Gefahrenabwehr

Risikomanagement: Unternehmensrisiken – Compliance – Vertragssicherheit







Die 13. Ergänzung zum Werk Ohder (Hrsg.), Unternehmensschutz – Praxishandbuch ist in Vorbereitung und erscheint im März 2012. Hier ein Vorabdruck zu Kapitel C 7 in Kurzfassung:

Risikomanagement: Unternehmensrisiken – Compliance – Vertragssicherheit.

Unternehmensrisiken – Compliance – Vertragssicherheit

In allen Unternehmen, Produktionen, öffentlichen Bereichen und Sicherheitsdienstleistungen müssen durch die Verschlankung von Prozessen weniger Menschen mehr Aufgaben übernehmen. Gründe dafür sind anhaltender Wettbewerbsdruck und Kostensenkung, um wettbewerbsfähig zu sein.

Kooperationen sind eine Herausforderung, da neben den ständig geänderten steuer- und gewerberechtlichen Vorgaben hohe Administrationsschwellen und Rechtsregelungen sowie behördliche Vorgaben vorgeschrieben sind. Kleinere Unternehmen sind mit diesen besonderen Anforderungen überfordert und lagern sie kostenträchtig an Fach- oder Facility-Firmen aus.

Compliance

Mit der Schmiergeldaffaire eines Großkonzerns vor zwei Jahren haben Handlungen von Unternehmen eine neue Bedeutung erfahren. Kunden, die Lieferanten einsetzen, wollen Imageschäden und Umsatzeinbußen vermeiden und sichern sich ab, indem sie von Lieferanten zu Angeboten Erklärungen abgeben lassen, z.B. dass keine dolosen (vorsätzliche, rechtswidrige) Handlungen vorgenommen werden.

Da sich Unternehmen, Behörden und Organisationen in einem immer dichteren Geflecht nationaler und internationaler Vorschriften bewegen, laufen sie Gefahr, den hohen Regelanforderungen nicht mehr gerecht zu werden. Deshalb ist zur Wahrnehmung der Compliance immer eine Abteilung des Unternehmens, i.d.R. Revisionsabteilung oder Rechtsabteilung, zu beauftragen. Compliance bezeichnet die Einhaltung der Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Vorschriften und das Handeln der Mitarbeiter im Rahmen von freiwilligen Verhaltensrichtlinien ihres Unternehmens, z.B. „Code of Conduct“, um jedwede Rechtsverstöße nachhaltig zu vermeiden. Fehlende Compliance stellt ein hohes Risiko dar, da Regelverstöße von der Justiz geahndet werden und neben wirtschaftlichem Schaden auch beträchtlichen Imageschaden bedeutet.

Überwachungssystem zur Früherkennung

Geht ein Unternehmen schon in der Personalbeschaffung Risiken ein, häufen sich Risiken in derWertschöpfungskette und in nicht überschaubaren Bereichen im In- und Ausland. Karge Erträge werden durch Fehler, Schäden oder Vertragsstrafen bis zur Insolvenz verschlungen. Zum Schutz vor Risiken wurde das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) eingeführt.

Auch nach § 91 Abt. 2 AktG “ …hat der Vorstand geeignete Maßnahmen treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit der Vorstand die für den Fortbestand der Gesellschaft gefährdenden Entwicklungen früh erkennen kann.“

Durch dieses Überwachungssystem sollen gefährdende Entwicklungen vermieden oder frühzeitig entdeckt werden, um Abhilfemaßnahmen zu schaffen. Die Forderung aus dem Aktiengesetz ist sinngemäß auf die GmbH zu übertragen.

Vertragssicherheit

Rechts- und/oder Vertragsrisiken werden oft auf den Auftragnehmer/Lieferanten übertragen. Dem Auftraggeber schaden aber eine mangelnde Haftung oder nicht ausreichende Versicherungsdeckung des Auftragnehmers, langwierige Gerichtsstreitigkeiten oder ein kurzfristiger Produktionsausfall mehr als geringe, nutzenorientierte Mehrkosten für qualitätsorientierte Auftragnehmer. Ein Assessment zahlt sich bei der Partnerwahl je nach Auftragsgröße oder Bedeutung aus. Dennoch ist es notwendig, Grundsätzliches in der Ausschreibung oder im Vertrag festzuschreiben und die Leistungsbeschreibung mit Messkriterien bzw. Key Performance Indicators (KPI) oder Service-Level-Agreements (SLA) eindeutig zu dokumentieren.

Liest man die Vertragsinhalte, so hat man zunehmend den Eindruck, es sei ein Wettbewerb unter den Juristen ausgebrochen, die immer wieder neue Spitzfindigkeiten ausformulieren, ohne dass es aus der Rechtsprechung Zwänge gibt. So können im Produktionsbereich durchaus Vertragsabsicherungen eine Beweislastumkehr erforderlich machen, nicht jedoch eine normale Sicherheitsdienstleistung.

In einigen Verträgen werden Verstöße gegen Datenschutz und/oder Geheimhaltungsverpflichtung mit 500 TEUR pro Verstoß geahndet, bei einem Jahresumsatzvolumen von ca. 40 TEUR.

Wird mit einem Facility-Unternehmen oder einem Baukonzern für Erstellung von Objekten ein Werkvertrag geschlossen, wird dieser häufig auch für die Sicherheitsdienstleistungen angewendet. Notwendig wären unterschiedliche Vertragstypen, für den Errichter von Gebäuden oder Sicherheitssystemen ein Werkvertrag mit der Zielrichtung, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen Erfolg schuldet sowie für das Dienstleistungsunternehmen ein Dienstleistungsvertrag für eine geschuldete fehlerfreie Dienstleistung ohne Erfolg.

Der jeweilige Vertragstyp sieht für Verstöße ausreichende Handlungsmöglichkeiten vor. Selbst bei der Herstellung von Produkten ist die Produkthaftung eindeutig geregelt.

Risiken und Verrechnungssätze

Vertragsstrafen sind zumeist überzogen oder nicht konkretisiert. Eine „angemessene Minderung“ oder „x Prozent aus der Jahresbruttoauftragssumme“ ohne eine maximale Begrenzung, wird bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung zeigen, was die Formulierung wert ist. Eine Begrenzung ausschließlich auf die fehlerhafte Dienstleistung und Höhe des Betrages oder einmalig oder eine Summe pro Vorfall, maximal aber x Euro pro Kalenderjahr, könnte Streitigkeiten vermeiden, zumal die maximale Höhe per Gesetz begrenzt ist.

So wie sich der Auftraggeber vor Risiken schützt, so schützt sich auch der Auftragnehmer, wenn er das Know-how dazu besitzt. Risiken und der Ertrag müssen annähernd in einem Gleichgewicht stehen. