Gefahrenabwehr

Definition der Hilfsfrist für Werkfeuerwehren

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Das Referat 9 der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb) und der Werkfeuerwehrverband haben ein Merkblatt mit dem Titel „Empfehlungen für die Definition der Hilfsfrist für Werkfeuerwehren“ veröffentlicht. Ziel ist eine einheitliche Definition der Hilfsfrist.

Allgemeines

Geht es um die Bemessung der Hilfsfrist bei einer Werkfeuerwehr, so werden häufig die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren herangezogen. Als Grundlage dann die Hilfsfrist des sogenannten kritischen Wohnungsbrandes herangezogen. Diese Hilfsfrist besteht aus verschiedenen Bereichen, nämlich aus einer Gesprächs- und Dispositionszeit, der Ausrückzeit sowie der Anfahrt zur Einsatzstelle.

1,5 Minuten wird hierbei für die Gespräch- und Dispositionszeit angenommen sowie 8 Minuten für das Ausrücken und die Anfahrt. Innerhalb dieser Zeit von 9.5 Minuten sollen 10 Feuerwehrkräfte vor Ort sein, nach weiteren 5 Minuten sollen weitere 6 Feuerwehrkräfte am Einsatzort eintreffen. Das Eintreffen zusätzlicher Feuerwehrkräfte innerhalb von 5 weiteren Minuten wird auch als zweite Hilfsfrist bezeichnet. Insgesamt sollen 16 Feuerwehrkräfte binnen 14.5 Minuten (1. Hilfsfrist mit 9.5 Minuten + 2. Hilfsfrist mit 5 Minuten) nach Annahme des Notrufes an der Einsatzstelle sein.

Hilfsfrist des kritischen Wohnungsbrandes eignet sich nicht

Allerdings bietet sich die Hilfsfrist des kritischen Wohnungsbrandes nicht als Grundlage für eine Werkfeuerwehr an: Zum einen zählt ein Wohnungsbrand eher weniger zu den typischen Einsätzen einer Werkfeuerwehr, zum anderen sind die Rahmenbedingungen gänzlich anders. Eine Werkfeuerwehr hat im Vergleich zu einer kommunalen Feuerwehr in der Regel keine langen Anfahrtszeiten. Dementsprechend müssen keine 8 Minuten in der Hilfsfrist berücksichtigt werden.

Zudem spielt die Organisation der Werkfeuerwehr eine tragende Rolle. Besteht diese aus hauptberuflichen Werkfeuerwehrkräften, so ermöglicht dies eine wesentlich schnellere Reaktionszeit als bei nebenberuflichen (freiwilligen) Werkfeuerwehrkräften. Auch erfolgt die Entgegennahme eines Notrufs häufig unter anderen Bedingungen. Während bei den öffentlichen Feuerwehren die Notrufe hauptsächlich telefonisch eingehen, erfolgen diese bei Werkfeuerwehren in der Regel durch den anlagentechnischen Brandschutz und der damit häufig vorhandenen Brandmeldeanlagen und garantieren dadurch eine deutlich schnellere Alarmierung, da diese automatisch erfolgt.

Merkblatt zur Definition der Hilfsfrist entwickelt

Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb) und der Werkfeuerwehrverband Deutschland haben ein Merkblatt mit dem Titel „Empfehlungen für die Definition der Hilfsfrist für Werkfeuerwehr“ veröffentlicht. Ziel des Merkblattes ist die passende Definition einer Hilfsfrist, welche den Anforderungen an Werkfeuerwehren gerecht wird. Dass die bisherige Anlehnung an die Hilfsfrist des kritischen Wohnungsbrandes nicht ideal ist, ist keine Neuheit und führte gerade bei den betrieblichen Feuerwehren zu Problemen, vor allem durch eine Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen und Ansätze für Werkfeuerwehren in den Bundesländern. Doch gerade eine Einheitlichkeit dieser Hilfsfristen ist eine wichtige Grundlage sowohl für die Planung und Bewertung der Einsatzfähigkeit einer Werkfeuerwehr als auch in der Praxis.

Die Definition der Hilfsfrist für die Werkfeuerwehr im Merkblatt verfolgt deshalb nun einen anderen Ansatz als bei kommunalen Feuerwehren. So setzt sich diese zusammen aus der:

  • Alarmierung der Einsatzkräfte
  • Ausrücke- und Anfahrtszeit
  • Eintreffen an der Einsatzstelle

Im Vergleich zur Hilfsfrist der öffentlichen Feuerwehr sieht dieser Ansatz keine Berücksichtigung einer Gespräch- und Dispositionszeit vor. Auch gibt es bei dieser Definition keine zweite Hilfsfrist und auch keine Benennung einer Anzahl an Einsatzkräften, die mit dieser verbunden sind. Letztlich ist das aber nicht verwunderlich, sowohl die Organisation als auch das Einsatzgebiet einer Werkfeuerwehr sehr unterschiedlich sein kann. Eine pauschale, mit der Hilfsfrist verbundene Anzahl an Feuerwehrkräften wäre für eine Werkfeuerwehr nicht sachgerecht, wobei es Ausnahmen aufgrund rechtlicher Vorgaben geben kann.

