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„Identitäre Bewegung“ – Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit

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Das Verwaltungsgericht Freiburg hat geurteilt, dass die Unterstützung der „Identitären Bewegung Deutschland“ zur waffenrechtlichen Regelunzuverlässigkeit führt, da diese Vereinigung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt.

Ein Waffenbesitzer beantragte am 20.05.2019 beim Landratsamt (LRA) die erstmalige Ausstellung eines Jagdscheins. Im Zuge der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung teilte das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV BW) dem Landratsamt am 29.05.2019 mit, der Waffenbesitzer sei seit dem Jahr 2017 im Zusammenhang mit der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung Deutschland“ amtsbekannt.

Sachverhalt

Am 21.04.2018 habe er an der europäischen Kampagne „Defend Europe“ Alpenmission der „Identitären Bewegung“ teilgenommen. Hier hätten die Aktivisten eine Grenzstation in den französischen Alpen aufgebaut, um gegen die Migrationspolitik der französischen Regierung zu protestieren. Die „Identitäre Bewegung Schwaben“ habe auf Facebook einen Erlebnisbericht veröffentlicht, der Waffenbesitzer sei auf einem zum Artikel gehörenden Foto dort auch abgebildet.

Am 30.06.2018 sei er ferner Teilnehmer einer Flyer-Aktion der „Identitären Bewegung Schwaben“ gewesen, wo die Aktivisten auf die Probleme der aktuellen Einwanderungspolitik aufmerksam gemacht hätten. Am 18.08.2018 sei er an einem von der „Identitären Bewegung Schwaben“ betriebenen Informationsstand beteiligt gewesen. Er sei Gründungsmitglied des Schwäbischen Kulturvereins e.V.; bei diesem 2017 gegründeten Verein könnte es sich um einen möglichen Scheinverein der „Identitären Bewegung Schwaben“ handeln.

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Aktive Beteiligung an „Identitärer Bewegung“

Er habe ferner an einem Fasnachtsumzug mit einer „Kleingruppe“ teilgenommen, die sich mit Transparenten und Plakaten gegen die derzeitige Regierungs- und Zuwanderungspolitik gewandt habe. Mit Schreiben vom 08.10.2019 hörte das LRA den Betroffenen zur beabsichtigten Ablehnung der Erteilung des Jagdscheins an. Dieser entgegnete hierauf am 23.10.2019, er sei mehrjähriger Inhaber eines Kleinen Waffenscheins.

Ebenso habe er von 2008 bis 2010 Dienst an der Waffe in der Bundeswehr und einen Eid auf die Bundesrepublik Deutschland geleistet, der nach wie vor gültig sei. Die ihm vorgeworfene Teilnahme an mehreren Aktionen sei stets im Rahmen der freien demokratischen Grundordnung erfolgt und gedeckt sowie behördlich genehmigt gewesen. Er sei weder rechtsextremistisch noch gewalttätig.

Ausstellung des Jagdscheins abgelehnt

Er verweise auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Köln und Berlin, in welchen dem Bundesamt für Verfassungsschutz untersagt worden sei, die „Identitäre Bewegung Deutschland“ als gesichert rechtsextrem einzustufen.

Mit Bescheid vom 16.04.2020 lehnte das LRA die Ausstellung eines Jagdscheins ab. Zur Begründung führte die Untere Jagdbehörde unter Zugrundelegung der vorgenannten Stellungnahmen des LfV BW und des LKA BW aus: Aufgrund der aktiven Zugehörigkeit des Betroffenen zur „Identitären Bewegung Deutschland“ würden i. S. d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Waffengesetz (WaffG) Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigten, dass er die waffenrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung des Jagdscheins nicht erfülle.

„Identitäre Bewegung“ gesichert rechtsextrem

Die „Identitäre Bewegung Deutschland“ werde seit Juli 2019 vom LfV BW als gesichert rechtsextremistische Bewegung mit Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eingestuft. Die Positionen der Bewegung seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, weil diese insbesondere mit fremden- und islamfeindlichen Positionen auftrete.

Menschen ohne gleiche ethnische Voraussetzungen könnten danach nicht Teil einer gemeinsamen Kultur sein. Ein Volk habe eine „ethnokulturelle Identität“, die sich durch jeweils eine gemeinsame Sprache, Kultur, Herkunft und Religion auszeichne.

Verfassungsfeindliche Bestrebungen

Ein derartiges Verständnis des Volksbegriffs führe zur Ausgrenzung bestimmter Bevölkerungsteile und stehe im Widerspruch zu elementaren Werten der Verfassung wie der Unantastbarkeit der Menschenwürde und dem Gleichheitsgrundsatz.

Meinungsäußerungen der „Identitären Bewegung“, ihrer Unterorganisationen oder deren Mitgliedern legten es nahe, dass sie in der Absicht einer Änderung der realen politischen Verhältnisse abgegeben würden und mithin gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien.

Durch die Teilnahme an mehreren, teils aufwändigen Veranstaltungen habe der Betroffene diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen auch aktiv verfolgt und unterstützt. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 28.04.2020 begründete er damit, dass er fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehe und als Soldat einen Eid auf die Verfassung abgelegt habe.

Was ihm aber missfalle, sei die Tatsache, dass sich die Altparteien nicht an geltendes Recht gehalten hätten, als sie widerrechtlich ohne Grenzkontrollen hunderttausende Flüchtlinge ins Land gelassen hätten.

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Verwaltungsgericht Freiburg, Urt. v. 27.11.2023 – 6 K 1103/22

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 3/2025, Rn. 17.