Ein Kfz-Händler erwarb von einer Frau für 10 660 € ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ Nissan Juke. In der schriftlichen Kaufvertragsurkunde bestätigte die Verkäuferin, dass das Fahrzeug unfallfrei sei und keine Nachlackierung habe. Dem Händler war bekannt, dass die Frau nicht die erste Halterin des Fahrzeugs war. Zudem hatte der Händler vor Vertragsschluss Gelegenheit, das Fahrzeug in seiner eigenen Werkstatt auf Vorschäden und sonstige Mängel zu untersuchen.
Kurz nach Übergabe des Pkw erklärte der Händler den Rücktritt vom Kaufvertrag mit der Begründung, bei dem verkauften Nissan Juke handele sich um einen Unfallwagen, der zudem nachlackiert worden sei. Er verlangte daher die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs.
Die Klage war in zweiter Instanz erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm1 hat das Rücktrittsverlangen für begründet erachtet. Das verkaufte Fahrzeug habe nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entsprochen.
Abweichung des Fahrzeugs von der vertraglichen Beschaffenheit
Das Gericht: Ein Kraftfahrzeughändler kann vom privaten Verkäufer die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Gebrauchtfahrzeug verlangen, wenn das verkaufte Fahrzeug entgegen den Vereinbarungen im Kaufvertrag nicht unfallfrei und nicht nachlackierungsfrei ist. Das kann selbst dann gelten, wenn der Händler das Fahrzeug vor Vertragsabschluss in der eigenen Werkstatt untersucht hat.
Nach dem Vertrag sollte das Fahrzeug unfallfrei sein und keine Nachlackierungen haben. Diese Beschaffenheit habe das Fahrzeug während seiner gesamten Lebenszeit und nicht nur beschränkt auf die Besitzzeit der Verkäuferin aufweisen sollen.
Dass der Händler den Pkw vor Vertragsschluss selbst untersucht habe, bedeute nicht, dass er dadurch die Verkäuferin habe entlasten oder sie aus ihrer Zusage habe entlassen wollen. Die vom Gericht mit dem eingeholten Gutachten eines Kfz-Sachverständigen durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass das Fahrzeug bei Übergabe an den Händler nicht unfall- und nachlackierungsfrei gewesen sei. Es weise im rechten hinteren Bereich einen unfachmännisch reparierten Unfallschaden mit Nachlackierungen und zudem am vorderen Stoßfänger Spuren eines Anprallgeschehens auf.
Der Rücktritt des Händlers sei im Übrigen nicht ausgeschlossen, da er die Mängel bei Vertragsabschluss nicht gekannt habe oder ihm die Mängel nicht aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben seien.
Keine verschuldete Unkenntnis des Käufers
Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Mängel sei dem Händler nicht vorzuwerfen. Auch als Kraftfahrzeughändler habe er grundsätzlich keine Obliegenheit, das zu erwerbende Fahrzeug gründlich auf Unfallschäden, sonstige Beschädigungen oder Mängel zu untersuchen und dürfe sich insoweit auf eine Sichtprüfung sowie Angaben seines Verkäufers verlassen. Erst wenn ein am Kauf interessierter Händler konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass die Angaben des Verkäufers falsch oder zweifelhaft sein könnten, könne es als grob sorgfaltswidrig gewertet werden, wenn er das Fahrzeug dennoch nicht genauer untersuche.
So liege der Fall hier aber nicht: Der Händler hatte das Fahrzeug vor dem Kauf lediglich einer Sichtprüfung unterzogen und der gerichtliche Sachverständige hielt es für durchaus möglich, dass selbst ein Fachmann die Mängel des Pkw bei einer bloßen Sichtprüfung nicht entdeckt. Dies gehe zulasten der Verkäuferin, denn sie hätte die Voraussetzungen einer grob fahrlässigen Mängelunkenntnis des Händlers im Prozess nachweisen müssen.
1 Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Mai 2017 – 28 U 101/16, besprochen in RdW 2017 Rn. 296.