Der Beitrag widmet sich dem Verhältnis von Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht und erörtert, inwiefern die allgemeine Aufsicht durch die fachspezifische Datenschutzaufsicht verstärkt wird.
Nach der Entscheidung des bayerischen Gesetzgebers nimmt der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz (BayLfD) die Datenschutzaufsicht bei den bayerischen öffentlichen Stellen wahr (vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Datenschutzgesetz – BayDSG). Dazu zählen nicht nur die staatlichen Stellen des Freistaates Bayern, sondern auch die öffentlichen Stellen des bayerischen kommunalen Bereichs, insbesondere auf der Gemeindeebene.
Das Beispiel der Gemeinden
Die Gemeinden sind zugleich einer allgemeinen staatlichen Aufsicht unterworfen, die je nach Aufgabenkreis die Gestalt einer Rechtsaufsicht oder einer Fachaufsicht annimmt. Ungeachtet der Unterschiede im Detail, zielen beide Formen der Kommunalaufsicht jedenfalls auch darauf ab, dass die beaufsichtigten Stellen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überwacht und – soweit erforderlich – „auf den rechten Weg gewiesen“ werden.
Dieses Ziel verfolgt die Datenschutzaufsicht für ihren Bereich ebenfalls. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass aufsichtführende Stellen gelegentlich Bürgerinnen und Bürgern oder dem Landesbeauftragten gegenüber die Auffassung vertreten, die Ausübung der Rechts- oder Fachaufsicht sei unstatthaft, wenn es um die korrekte Anwendung von Datenschutzrecht gehe.
Diese Position mag zwar auf den ersten Blick eine „Doppelbefassung“ vermeiden helfen und so dem Wunsch nach einem „schlanken Staat“ entsprechen; mit dem geltenden Recht steht sie aber nicht in Einklang. Illustriert sei dies im Folgenden am Beispiel der Aufsicht über die Gemeinden.
In seinem unten vermerkten 33. Tätigkeitsbericht 2023 vom 17.09.2024 führt der BayLfD im Einzelnen unter Nr. 2.8 insoweit aus:
Verhältnis von Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht
„Die Gemeinden unterliegen in ihrem eigenen Wirkungskreis der Rechtsaufsicht, die bei kreisangehörigen Gemeinden vom Landratsamt, bei kreisfreien Gemeinden von der Regierung wahrgenommen wird. Art. 110 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) bestimmt zum Inhalt der Rechtsaufsicht:
,In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises … beschränkt sich die staatliche Aufsicht darauf, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen der Gemeinden und die Gesetzmäßigkeit ihrer Verwaltungstätigkeit zu überwachen (Rechtsaufsicht).‘
Soweit ,die Gesetzmäßigkeit [der] Verwaltungstätigkeit‘ Gegenstand der Rechtsaufsicht ist, bestehen keine inhaltlichen Eingrenzungen dahin, dass bestimmte Rechtsgebiete ausgenommen wären. Auch aus dem Datenschutzrecht lassen sich solche Eingrenzungen nicht ableiten. Normen, welche die Überwachung datenschutzrechtlicher Vorgaben explizit von der Rechtsaufsicht ausnehmen, kennt weder die Datenschutz-Grundverordnung noch das bayerische Landesrecht.
Administrative Selbstkontrolle
Indem Art. 77 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde ,unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs‘ gewährt, erkennt der Normgeber nicht nur an, dass der Rechtsschutz durch die Datenschutz-Aufsichtsbehörde neben den gerichtlichen Rechtsschutz tritt; er macht auch deutlich, dass national bestehende Instrumente der administrativen Selbstkontrolle (,verwaltungsrechtliche[r] … Rechtsbehelf‘) in der ,Welt der Datenschutz-Grundverordnung‘ einen Platz haben oder behalten können.
Dem im deutschen Recht als Instrument dieser Art etablierten Antrag auf Einschreiten einer allgemeinen Aufsichtsbehörde stehen die Regelungen zum Beschwerderecht nicht entgegen. Die Wahrnehmung der Rechtsaufsicht erfährt auf verfahrensrechtlicher Ebene mithin ebenfalls keine Eingrenzung.
In die gleiche Richtung weist die in Art. 3 Abs. 1 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) getroffene Regelung. In dieser Vorschrift heißt es: ,Die … Staatsministerien und … die Gemeinden … haben für ihren Bereich die Ausführung der DSGVO, dieses Gesetzes sowie anderer Rechtsvorschriften über den Datenschutz sicherzustellen.‘
Aus dieser Norm folgt zwar nicht, dass das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration als datenschutzrechtlich gesamtverantwortliche Stelle für sämtliche bayerische Kommunen fungiert – dies wäre mit der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 Verfassung des Freistaates Bayern) kaum zu vereinbaren –; vielmehr nehmen die Kommunen diese Aufgabe je für sich wahr.
Gegenseitige Ergänzung
Was den Umfang der Rechtsaufsicht betrifft, die nach Art. 110 Abs. 1 Satz 1, 2 GO eine staatliche Aufgabe ist, steht jedoch Art. 3 Abs. 1 BayDSG einer ,Ausgrenzung‘ der Gesetzmäßigkeitskontrolle im Bereich des Datenschutzrechts entgegen.
Nur ein solches Verständnis der Vorschrift stellt sicher, dass die in der Praxis essenzielle Regelung zum Beanstandungsrecht des Landesbeauftragten (Art. 16 Abs. 4 BayDSG), das (eben auch) die Rechtsaufsichtsbehörde für eine Korrektur datenschutzwidrigen Verhaltens beaufsichtigter Stellen in Anspruch nimmt, nicht ins Leere läuft.
Für die Fachaufsicht, die jedenfalls auch die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit beaufsichtigter Stellen erfasst (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GO: ,auch‘), gelten diese Überlegungen entsprechend; zu berücksichtigen sind hier allerdings fachspezifische Vorgaben für die Bestimmung der aufsichtführenden Stellen (vgl. Art. 115 Abs. 1 GO).
Insgesamt ist festzuhalten, dass sich Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht nicht wechselseitig begrenzen, sondern ergänzen; die allgemeine Aufsicht ist durch die fachspezifische Datenschutzaufsicht verstärkt.“
(…)
Fazit
„Wie am Beispiel der Rechts- und Fachaufsicht über bayerische Gemeinden erläutert, begrenzt die Datenschutzaufsicht nicht die allgemeine Aufsicht. Vielmehr liegen hier zwei gangbare Wege, bei den beaufsichtigten Stellen auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit hinzuwirken, nebeneinander.
Je nach Lage des Einzelfalls kann einmal die Datenschutzaufsicht durch die allgemeine Aufsicht, ein anderes Mal die allgemeine Aufsicht durch die Datenschutzaufsicht effektiviert werden. Mit den gebotenen Modifikationen lassen sich die dargestellten Grundsätze auch auf andere Aufsichtsverhältnisse übertragen, nicht nur auf die Bereiche der Landkreise und Bezirke, sondern auch, was andere Körperschaften sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts betrifft.“
33. Tätigkeitsbericht 2023 des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz vom 17.09.2024
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Bayern 23/2024, Rn. 261.