. Vor dem Hintergrund zahlreicher noch offener rechtlicher und tatsächlicher Fragen ist insoweit noch eine nähere Prüfung erforderlich.

Bewacherregister:

Diskutiert wurde ferner der Aufbau eines Bewacherregisters auf Bundesebene. Zweck dieses Registers wäre die Erfassung aller im Bewachungsgewerbe tätigen Gewerbetreibenden und des Bewachungspersonals. Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens sowie bei Kontrollen vor Ort könnten die notwendigen Informationen durch Einsichtnahme in das Register schnell beschafft werden. Angesichts der damit verbundenen Fragen, insbesondere der registerführenden Stelle und des Datenschutzes, ist die Einführung eines Registers nach Einschätzung des Bund-Länder-Ausschusses allerdings eine Maßnahme, die nicht kurzfristig umsetzbar ist.

Sachkundeprüfung und Unterrichtungsverfahren:

Der Bund-Länder-Ausschuss spricht sich für die grundsätzliche Beibehaltung der Sachkundeprüfung und des Unterrichtungsverfahrens aus. Angesichts der großen Bandbreite der Bewachungsaufgaben sollten beide Verfahren weiterhin Anwendung finden. Denn durch die unterschiedliche Ausgestaltung der Verfahren – mit bzw. ohne Prüfung – wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen.

Zum Anwendungsbereich dieser Verfahren sowie zu ihrer Ausgestaltung schlägt der Bund-Länder-Ausschuss Folgendes vor:

● Im Erlaubnisverfahren sollte der Gewerbetreibende künftig die erforderliche Sachkunde durch Ablegung einer Prüfung nachweisen (bisher reicht die Teilnahme an einer Unterrichtung).

● Der Kreis der Bewachungsaufgaben, zu deren Durchführung auch das Bewachungspersonal eine Sachkundeprüfung ablegen muss, sollte nach Ansicht des Bund-Länder-Ausschusses erweitert werden. Zum einen sollte generell beim Einsatz im Gastgewerbe (und nicht nur im Einlassbereich von Diskotheken) ein Sachkundenachweis verlangt werden. Zum anderen schlägt der Bund-Länder-Ausschuss vor, den Sachkundenachweis auch von Bewachungspersonal zu verlangen, das z.B. bei Großveranstaltungen oder in Flüchtlingsunterkünften in leitender Funktion eingesetzt wird. Betroffen wäre Bewachungspersonal, das für die Organisation der Bewachung vor Ort verantwortlich und weisungsbefugt gegenüber anderen Bewachern ist.

● Der Inhalt der Sachkundeprüfung und der Unterrichtung sollte um praxisbezogene Elemente erweitert werden. Die besondere Situation bei der Bewachung von Großveranstaltungen oder Flüchtlingsunterkünften sollte als weiterer Gegenstand Eingang finden. Dies hätte eine Anhebung des Unterrichtungsumfangs von bisher 40 Stunden um einige Stunden zur Folge.

● Der Bund-Länder-Ausschuss hält Verbesserungen der Methoden der Industrie- und Handelskammer für notwendig, mit deren Hilfe sie sich davon zu überzeugen hat, dass der Unterrichtungsteilnehmer den Unterrichtsstoff sprachlich und inhaltlich aufgenommen hat.

● Zudem werden Vorkehrungen gegen gefälschte Sachkunde- und Unterrichtungsnachweise für erforderlich erachteter Fragen ist insoweit noch eine nähere Prüfung erforderlich.

Quelle:

Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie Stand: 30. November 2015.