Generell wird die Hilfsfrist für eine Werkfeuerwehr auf 5 Minuten festgelegt. Konkret bedeutet das: Ab dem Zeitpunkt der Alarmierung der Einsatzkräfte bis zum Eintreffen hat eine Werkfeuerwehr 5 Minuten Zeit. Eine Werkfeuerwehr sollte dabei einen Erreichungsgrad von 90% erzielen. Natürlich kann es eine Vielzahl an Fällen geben, bei denen die Definition der Hilfsfrist von 5 Minuten nicht umgesetzt werden kann – etwa bei größeren oder getrennten Werkgeländen. In diesen Fällen wird man im Rahmen der Werkfeuerwehrbedarfsplanung reagieren müssen, so zum Beispiel mit unterschiedlichen Standorten und der Verteilung der Werkfeuerwehrkräfte.

Grundlage für die Hilfsfrist der Werkfeuerwehr

Wenngleich es sich beim Merkblatt nur um eine Empfehlung und nicht um eine verbindliche Vorgabe handelt, ist die Definition der Hilfsfrist nicht willkürlich getroffen. Sie orientiert sich vielmehr an gesetzlichen Grundlagen, gerade aus dem Baurecht. So findet man in der Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau ebenfalls eine Vorgabe von 5 Minuten. Eine weitere Grundlage ist die Muster-Richtlinie zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe, auch nach dieser Richtlinie muss die Werkfeuerwehr binnen 5 Minuten an der Einsatzstelle sein, um die Anforderung zu erfüllen. Bei dieser Richtlinie gibt es zudem den Zusatz der Festlegung einer personellen Mindeststärke einer Löschgruppe von 9 Feuerwehrkräften. Letztlich kann man also festhalten, dass die Definition der Hilfsfrist auf einer klaren fachlichen Grundlage beruht.

Abweichende Definitionen

Wie bereits dargestellt gibt es bei der Definition der Hilfsfrist für Werkfeuerwehren oder generell für nichtöffentliche Feuerwehren unterschiedliche Ansätze. Eine weitere Definition ist Gegenstand der VdS 2034, diese setzt sich zusammen aus:

  • Alarmierungszeit
  • Ausrückzeit
  • Anmarschzeit
  • Erkundungszeit
  • Entwicklungszeit

Die Meldezeit wird nach VdS 2034 bei der Hilfsfrist nicht berücksichtigt, wird aber mit 30 Sekunden angegeben. Für die Alarmierungszeit werden ebenfalls 30 Sekunden angesetzt und für die Ausrückzeit 30 Sekunden bis 2 Minuten. Hier kommt es maßgeblich darauf an, ob die Werkfeuerwehr aus hauptberuflichen Werkfeuerwehrkräften besteht oder ob es sich um nebenberufliche Feuerwehrkräfte handelt. Die Anmarschzeit wird mit 1 Minute beziffert, die Erkundungs- und Entwicklungszeit kann nicht beziffert werden, da sich jede Erkundung stark unterscheiden kann. Ist eine Rauchentwicklung oder Flammenschein erkennbar, ist eine Erkundung und die Gabe von Einsatzbefehlen schneller möglich, als wenn es keine sichtbare Anzeichen eines Brandes gibt.

Wie man letztlich erkennen kann, ist der Ansatz in der VdS 2034 in Teilen umfassender, aber auch unklarer. Nicht alle Intervalle der Hilfsfrist lassen sich pauschal in einem Zeitfenster definieren.

Weitere Erläuterungen und Anmerkungen

Werkfeuerwehren gehören zur Gruppe der nichtöffentlichen Feuerwehren, zu dieser Gruppen zählen auch die Betriebsfeuerwehr und die Dienstleistungsfeuerwehr. Die Werkfeuerwehr ist unter den nichtöffentlichen Feuerwehren die einzige Feuerwehrform, die auch im Sinne der Feuerwehrgesetze der Bundesländer geregelt ist. Grundlage bei der Bewertung der nichtöffentlichen Feuerwehr bildet unter anderem die VdS 2034.

Letztlich wird man den Maßstab der Hilfsfrist bei allen nichtöffentlichen Feuerwehren, damit auch bei der Betriebsfeuerwehr und der Dienstleistungsfeuerwehr, heranziehen müssen, um diese leistungsfähig zu halten. Je länger die Hilfsfrist ist, umso höher kann auch der Schaden durch eine Ausbreitung des Brandes sein.

Es kann allerdings zu Abweichungen kommen, etwa durch die Corona-Pandemie. Grundsätzlich sinnvolle Maßnahmen wie Home-Office oder verringerte Schichtstärken/verschiedene Arbeitszeiten können in einem Unternehmen mit einer auf nebenberuflichen Kräften basierte Werkfeuerwehr jedoch zu Schwierigkeiten führen. So kann hier unter Umständen eine definierte Hilfsfrist nicht eingehalten werden oder es kommt zu einem reduzierten Kräfteeinsatz.

 

Quellen: