Prävention Sicherheit

Kinder als Betroffene von Häuslicher Gewalt

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Noch immer wird fälschlich davon ausgegangen, dass bei Häuslicher Gewalt, bei der „nur“ ein Elternteil geschlagen wurde, keine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Wenn der geschlagene Elternteil später Probleme damit hat, das Kind dem schlagenden Partner zu Umgängen „auszuliefern“, wird ihm nicht selten ein Verstoß gegen die sog. Wohlverhaltenspflicht unterstellt.

Dies kann bis zu einer Umkehr des Sorgerechts führen. Überlässt er das Kind jedoch leichtfertig dem anderen Elternteil, kann er sich u. U. wegen eines Verstoßes gegen seine Fürsorgepflicht gemäß § 171 StGB strafbar machen.

Einführung

Am 14.05.2024 haben der europäische Rat und das europäische Parlament eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt verabschiedet. Begründet wird dies damit, dass sich die geltenden Bestimmungen auf nationaler und Unions-Ebene als unzureichend erwiesen haben, um Gewalt gegen Frauen und Häusliche Gewalt wirksam zu bekämpfen und zu verhüten.

Die Richtlinie fordert die EU-Staaten auf, diese Defizite in den kommenden drei Jahren abzustellen und dafür ein umfassendes Regelwerk zu schaffen.[1] Ein besonderes Augen- merk der Richtlinie liegt auf dem Schutz betroffener Kinder vor Häuslicher Gewalt.

Erhebliche Defizite

Diesbezüglich hat der aktuelle GREVIO-Bericht auch in Deutschland erhebliche Defizite festgestellt, was die Umsetzung der Istanbul-Konvention angeht. Hier wird beanstandet, dass das deutsche Familien- und Strafrecht sowie die Verfahrensregelungen und die Gerichtsstrukturen keinen ausreichenden Schutz von Frauen und Kindern vor sexualisierter und/oder Häuslicher Gewalt bieten.[2]

Laut Richtlinie muss sich das Handeln der Behörden und der Justiz im Zusammenhang mit Gewalt (meist an Müttern) im Hinblick auf die Kinder verändern. Mit den Regelungen der Richtlinie sollen explizit die Rechte des Kindes[3] gestärkt werden, zum Beispiel durch die Anerkennung von Zeugen, die Kinder sind, als direkte Opfer von Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt und durch die Einleitung spezifischer Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von Kindern sowie durch die Verpflichtung, Fälle unter Berücksichtigung des Wohles des Kindes zu behandeln.

Miterlebte Häusliche Gewalt als Kindeswohlgefährdung

Das bedeutet, dass Kinder, die Zeugen von direkter Gewalt gegen Frauen und Häuslicher Gewalt werden, selbst als Gewaltopfer anerkannt werden müssen. Damit ist auch miterlebte Häusliche Gewalt eine Kindeswohlgefährdung. Das ist in der Folge bei allen Entscheidungen, auch die Umgangs- und Sorgerechte betreffend, zu berücksichtigen.

Die aktuell immer wieder geübte Praxis ist leider, dass in derartigen Fällen eben nicht das Kindeswohl im Mittelpunkt steht. Häufig wird Gewalt gegen ein Elternteil in Gerichtsverfahren in Zusammenhang mit dem Sorgerecht nicht berücksichtig, was die Verfasser im Folgenden konkret ausführen werden.

(…)

Zu den Autoren s. Deutsche Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie im Deutschen Polizeiblatt (DPolBl) 2.2025, S. 28 ff.

[1] Richtlinie (EU) 2024/1385 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.05.2024 zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (5), S. 1.

[2] GREVIO-Evaluation Report zum Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland vom 07.10.2022, https://www.coe.int/en/web/istanbul-convention/grevio, zul. 19.07.2024.

[3] Vgl. Artikel 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, https://dejure.org/gesetze/GRCh/24.html, zul. 19.07.2024.