Rechtliches

Machtwort des BGH: VW hat betrogen und muss zahlen

©SZ-Designs - stock.adobe.com

Erstmals hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe eine Grundsatzentscheidung im Abgasskandal getroffen (Az. VI ZR 252/19). Seit gestern ist klar: Zehntausenden Käufern eines manipulierten Dieselfahrzeugs steht Schadensersatz zu. Käufer haben einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Ein Paukenschlag der obersten deutschen Zivilrichter und eine herbe Niederlage für den VW-Konzern, denn nun steht fest, dass der BGH im Verbau von Abschalteinrichtungen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Wolfsburger Autobauer sieht.

Der BGH bestätigte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz, wonach der VW-Konzern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet ist, dem Käufer eines gebrauchten VW Sharan gut 25.600 Euro plus Zinsen zu erstatten. Das entspricht dem Kaufpreis des Fahrzeugs abzüglich des Nutzungsentgeltes, denn die gefahrenen Kilometer müsse sich der Käufer anrechnen lassen. VW muss das Fahrzeug außerdem zurücknehmen.

Viele betrogene Kunden fragen sich nun, ob sich ein Vorgehen auch für sie lohnt. Mit einem Rückerstattungsrechner können Betroffene schnell und leicht berechnen, was man für sein Fahrzeug zurückerhalten kann.

Schadensersatz für betrogene Kunden

Das Urteil jedenfalls ist ein langersehnter und inzwischen auch überfälliger Erfolg. Schließlich steckt in Millionen Dieselautos des VW-Konzerns eine illegale Abgastechnik, um bei behördlichen Prüfungen die Stickoxidgrenzwerte einzuhalten. Die BGH-Richter fanden daher auch deutliche Worte und kamen zu dem Schluss, dass VW damit das Kraftfahrt-Bundesamt systematisch und langjährig getäuscht habe – und zwar bewusst, um so den Gewinn zu maximieren.

Auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung habe VW arglistig Genehmigungen erschlichen und sich dabei die Arglosigkeit und das Vertrauen der Käufer gezielt zunutze gemacht, begründet der BGH seine Entscheidung. Dieses Unwerturteil treffe VW gerade auch im Hinblick auf die unwissenden Käufer. Gegenüber Käufern sei das “besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren”. Die Arglosigkeit und das Vertrauen der Käufer seien gezielt ausgenutzt worden.

Das Urteil wird nun wegweisend für alle weiteren Verfahren im Abgasskandal sein. Der BGH ist das höchste deutsche Zivilgericht und seine Urteile haben enormen Einfluss auf andere Gerichte und deren Entscheidungen. Bislang wurde die Frage, ob VW Schadensersatz schuldet, von Gerichten unterschiedlich beantwortet. Damit dürfte jetzt Schluss sein. Selbst VW bezeichnete das gestrige Urteil bereits als „Schlusspunkt“.


Lohnt sich ein Vorgehen?

Wenn auch Sie ein Fahrzeug besitzen, welches vom Abgasskandal betroffen ist und Sie Ihre individuellen Erfolgsaussichten im Dieselskandal prüfen wollen, dann nutzen Sie den Rückerstattungsrechner der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. Mit dem Rückerstattungsrechner können Sie sich als Betrogene im VW-Diesel-Skandal ausrechnen, wie viel Sie für ihr manipuliertes Fahrzeug noch von VW erhalten. Liegt der Wert höher als der aktuelle Marktwert, lohnt sich auch jetzt noch eine Klage gegen VW.

 


 

Zum Rückerstattungsrechner
 

 


Wer profitiert von dem BGH-Urteil?
  • Alle Betroffenen, deren Klagen anhängig sind. Dies sind bundesweit noch über 60.000.
  • Zudem all diejenigen, die den Vergleich in der Musterfeststellungsklage nicht angenommen haben sowie all diejenigen, die vom Vergleich in der Musterfeststellungsklage ausgenommen waren.
  • Doch auch alle Betroffenen, die bislang noch nichts unternommen haben, profitieren jetzt und sollten eine Klage keinesfalls wegen vermeintlicher Verjährung ausschließen.
Sind die Fälle nicht verjährt?

VW vertritt die Auffassung, dass die Ansprüche verjährt seien, wenn noch nicht geklagt wurde, da VW die Abgasmanipulationen im September 2015 bekannt gemacht hatte. Diese Frage ist jedoch bisher rechtlich nicht abschließend geklärt. Der BGH hatte sich hierzu nicht geäußert.

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE vertritt hier eine andere Auffassung als VW, denn eine ungeklärte Rechtslage kann den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist wegen Arglistigkeit hinausschieben. Dies hatte zuletzt im Übrigen u.a. auch das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz am 3. April 2020 entschieden (Az. 8 U 1956/19).

Die Richter am OLG Koblenz kamen zu dem Schluss, das mit der von VW bekanntgegebenen Ad-hoc-Mitteilung im September 2015 das sittenwidrige Verhalten nicht entfallen sei. Mit der Mitteilung habe VW zwar die Öffentlichkeit über Unregelmäßigkeiten bei der Abgasreinigung des Motors EA 189 informiert, doch dies sei für die Verjährungsfrage irrelevant, denn es wäre unangemessen, den Täter (VW) bei einer vollendeten sittenwidrigen Handlung mit Straflosigkeit zu belohnen, nur, weil er sein Handeln öffentlich machte. Am Ergebnis der Tat ändere das nämlich nichts.


Insofern ist es denkbar, dass die Verjährung erst mit dem gestrigen klarstellenden BGH-Urteil zu laufen begann, denn die “bewusste arglistige Täuschung” wurde erst im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. Mai bestätigt.

Auch das Landgericht Duisburg ging mit Urteil vom 20. Januar 2020 davon aus, dass der Beginn der Verjährung so weit hinausgeschoben werde, bis der BGH im Dieselskandal ein erstes Urteil spreche. Und das war gestern. Das heißt: Betroffene können noch bis Ende 2023 klagen und ihre Rechte gegenüber VW einfordern.

Wirkt sich das Urteil auch auf andere Hersteller wie Mercedes, BMW und Co. aus?

Ja, das gestrige Urteil wird sich auch auf andere Hersteller wie Mercedes, BMW, Volvo, Renault oder Toyota übertragen lassen und auch für diese Fälle Signalwirkung haben. Schließlich haben auch zahlreiche andere Hersteller betrogen und illegale Abschalteinrichtungen verbaut. Vor allem bei Mercedes dürften die Alarmglocken schrillen, schließlich gab es auch schon bei Mercedes verpflichtende Rückrufe des Kraftfahrt-Bundesamtes. Zuletzt war der Motor OM654 betroffen.

Das gestrige Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) stärkt schlagartig die Erfolgsaussichten für tausende Betroffene im Diesel-Abgasskandal. Ein ungemein wichtiges Urteil für den Verbraucherschutz.