Sicherheit

Verbot der „Osmanen Germania“

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Am 10. Juli 2018 gab Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das Verbot gegen 16 Ortsgruppen (sog. Chapter) des rockerähnlichen „Osmanen Germania Boxclub“ (OGBC) einschließlich ihrer Teilorganisationen bekannt. Damit ist den Angehörigen jede Betätigung im Sinne des Zusammenschlusses untersagt. Begründet wurde dies vom BMI mit der schwerwiegenden Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und der Allgemeinheit. Die Konsequenzen dieses Verbotes sind in mehreren Hinsichten interessant – nicht zuletzt bezüglich der Auswirkungen in den politischen Beziehungen zur türkischen Regierung.

Der Boxclub Osmanen Germania

Der Osmanen Germania Boxclub (OGBC) betätigt sich in den üblichen Geschäftsfeldern, die auch von anderen Rockergruppen favorisiert werden. Zudem gelten sie als türkische Ultranationalisten. Lokal zeigen sich Kooperationen mit dem Lobbyverein „Union der Europäisch-Türkischen Demokraten“ (UETD) und den Grauen Wölfen. Auch islamistische Tendenzen sind bei einzelnen Anhängern zu erkennen. Offiziell am 6. Juli 2015 gegründet, vermuten Ermittler den echten Zeitpunkt der Gründung bereits im Jahr 2014. Bezüglich der Mitglieder gibt es unterschiedliche Einschätzungen durch Sicherheitsbehörden und Medien. Der Aufbau und das Auftreten ist dem gängiger Rockergruppen oder Outlaw Motorcycle Clubs (OMC) nachempfunden; insbesondere das Tragen sog. Kutten mit Emblem. Daneben bildeten die Clubs lokal Ableger in weiteren Sportvereinen, in der Jugendliche angesprochen werden sollen. Unmittelbar mit der offiziellen Gründung zeigte sich der Boxclub als rasant wachsend, wendete sich direkt mit Kampfansagen gegen sämtliche zu Feinden erklärte Akteure und stellte territoriale Ansprüche u.a. in Richtung anderer Rockerclubs. Doch auch Kritiker des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gerieten schnell in das Visier der Osmanen Germania. Razzien im Herbst 2016 u.a. in Hessen und zuletzt im März 2018 vor allem in NRW konnten direkte Verbindungen des Boxclubs in Regierungskreise nach Ankara belegen.

Verbotsverfahren als Bekämpfungsstrategie

Bei den durchgeführten Razzien in NRW ging es unter anderem um Geldwäsche, Urkundenfälschung, Erpressung und Drogenhandel. Daneben wurden Aktivitäten gegen Anhänger der PKK, Kurden und politisch linke Türken festgestellt. Anhänger der Gülen-Bewegung werden von den Osmanen als Feinde betrachtet, die es zu bekämpfen gilt. Allerdings wurden auch Gegner Erdoğans zu Gülen-Anhänger erklärt, obwohl diese nichts mit dieser als Sekte eingestuften Bewegung zu tun haben. Nach Auffassung des Innenministeriums NRW vertritt die Gruppierung türkisch-nationalistische und rechtsextremistische Positionen. Entsprechend existieren Verbindungen zu den vom Verfassungsschutz beobachteten türkisch-rechtsextremen Grauen Wölfen.

Das nun erlassene Verbot stützt sich auf Artikel 9 Absatz 2 GG i. V. m. § 3 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Vereinsgesetzes und begründet sich durch den rechtswidrigen Vereinszweck. Dieser und die Tätigkeit der Osmanen Germania laufen nach Ansicht des BMI den Strafgesetzen zuwider. Von dem Verbot betroffen sind mit den 16 Ortsgruppen auch alle mit ihnen verbundene Teilorganisationen. Wie viele Ortsgruppen neben diesen 16 aktuell im Bundesgebiet tatsächlich noch aktiv sind, ist nicht ganz klar bzw. einwandfrei nachzuweisen.

Das Bilden von Ersatzorganisationen ist in Punkt 3 der Verfügung des BMI vom 19. Juni 2018 ebenfalls verboten, sämtliches Vermögen der Chapter kann eingezogen werden (vgl. Punkt 4 der Verfügung). Mit dem Vereinsverbot geht auch ein Kennzeichenverbot einher gemäß § 9 Abs. 3 VereinsG; Zuwiderhandlungen sind damit fortan gemäß § 20 Abs. 1 S. 1, Nr. 5, S. 2 VereinsG unter Strafe gestellt. Das Tragen der Kutte und entsprechende Patches, beispielsweise mit dem Grundsatz der Gruppe „Kanan Kann“ (Blut für Blut) sind damit und ab sofort für die Angehörigen der betroffenen Ortsclubs verboten. Tatsächlich ist dieses Verbot der Kennzeichen mehr als ein lediglich symbolischer Akt, denn ähnlich kriminell agierenden Rockergruppen ist das Tragen der Kutte nicht nur das Erkennungsmerkmal, sondern ein Machtsymbol, die die Zugehörigkeit zu einer fast als heilig empfundenen Elite darstellt. Insofern ist das ausgesprochene Verbot und die damit einhergehenden Maßnahmen ein empfindlicher Schlag gegen den Boxclub. Auf den Facebook-Präsenzen der Clubs blieb es weitestgehend still, Reaktionen, möglicherweise auch aus der Türkei, bleiben abzuwarten. Dass die betroffenen Chapter Rechtsmittel einlegen werden, ist zu erwarten. 

Fazit: Ein erster und wichtiger Schritt

Das ausgesprochene Verbot gegen die Chapter der Osmanen Germania in Deutschland ist ein wichtiger Schritt. Nicht nur gegen praktizierte Formen von Organisierter Kriminalität, sondern vor allem gegen türkischen Ultranationalismus, der sich in Deutschland seit Jahren verstärkt ausbreiten konnte. Dabei muss dieser Schritt als ein erster betrachtet werden. Denn der OGBC ist nur eine Gruppe von diversen Akteuren, die der Demokratie feindlich gesinnt sind und die als „verlängerter Arm aus Ankara“ gegen Regierungskritiker agieren. Doch die Strukturen reichen noch viel weiter und betreffen einzelne Organisationen, die mitunter als politische Dialogpartner betrachtet werden. Wie weit ultranationalistisches bis rechtsextremes Gedankengut in türkischen Organisationen verhaftet ist, muss weiter geprüft werden. Konsequenzen daraus zu ziehen obliegt weiterhin der Politik.

In den Text eingeflossene Quelle

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat: Bekanntmachung eines Vereinsverbots gegen den Verein „Osmanen Germania BC“ vom 19. Juni 2018 (BAnz AT 10.07.2018 B1).