Rechtliches

Bezahlung von Überstunden: Wer muss was beweisen?

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Der Arbeitnehmer war in der Zeit vom 01. 10. 2014 bis zum 31. 07. 2016 in Vollzeit mit einem Bruttostundenlohn von 12 € beschäftigt. In der letzten Abrechnung für den Monat Juli 2016 wies der Arbeitgeber die Abgeltung von drei Urlaubstagen und die Auflösung eines Arbeitszeitkontos aus und zahlte die entsprechenden Beträge an den Arbeitnehmer. Für das Jahr 2015 hatte der Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl von Überstunden ausgewiesen und gezahlt. Der Arbeitnehmer war nun der Meinung, er habe weitere Überstunden in den Monaten von April bis Dezember 2015 geleistet, aber nicht vergütet bekommen. Dafür stünde ihm eine Vergütung von 1 620 € zu.

Diesen Betrag klagte er ein. In dem Gerichtsverfahren verteidigte sich der Arbeitgeber damit, dass der Arbeitnehmer keine Überstunden geleistet habe, jedenfalls solche Überstunden nicht angeordnet worden seien. Der Arbeitnehmer verlor den Prozess beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz1.

Arbeitnehmer muss Umstände der Mehrarbeit beweisen

Nach Meinung des Landesarbeitsgerichts hatte der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass er tatsächlich Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden, zeitlichen Umfang verrichtet hatte. Er müsse im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet habe. Dann obliege es dem Arbeitgeber, diesem Vortrag nachvollziehbar entgegenzutreten.

Der Anspruch auf Vergütung von Überstunden setze neben deren Leistung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeiten notwendig gewesen seien. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trage der Arbeitnehmer als derjenige, der den Anspruch erhebe. Hierfür reiche es, wenn er vortrage, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten habe. Auf einen derartigen Vortrag müsse dann der Arbeitgeber substantiiert erwidern. Gehe es um eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden, müsse der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet habe.

Bei einer konkludenten Anordnung von Überstunden müsse der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte, angewiesene Arbeit innerhalb der normalen Arbeitszeit nicht zu leisten sei oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte.

Gehe es um eine ausdrückliche oder konkludente Billigung von Überstunden, müsse der Arbeitnehmer darlegen, wer wann auf welche Weise zu erkennen gegeben habe, mit der Leistung welcher Überstunden einverstanden gewesen zu sein. Denn die Duldung von Überstunden bedeutet, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinzunehmen bereit war und keine Vorkehrungen getroffen hat, Überstunden zukünftig zu unterbinden. In dem Fall müsse der Arbeitnehmer vortragen, von welchen wann geleisteten Überstunden der Arbeitgeber auf welche Weise Kenntnis erlangt haben soll und dass es im Anschluss daran zu einer weiteren Überstundenleistung gekommen sei.

Diese Prinzipien der Darlegungs- und Beweislast habe der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall mangels eines konkreten Vortrags zur Ableistung der Überstunden nicht befolgt.

Praxistipp:

Die Entscheidung ist deshalb wertvoll, weil sie für die verschiedenen Ursachen, wie es zur Leistung von Überstunden kommen kann, klare Regeln vorgibt, wer was konkret vorzutragen hat. Sollte festgestellt werden, dass ein Arbeitnehmer länger arbeitet, als es gewünscht oder aus betrieblichen Gründen notwendig ist, empfiehlt sich auf jeden Fall ein klarer Hinweis, Überstunden nur dann zu vergüten, wenn sie vom Unternehmen ausdrücklich angeordnet sind.

1 Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 2018 – 8 Sa 14/18, besprochen in RdW 2019 Rn. 100.