Rechtliches

Auch wer parkt, verwendet ein Fahrzeug

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Verursacht ein in einer Tiefgarage abgestelltes Kraftfahrzeug durch Selbstentzündung einen Brand, durch den das Gebäude beschädigt wird, haftet die Kfz-Haftpflichtversicherung für den entstandenen Schaden. Denn eine Verwendung des Fahrzeugs liegt auch während des Parkens vor (EuGH).

In der Tiefgarage eines Hauses in Spanien fing ein geparktes Fahrzeug durch Selbstentzündung Feuer. Hierdurch entstand an dem Gebäude ein erheblicher Schaden. Zu diesem Zeitpunkt war der in Brand geratene Wagen seit mehr als 24 Stunden nicht mehr gefahren worden. Die Kfz-Haftpflichtversicherung lehnte die Regulierung der entstandenen Schäden ab. Sie verwies darauf, dass nach den einschlägigen spanischen Vorschriften eine Haftung für das Kraftfahrzeug nur dann in Betracht komme, wenn es sich um ein »Ereignis bei der Fahrzeugverwendung« handle. Dies sei bei einem seit mehr als 24 Stunden geparkten Kraftfahrzeug nicht mehr der Fall.

Der Gebäudeversicherer wollte dies nicht akzeptieren und klagte. Das letztlich mit dem Rechtsstreit befasste spanische Gericht war der Auffassung, dass EU-Recht betroffen sei. Denn eine entsprechende EG-Richtlinie sehe eine Haftung der Kfz-Haftpflichtversicherung immer dann vor, wenn ein Schaden bei der »Verwendung eines Fahrzeugs« eintrete.

Daher legte das spanische Gericht dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)1 den Fall zur Vorabentscheidung zu der Auslegung des Begriffs »Verwendung eines Fahrzeugs« vor.

Verwendung eines Fahrzeugs umfasst auch Parken

Der EuGH machte deutlich, dass der Begriff der EU-Richtlinie »Verwendung eines Fahrzeugs« einen autonomen Begriff des Unionsrecht darstelle. Dessen Auslegung sei nicht dem Ermessen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen. Denn oberstes Ziel des EU-Gesetzgebers sei es, Opfer von Unfällen, die durch Kraftfahrzeuge verursacht werden, vor den negativen Folgen zu schützen. Daher dürfe der Begriff »Verwendung eines Fahrzeugs« im Sinne der EU-Richtlinie nicht auf Situationen der Verwendung im Straßenverkehr beschränkt werden, also etwa auf den eigentlichen Fahrvorgang. Vielmehr sei jede Verwendung eines Fahrzeugs umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion entspreche. Daher sei es naheliegend und zwingend, nicht darauf abzustellen, ob der Schaden von einem fahrenden oder – wie hier – geparkten Fahrzeug ausgegangen sei. Denn das Parken des Fahrzeugs sei als natürliche und notwendige Phase anzusehen, die einen wesentlichen Bestandteil der Verwendung des Fahrzeugs als Beförderungsmittel ausmache. Demnach werde ein Fahrzeug während des Parkens zwischen zwei Fahrten grundsätzlich entsprechend seiner Funktion als Beförderungsmittel »verwendet«.

Länge der Parkdauer und Grund der Selbstentzündung sind unerheblich

Demnach stelle das Parken eines Fahrzeugs in einer Garage eine der Funktion als Beförderungsmittel entsprechende Verwendung dar. Dies werde auch nicht dadurch infrage gestellt, dass das Fahrzeug mehr als 24 Stunden in dieser Garage geparkt war; denn das Abstellen eines Fahrzeugs bedeute, dass dieses bis zur nächsten Fahrt, mitunter über einen längeren Zeitraum, stillstehe.

Im Übrigen sei unerheblich, ob im Einzelfall nachgewiesen werden könne, worauf der Brand zurückzuführen war. Ausreichend ist alleine der Nachweis, dass der Fremdschaden durch die Selbstentzündung des versicherten Fahrzeugs eingetreten ist.

Anmerkung:

Der hier vorab vom EuGH entschiedene Fall spielte zwar in Spanien. Dort ist nunmehr der in den spanischen Vorschriften enthaltenen Begriff des »Ereignisses bei der Fahrzeugverwendung« entsprechend den EU-Richtlinie (»Verwendung eines Fahrzeugs«) auch auf parkende Fahrzeuge anzuwenden. Dies gilt jedoch ebenso auf den entsprechenden Begriff im deutschen Straßenverkehrsgesetz (§ 7 Abs. 1 StVG): »Bei dem Betrieb eines Fahrzeugs«.

Auch dieser Begriff umfasst demnach Schäden, die durch selbst entzündete Fahrzeuge verursacht werde. Dieses Verständnis entspricht jedoch bereits seit Jahren der obergerichtlichen Rechtsprechung, die stets bei Fremdschäden, die von parkenden Fahrzeugen ausgehen (z. B. von einem ins Rollen kommendes geparktes Fahrzeug am Hang), von einer Haftung der Kfz-Haftpflichtversicherung ausgehen.

Insoweit bedeutet die jetzt vorliegende Entscheidung des EuGH eine Bestätigung der seit Jahren gängigen Rechtsprechung.

1 Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20.06.2019 – C-100/18, besprochen in RdW 18/2019.