Die Waldbrände in Portugal, das Hochwasser in Niedersachsen oder Großbrände, wie im Greenfell-Hochhaus in London. Katastrophen dieser Art stellen besondere Anforderungen an die Einsatzfähigkeit von Rettungskräften. »Neue Hightech-Lösungen aus der zivilen Sicherheitsforschung helfen, Menschenleben zu retten und die Retter zu schützen«, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka anlässlich der Präsentation von Forschungsergebnissen bei der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) im Juli. Viele innovative Lösungen hat die Sicherheitsforschung in den vergangenen Jahren hervorgebracht: mobile Geräte zur Detektion von biologischen oder explosiven Stoffen, Ortungsgeräte zur Rettung verschütteter Menschen, Computerprogramme zur Notfallplanung bei Großveranstaltungen oder zur Analyse organisierter Finanzkriminalität.
Um auch in Zukunft die zivile Sicherheit zu erhöhen, will das Bundesforschungsministerium in Kooperation mit dem Bundesinnenministerium in die zivile Sicherheitsforschung investieren. Mit strukturbildenden Maßnahmen, wie der Einrichtung von Kompetenzzentren, sollen Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis künftig stärker miteinander vernetzen und gemeinsam an Lösungen arbeiten, die beispielsweise Rettungskräfte bei ihrem Einsatz unterstützen. Wenn es für Menschen lebensgefährlich wird, können Roboter in gefährliche Gebiete oder brennende Gebäude vordringen und Menschen retten. Die Kompetenzzentren schaffen die Möglichkeit, neue Lösungen zu testen, wirken als Wissenspool und unterstützen Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb.
Konkrete Ergebnisse
Aus dem Sicherheitsforschungsprogramm der Bundesregierung sind in den vergangenen Jahren aber auch schon konkrete Innovationen hervorgegangen, die sich bereits in der Praxis bewähren. Beispielsweise können Großveranstaltungen nun sicherer geplant und durchgeführt werden. Mit Computeranwendungen werden unter anderem bewegungsströme von Besucherinnen und Besuchern im Vorfeld einer Veranstaltung simuliert. So können Risiken frühzeitig erkannt, verringert und im Ernstfall die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Auch Flughafenkontrollen können durch neue Lösungen noch sicherer und effektiver werden. Passagiere müssen sich bei der Personenkontrolle in der Regel nicht mehr abtasten lassen. Forscher aus München haben im Rahmen des zivilen Sicherheitsforschungsprogramms einen Personenscanner mit Millimeterwellentechnik erarbeitet. Dieser kann in wenigen Sekunden am Körper versteckte Gegenstände identifizieren – gleich, ob diese metallisch oder nicht-metallisch sind. Verdächtige Gegenstände werden dem Sicherheitspersonal auf einem Monitor schematisch an einem Strichmännchen gezeigt. So bleibt die Privatsphäre der Passagiere gewahrt. Ein anderes Beispiel ist die frühzeitige Erkennung gefährlicher Krankheitserreger: Dank der zivilen Sicherheitsforschung können die Ursachen von Lebensmittelverunreinigungen nun schneller als bisher aufgeklärt werden. Wissenschaftler aus Bonn, Jena und Berlin erarbeiteten mobile Minilabore, mit denen Lebensmittel vor Ort auf Erreger und deren Konzentration untersucht werden können. Darüber hinaus ermöglicht ein innovatives Softwaresystem die Rückverfolgung der verunreinigten Lebensmittel vom Verbraucher zum Hersteller.
Für ein weiteres medizinisches Szenario ist ein langandauernder, flächendeckender Stromausfall, der besonders für die Krankenhäuser zum Problem wird. Für diesen Fall wurde in Berlin ein neues Logistik-System für die Kraftstoffversorgung von Notstromaggregaten, etwa für Krankenhäuser und Rettungswagen, entwickelt. Es überwacht den Füllstand der Treibstofftanks und fordert bei Bedarf automatisch Treibstofflieferungen an. Das System hilft, den Notbetrieb in Krankenhäusern und bei Rettungsdiensten aufrechtzuerhalten.
»Sichere Gesellschaften«
Auch die Vernetzung innerhalb der EU wird in der Sicherheitsforschung stark betrieben. Die europäische Sicherheitsforschung wird seit 2007 in den Rahmenprogrammen der Europäischen Union adressiert. Das Bundesforschungsministerium unterstützt deutsche Akteure bei der Teilnahme am europäischen Sicherheitsforschungsprogramm. Seit Januar 2014 läuft das neue Rahmenprogramm für Forschung und Innovation »Horizont 2020«. Für die europäische Sicherheitsforschung werden im Zeitraum von 2014 bis 2020 insgesamt 1,7 Milliarden Euro durch die Europäische Union zur Verfügung gestellt.
Das Ziel des europäischen Sicherheitsforschungsprogramms ist es, durch die Entwicklung neuer Lösungen die europäische Gesellschaft und ihre Bürgerinnen und Bürger verstärkt vor Bedrohungen, wie Terrorismus, organisierter Kriminalität, Naturkatastrophen sowie Industrieunfällen zu schützen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Sicherheitswirtschaft zu stärken. Bei der Umsetzung der geplanten Aktivitäten stehen als Grundprinzipien immer der Respekt vor der Privatsphäre sowie die Wahrung der Bürgerrechte im Vordergrund.
Die Förderung in der Herausforderung »Sichere Gesellschaften« erfolgt auf Grundlage von Aufrufen zur Einreichung von Projektvorschlägen, den sogenannten »Calls«. Die konkreten Förderthemen (Topics) zu den zumeist jährlichen Aufrufen werden im Arbeitsprogramm (Work Programme) für einen Zeitraum von zwei Jahren definiert.
»SecurityResearchMap«
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt die Vernetzung der Akteure in der zivilen Sicherheitsforschung in Deutschland unter anderem durch die interaktive Forschungslandkarte »SecurityResearchMap«. Auf der interaktiven Forschungslandkarte „SecurityResearchMap“ präsentieren sich in der Sicherheitsforschung aktive Institutionen mit ihren Profilen. Vertreten sind beispielsweise Unternehmen, Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Verbände und Netzwerke sowie Behörden. Sie sind nach verschiedenen Kategorien, wie zum Beispiel thematische Schwerpunkte, geografische Lage oder mit einer Volltextsuche recherchierbar. So ermöglichen die Bereiche »Aus- und Weiterbildung« sowie »Studienangebote« eine Orientierung zur Berufsausbildung und zum Studium in der zivilen Sicherheit. (ta)
Dies ist ein Beitrag aus „InfoSicherheit – Das Fachmagazin für Sicherheit in der Wirtschaft“, S. 42-43, Ausgabe 3/2017