Rechtliches

Urteil: Urlauber trägt das Risiko ordnungsgemäßer Ausweisdokumente

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Ein Ehepaar buchte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise vom 19.05. bis 01.06.2013 in die USA. Rechtzeitig vor Reiseantritt hatten die Eheleute für sich bei der Gemeinde ihres Wohnsitzes neue Reisepässe beantragt. Diese wurden von der Bundesdruckerei auch zeitnah ausgestellt und an die örtliche Gemeinde übersandt, sodass das Ehepaar sie in Besitz nehmen konnte. Allerdings hatte die Gemeinde den Empfang der Ausweispapiere von der Bundesdruckerei nicht quittiert.

Wegen dieses Nichtvorliegens einer Eingangsbestätigung wurden die Ausweispapiere als gestohlen gemeldet. Dies hatte zur Folge, dass dem Ehepaar am Abreisetag der Abflug in die USA verweigert wurde.

In der Folgezeit zahlte der Reiseveranstalter einen Teil des Reisepreises an das Ehepaar zurück; dieses beanspruchte jedoch die Rückzahlung auch des restlichen Reisepreises mit der Begründung, der Flug sei wegen höherer Gewalt ausgefallen, sodass der Reisepreis komplett zurückzuzahlen sei.

Die Zahlungsklage des Ehepaars hatte jedoch – wie bereits in den Vorinstanzen – beim Bundesgerichtshof1 keinen Erfolg.

Höhere Gewalt

Sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende kann den Reisevertrag kündigen, wenn die Reise infolge einer bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbaren höheren Gewalt erheblich erschwert, gefährdet, beeinträchtigt oder unmöglich wird. Unter „höherer Gewalt“ wird dabei ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch große Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis verstanden. Erfasst sind hierbei insbesondere Naturkatastrophen oder staatlich angeordnete Reisebeschränkungen. Es handelt sich also um einen Fall der Unmöglichkeit der Reise, deren Ursache keiner Vertragspartei zugeordnet werden kann, sodass daher beiden die Möglichkeit offensteht, sich von dem Reisevertrag zu lösen.

Reisender haftet für Fehler der Behörde

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Ereignis, das nicht der Betriebstätigkeit des Reiseveranstalters und damit der Durchführung der Pauschalreise selbst zugeordnet werden konnte. Die Ursache für die Nichtbeförderung lag nicht in der Risikosphäre des Reiseveranstalters.

Demgegenüber liegt höhere Gewalt dann nicht vor, wenn das Ereignis der Sphäre des Reisenden zugerechnet werden kann. So auch hier: Im Verhältnis zum Reiseveranstalter ist der Reisende verpflichtet, geeignete und gültige Ausweispapiere mitzuführen. Dieser Umstand ist allein seiner Risikosphäre zuzuordnen. Es kommt auch nicht darauf an, aus welchen Gründen die Pässe der Reisenden nicht als ausreichend angesehen werden. „Höhere Gewalt“ – so das Gericht – liege demnach nur dann vor, wenn sämtliche Reisenden eines Flugs betroffen wären, etwa bei einer Naturkatastrophe oder plötzlichen politischen Unruhen oder einem kurzfristig eingeführten Visumerfordernis.

Im vorliegenden Fall war lediglich das Ehepaar wegen unzureichender Ausweisdokumente vom Flug ausgeschlossen. Für die Ordnungsgemäßheit der Papiere sind jedoch die betroffenen Personen alleinverantwortlich.

Damit war der Reiseveranstalter berechtigt, Stornierungsgebühren zu erheben und mit dem bezahlten Reisepreis zu verrechnen.

Anmerkung:

Möglicherweise haben die Eheleute Schadenersatzansprüche gegen die Gemeinde, die es versäumt hatte, den Eingang der Ausweisdokumente von der Bundesdruckerei ordnungsgemäß zu quittieren. Diese Frage der Regresshaftung war jedoch im vorliegenden Prozess vom Bundesgerichtshof nicht zu entscheiden; hierfür müssten die Eheleute gegebenenfalls einen gesonderten Rechtsstreit gegen die Gemeinde einleiten.

1 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Mai 2017 – X ZR 142/15, besprochen in RdW 2017 Rn. 224.