Rechtliches

Anforderung an ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht

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An das Attest zur Befreiung vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sind bestimmte Bedingungen geknüpft. Vor allem muss für den Arbeitgeber aus dem Attest nachvollziehbar sein, warum der Arbeitnehmer keine Maske tragen kann.

Eine Logopädin war als einzige Beschäftigte in einer logopädischen Praxis angestellt. Nach der Rückkehr aus der Elternzeit wollte die Logopädin am 10.08.2020 ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Sie sollte dabei einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Die Logopädin verweigerte dies unter Vorlage eines ärztlichen Attests. Die Arbeitgeberin bot ihr daraufhin verschiedene Masken zum Ausprobieren und Trainieren an, auch sollte sie zusätzliche Pausen einlegen können. Es blieb aber bei der Anordnung, mit Maske zu behandeln.

Die Logopädin legte erneut ein ärztliches Attest vom 08.08.2020 vor. Aus dem Attest ging nicht hervor, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund eines Mund-Nasen-Schutzes zu erwarten seien und woraus diese im Einzelnen resultierten. Es war auch nicht erkennbar, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gekommen war. In dem Attest hieß es nur, dass das Maske-Tragen der Logopädin unzumutbar sei.

Kündigung wegen Arbeit ohne Maske

Die Arbeitgeberin schickte die Logopädin am 10.08.2020 nach Hause. Zwei Tage später erschien die Logopädin wieder zur Arbeit und wollte weiterhin ohne Maske arbeiten. An diesem Tage kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich zum Jahresende und stellte die Logopädin unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubs- und Freistellungsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Gegen die Kündigung erhob die Logopädin am 01.09.2020 Klage. Sie hielt die Kündigung für treuwidrig und machte einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 13 Urlaubstage geltend.

Unter dem 28.12.2020 erfolgte eine ärztliche Stellungnahme, in der lediglich allgemein von Störungen die Rede war. Es war nicht erkennbar, worin die Störungen bestanden, wie diese sich konkret äußerten und worauf sie beruhten. Unter physischen Beeinträchtigungen wie z.B. Asthma litt die Logopädin unstreitig nicht. Mit ihrer Klage hatte sie keinen Erfolg.

Arbeitgeberin musste Maskenpflicht anordnen

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts war die Kündigung – für die das Kündigungsschutzgesetz wegen der Kleinbetriebsregelung im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG nicht galt – nicht unwirksam.[1] Insbesondere war die Kündigung nicht treuwidrig, entschieden die Richter. Denn die Arbeitgeberin habe nach der zum damaligen Zeitpunkt gültigen Corona-Umgangsverordnung des Landes Brandenburg das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in Einrichtungen zur Erbringung von Dienstleistungen, auch in logopädischen Praxen, bei denen ein physischer Kundenkontakt stattfinde, zwingend vorgeschrieben.

Es sei nicht zu beanstanden, dass auf Grundlage der durchgeführten Gefährdungsanalyse die Arbeitgeberin die Verwendung des Schutzes angeordnet habe. Denn sie konnte zu Recht davon ausgehen, dass bei einer logopädischen Behandlung ein Abstand von 1,5 Metern nicht stets zu gewährleisten sei. Die Arbeitgeberin sei nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, zum Schutze der Gesundheit der Patienten und der Logopädin sowie zum Eigenschutz das Tragen einer Maske anzuordnen.

Auch im Hinblick auf das Risiko einer zeitweisen Schließung der Praxis infolge einer Infektion und Quarantäneanordnung sei die Entscheidung absolut nachvollziehbar. Sie sei weder willkürlich noch unangemessen.

Arbeitsgericht: Weigerung ist Verletzung von Arbeitsvertrag

Nachdem die Logopädin das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes während der Behandlung endgültig abgelehnt hatte, war sie für keine Einsatzmöglichkeit im Betrieb mehr vorhanden. Es fehlte der Logopädin auch die erforderliche Eignung, um ihre Arbeit zu verrichten. Hinzu komme, dass die von der Arbeitnehmerin vorgelegten Atteste nicht geeignet gewesen seien, eine wirksame Befreiung vom Maske-Tragen zu begründen. Es fehlten konkret nachvollziehbare Angaben, anhand derer die Arbeitgeberin das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen hätte prüfen können.

Die vorgelegten Atteste und die ärztliche Stellungnahme vom 28.12.2020 erweckten den Anschein von Gefälligkeitsbescheinigungen. Jedenfalls beruhe die ärztliche Bescheinigung erkennbar nicht auf einer seriösen medizinischen Einschätzung. Somit habe die Weigerung der Logopädin, einen Mund-Nasen- Schutz zu tragen, eine Arbeitsvertragsverletzung dargestellt.

Nach allem sei nicht ansatzweise erkennbar, warum die Entscheidung der Arbeitgeberin willkürlich oder unangemessen und die Kündigung treuwidrig sein solle. Unter diesen Voraussetzungen wäre die Kündigung auch bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt gewesen, und zwar sowohl wegen fehlender Einsatzmöglichkeit der Logopädin – damit betriebsbedingt – als auch wegen fehlender Eignung – damit personenbedingt – oder aufgrund einer Arbeitspflichtverletzung wegen Verweigerung der Arbeit – damit verhaltensbedingt.

Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestünde nicht. Denn durch die Freistellung unter Fortzahlung und der vertragsgemäßen monatlichen Vergütung sei vorbehaltlos die Zahlung des Urlaubsentgelts zugesagt und damit der Urlaubsanspruch erfüllt worden.

Praxistipp

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts dürfte auch über die Corona-Pandemie hinaus Bedeutung haben. Denn hiernach reichen allgemeine Floskeln in ärztlichen Attesten nicht, um als Arbeitnehmer die rechtmäßig angeordneten Schutzmaßnahmen abzulehnen. Vielmehr muss konkret beschrieben werden, aus welchen Gründen entsprechende Unzumutbarkeiten bestehen.

 

Entnommen aus RdW-Kurzreport 7/2022, Rn. 108.

[1] Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 17.06.2021 – 11 Ca 10390/20.