Rechtliches

Videoüberwachung – Bußgeld über 10,4 Mio. € verhängt

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Bei Videoüberwachung ist für Arbeitgeber Vorsicht geboten: Überwacht ein Unternehmen seine Angestellten und die Kundschaft mit verdeckt angebrachten Kameras, kann dies zu einem hohen Bußgeld führen.

Ausgangsfall

Ein Unternehmen, das in Deutschland Notebooks vertrieb, hatte über mindestens zwei Jahre in seinen Verkaufsräumen die Beschäftigten per Video überwacht. Es waren verdeckte Kameras angebracht, die auch die Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager und Aufenthaltsbereiche erfassten. Nach Angaben des Unternehmens war der Grund für die Inbetriebnahme der Video-Anlage, Straftaten zu verhindern und aufzuklären sowie den Warenfluss in den Lagern nachverfolgen zu können.

Die Videoüberwachung war weder für einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte des Unternehmens beschränkt. Auch die Kundschaft des Unternehmens war von der Videoüberwachung betroffen. Einige Kameras waren nämlich auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet. Die erfassten Daten wurden in vielen Fällen 60 Tage gespeichert.

Videoüberwachung nur ausnahmsweise zulässig

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz des Landes Niedersachsen (LfD Niedersachsen)1 verhängte gegen das Unternehmen ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Mio. €. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass zunächst keine milderen Mittel, wie z. B. stichprobenartige Taschenkontrollen der Belegschaftsangehörigen beim Verlassen der Betriebstätte geprüft wurden, um etwaigen Diebstählen vorzubeugen. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten könne zwar rechtmäßig sein. Dies gelte aber nur, wenn ein begründeter Verdacht gegen konkrete Personen bestünde. In einem solchen Fall könne eine zeitlich begrenzte Überwachung mit Kameras zulässig sein.

Im vorliegenden Fall habe sich die Videoüberwachung aber weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt. Eine solche, nach Auffassung der Landesdatenschutzbeauftragten intensive Videoüberwachung, verstoße massiv gegen die Persönlichkeitsrechte der Belegschaft. Allein die abschreckende Wirkung der Videoüberwachung rechtfertigte keinen dauerhaften und anlasslosen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten.

Die betroffenen Kunden, die sich auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum aufgehalten hatten, um beispielsweise die angebotenen Geräte ausgiebig zu testen, hätten hohe schutzwürdige Interessen. Deswegen sei die in diesem Fall vorgenommene Videoüberwachung auch nicht verhältnismäßig gewesen. Die Speicherdauer von 60 Tagen sei darüber hinaus zu lang. Das Unternehmen akzeptierte das Bußgeld

Praxistipp:

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, im Fall der Videoüberwachung sehr sorgfältig vorzugehen und insbesondere das Für und Wider einer solchen Maßnahme vorab abzuwägen. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar im Jahr 2018 die Regeln für eine Videoüberwachung von Beschäftigten dahingehend gelockert, dass diese Form der Überwachung bei offen angebrachten Kameras zulässig sein könne, um Diebstähle zu verhindern bzw. aufzuklären. Auch eine verdeckte Videoüberwachung kann zulässig sein, wenn andere Maßnahmen nicht geeignet sind, Straftaten oder andere schwerwiegende Vertragsverfehlungen aufzudecken.

Nach der Rechtsprechung gibt es auch keine starren Zeitgrenzen, bis zu denen solche Aufnahmen verwertet werden müssen. Allerdings sind an die jeweiligen Voraussetzungen hohe Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass Bußgelder, insbesondere in der in diesem Fall festgesetzten Höhe, verhängt werden. Die Datenschutzgrundverordnung verschafft nämlich den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit, Geldbußen von bis zu 20 Mio. € oder bis zu 4 % des gesamten weltweiten erzielten Jahresumsatzes eines Unternehmens zu verhängen, je nachdem, welcher Betrag aus beiden Berechnungsansätzen der höhere ist.

1 LfD Niedersachsen – Pressemitteilung vom 08.01.2021

Besprochen in RdW 2021, Heft 10, Randnummer 190