Produkt- und Markenpiraterie stellt eine zunehmende Bedrohung für europäische Unternehmen dar, weil sie hohe Investitionen gefährdet, die aufgrund wirtschaftlicher und politischer Veränderungen erforderlich sind. Ein effektiver Schutz des geistigen Eigentums ist essenziell, um die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität europäischer Unternehmen langfristig zu sichern.
Zu den häufigsten Formen der Produkt- und Markenpiraterie gehören die Herstellung und der Verkauf von Produkten, die Originale imitieren, insbesondere indem sie das Aussehen nachahmen und gegebenenfalls auf den Originalen platzierte Markennamen und Logos anbringen, um Verbraucher zu täuschen. Zudem gibt es Nachahmungen besonders beliebter technischer Funktionalitäten, die für die Verbraucher ein wichtiges Kaufargument sind.
Enorme Umsatzeinbußen
Unternehmen sind in mehrfacher Hinsicht von den Auswirkungen der Produkt- und Markenpiraterie betroffen. Dazu zählen insbesondere enorme Umsatzeinbußen, weil Verbraucher gefälschte Produkte anstelle der Originale erwerben, und Imageschäden durch die teils mangelhafte Qualität gefälschter Produkte.
Aufgrund der zum Beispiel über Online-Plattformen einfach im europäischen Markt einzuführenden Produktimitationen können diese Auswirkungen sehr schnell und umfangreich eintreten, sodass daraus resultierende Schäden umgehend nachhaltige Auswirkungen haben können.
Vertrauensverlust
Dem frühzeitig und mit möglichst effizienten Mitteln entgegenwirken zu können, ist folglich ein besonders wichtiger Sicherheitsaspekt aus Unternehmenssicht. Geht das Vertrauen der Kunden verloren oder wird der Ruf durch gefälschte Produkte beschädigt, kann das gravierende betriebliche Risiken mit sich bringen.
Unternehmen müssen sich medial, gerichtlich und ggf. mit zusätzlichem finanziellem Aufwand wehren, damit nicht auch noch das Vertrauen von Mitarbeitern, Investoren und Kooperationspartnern bröckelt.
Um sich effektiv vor diesen Gefahren und Risiken zu schützen, sind verschiedene vorbereitende Maßnahmen erforderlich.
Rechtliche Schutzmechanismen
Dazu zählen rechtliche Schutzmechanismen wie die Anmeldung von Patenten, Marken und Designs sowie die regelmäßige Überwachung von Märkten und Online-Plattformen. Mit Patenten können neue technische Funktionalitäten von Produkten sowie besonders günstige Herstellungs- oder Bedienungsverfahren über einen langen Verkaufszeitraum monopolisiert werden.
Marken können als wertvoller Hinweis auf das Unternehmen im Zusammenhang mit bestimmten Waren oder Dienstleistungen geschützt werden. Und zu der im Endabnehmersegment immer wichtiger werdenden äußeren Erscheinungsform eines Produkts lässt sich ein Designschutz registrieren.
Offensichtlich ist dabei, dass sich jedes Produkt unterschiedlich umfangreich und effizient schützen lässt, sodass oft eine kombinierte Schutzstrategie hier final zum Erfolg führt.
Durchsetzung von Schutzrechten
Unternehmen sollten sodann ihre Schutzrechte konsequent durch Abmahnungen und Klagen durchsetzen. Dafür müssen die Schutzrechte ausgerichtet sein. Mit einem erfahrenen, informierten Team an Rechts- und Patentanwälten können fallspezifisch und schnell auf Basis dieser Schutzrechte Maßnahmen ergriffen werden, um den fortgesetzten Verkauf einer erkannten Fälschung unverzüglich zu stoppen.
Hierbei erscheint auch eine starke internationale Vernetzung der Rechtsexperten, insbesondere in Europa, wesentlich, denn Importwege, der Sitz der Vertriebsgesellschaften, die Online-Plattformen und die Präsentationsmessen können Produktfälscher relativ frei wählen oder anpassen.
Diese Operationsfreiheit auf der einen Seite und die in Europa erreichbaren hohen Margen begünstigen sog. Großplagiatoren, deren Geschäftszweck die Nachahmung unterschiedlichster Produkte sind.
