Rechtliches

Urteil: Außerbetriebliche Straftat rechtfertigt nicht automatisch eine fristlose Kündigung

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Ein Chemielaborant war seit 1991 bei einem Chemieunternehmen beschäftigt. Er arbeitete dort im Bereich der Qualitätsanalyse und war im Wesentlichen mit der Herstellung und Prüfung von Silikonprüfplatten befasst. Anfang August 2016 wurden in seiner Wohnung von der Polizei 1,5 kg reine chemischer Stoffmischungen gefunden, die von den Ermittlungsbehörden als gefährlich bewertet wurden. In der Wohnung befand sich zudem 1 kg eines Betäubungsmittels.

Später wurde der Arbeitnehmer wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens verurteilt.

Das Chemieunternehmen als Arbeitgeber erfuhr durch Presseberichte von diesen Vorfällen. Nach Anhörung des Mitarbeiters kündigte es das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Mitarbeiter zog hiergegen vor Gericht und beantragte die Feststellung, dass die ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam sei. Beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf1 hatte er damit auch Erfolg.

Schwere der Vorwürfe rechtfertigen keine fristlose Kündigung

Die Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung wegen außerdienstlichen Verhaltens waren nach Einschätzung des Gerichts nicht gegeben. Zwar könne auch bei außerdienstlichem Fehlverhalten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses möglich sein, sofern das Fehlverhalten die Eignung oder Zuverlässigkeit des Arbeitnehmers entfallen lassen. Hierbei sind jedoch verschiedene Aspekte seitens des Arbeitgebers zu berücksichtigen: die Art und Schwere des Delikts; die konkret nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit sowie die Stellung im Betrieb.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erwies sich hier die fristlose Kündigung als nicht gerechtfertigt und daher als unwirksam. Zwar hatte der Chemielaborant bei dem Unternehmen Zugang zu gefährlichen Chemikalien. Diese waren bei seiner eigentlichen Arbeitsaufgabe in der Qualitätsanalyse aber nicht verwendet worden. Hinzu kam, dass das Arbeitsverhältnis seit 1991, also 35 Jahre, bestanden hatte.  

Auch wenn sich das Chemieunternehmen in einem “Chemiepark” befand, der generell von dem Arbeitgeber als sicherheitsrelevant eingestuft wurde, rechtfertigten die außerdienstlichen Vorwürfe gegenüber dem Mitarbeiter in Ansehung seiner konkreten Arbeitsaufgabe, der Stellung im Betrieb und seiner langen Betriebszugehörigkeit keine fristlose Kündigung. Somit war die ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam.

Anmerkung:

Das Landesarbeitsgericht hatte im vorliegenden Verfahren ausschließlich über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung zu entscheiden, nicht jedoch über die Wirksamkeit einer vom Chemieunternehmen nachgeschobenen ordentlichen Kündigung.

 

1 Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. April 2018 – 11 Sa 319/17, besprochen in RdW 2018 Rn. 270.