Rechtliches

Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate rechtswidrig

© kebox - stock.adobe.com

Mit Beschlüssen in mehreren Eilrechtsverfahren hat das Verwaltungsgericht Stuttgart festgestellt, dass der von sechs auf drei Monate verkürzte Corona-Genesenenstatus rechtswidrig bemessen ist. Grundlage hierfür war die von Bundestag und Bundesrat beschlossene und ab dem 15. Januar 2022 bundesweit in Kraft getretene Corona-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV). Die darin umgesetzte Vorgabe des Robert Koch-Instituts (RKI) verstoße gegen höherrangiges Recht.

Aufgrund von § 28c Infektionsschutzgesetz in der Fassung vom 22. November 2021 und des Beschlusses der Ministerpräsidenten vom 7. Januar 2022 haben der Bundestag und der Bundesrat am 14. Januar 2022 eine Verordnung zur Änderung der Covid19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung beschlossen. Darin waren grundsätzlich Ausnahmen von Quarantäne- und Isolationsverpflichtungen aufgrund von Impfung und Genesung definiert.

In § 2 Nr. 5 der geänderten Verordnung wurde mithilfe einer Subdelegation des Verordnungsgebers auf das RKI keine nähere Vorgabe getroffen, wann Betroffene den Nachweis des Genesenenstatus erhalten. Diese Entscheidung wurde allein dem RKI überlassen, das nach dem Wortlaut der Verordnung lediglich aufgefordert war, den aktuellen Stand der Wissenschaft zu beachten.

Das Verwaltungsgericht hält die Verordnung insoweit für rechtswidrig. Nach seiner Auffassung habe der Bund als Verordnungsgeber die ihm unter Vorbehalt der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat übertragene und für die Verwirklichung von Grundrechten essenzielle Entscheidung aus der Hand gegeben, wer als von Covid-19-Erkrankter als genesen gilt. Dies führe dazu, dass allein die wissenschaftlich-fachliche Einschätzung des RKI mit sofortiger Außenwirkung verbindlich werde.

Damit habe sich der Verordnungsgeber auch der Möglichkeit begeben, Grundrechtseingriffe abzumildern. Dies hätte durch Übergangsvorschriften erfolgen können, die es dem Betroffenen ermöglicht hätten, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, und sich beizeiten um einen Impftermin zu kümmern. Nach Auffassung der Richter sei es nicht Aufgabe des RKI, sondern des Verordnungsgebers, zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes über erforderliche Übergangsfristen zu befinden.

§ 2 Nr. 5 der Verordnung verstoße nach Ansicht der Richter mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebote der Normklarheit und Bestimmtheit. Abschließend stellte das Verwaltungsgericht fest, dass für die Antragsteller damit die Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 in der Fassung vom 8. Mai 2021 gelte. Sie sieht einen Corona-Genesenenstatus von sechs Monaten vor.

 

Entnommen aus RdW-Kurzreport, 10/2022, S. 441.