Technologische Schutzmaßnahmen
Zusätzlich und soweit dies mit dem Produkt oder der Dienstleistung des Unternehmens vereinbar ist, können technologische Schutzmaßnahmen wie Sicherheitsmerkmale (z. B. Hologramme oder QR-Codes), verschlüsselte Seriennummern sowie Blockchain-Technologien zur Nachverfolgbarkeit von Produkten zusätzliche Sicherheit bieten.
Darüber hinaus sollten Unternehmen verstärkt medial auf ihre besonderen Schutzmaßnahmen hinweisen, um potenziellen Produktfälschern bereits frühzeitig zu signalisieren, dass sie die Produkte nur mit großem Aufwand und dann mit nur kurzer Zeit in den Verkehr bringen können.
Kooperation mit Partnern und Behörden
Weiterhin ist die vorausschauende Kooperation mit Partnern und Behörden entscheidend. Markteilnehmer, wie Kooperationspartner, Vertriebspartner etc., können bezüglich der Besonderheiten der Produkte geschult und sensibilisiert werden. Dies kann die schnelle Entdeckung von Plagiaten begünstigen.
Die vorbereitende Zusammenarbeit mit Zoll- und Strafverfolgungsbehörden ermöglicht dann eine sofortige Beschlagnahmung gefälschter Waren. Auch der Aufbau eines unternehmensinternen Sicherheitsmanagementsystems zur kontinuierlichen Überprüfung der Lieferketten kann helfen, Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu minimieren.
Die Einführung von Frühwarnsystemen sowie regelmäßige Audits und Risikobewertungen sind unerlässlich, um Sicherheitslücken innerhalb der Unternehmensstruktur zu erkennen und zu schließen.
Interne Sicherheitsvorkehrungen
Zusätzlich sollten Unternehmen interne Sicherheitsvorkehrungen verstärken, um den ungewollten Abfluss sensibler Informationen zu verhindern. Dazu gehören:
- Strenge Zugriffsrechte: Der Zugang zu sensiblen Daten, insbesondere bei Produktneuentwicklungen, sollte nur autorisierten Mitarbeitern gewährt werden.
- Mitarbeiterschulungen und Sensibilisierung: Regelmäßige Schulungen zu den unternehmenseigenen (geschützten) Technologien, Sicherheitsrisiken und Verhaltensrichtlinien helfen, das Bewusstsein für Bedrohungen zu schärfen und Fehlverhalten zu minimieren.
- Verhaltenskodex für Mitarbeiter: Ein klar definierter Verhaltenskodex trägt dazu bei, Sicherheitsrisiken zu minimieren und die Unternehmenswerte zu stärken.
- Schutz der digitalen Infrastruktur: Firewalls, Intrusion-Detection-Systeme und mehrstufige Authentifizierungsverfahren sichern die IT-Systeme des Unternehmens. Der Einsatz moderner Verschlüsselungsmethoden für sensible Daten schützt vor unbefugtem Zugriff und Datendiebstahl.
- Vertrags- und Geheimhaltungsmanagement: Mitarbeiter, Geschäftspartner und Lieferanten sollten durch vertragliche Geheimhaltungsvereinbarungen verpflichtet werden, vertrauliche Informationen zu schützen.
- Lieferanten- und Partnerüberprüfungen: Die Auswahl und Kontrolle von Lieferanten sowie Partnern sollte unter Berücksichtigung strenger Sicherheitsrichtlinien erfolgen, um das Risiko von Industriespionage und Informationslecks zu minimieren.
- Internes Notfall- und Krisenmanagement: Unternehmen sollten detaillierte Notfallpläne für den Fall eines Sicherheitsvorfalls ausarbeiten und regelmäßig Notfallübungen durchführen.
Fazit
Abschließend ist festzuhalten, dass Unternehmen eine umfassende Strategie entwickeln müssen, um sich wirksam gegen Produkt- und Markenpiraterie zu schützen. Europa mit seinen diversen Rechtsordnungen, Schutzrechten und Gerichten bietet hierfür einen Pool an Maßnahmen, die von den erfahrenen Fachleuten des Gewerblichen Rechtschutzes selektiv in Anspruch genommen werden können.
Eine solche Kombination von rechtlichen, technologischen und kooperativen Maßnahmen sowie einer verstärkten Beachtung aller Sicherheitsaspekte können langfristige wirtschaftliche Schäden und Imageverluste für die Unternehmen in Europa abwenden.
Vertiefende Ausführungen des Autors zum Thema „Schutz vor Produkt- und Markenpiraterie“ finden Sie im Handbuch Unternehmenssicherheit des Richard Boorberg Verlags (S. 235–253).
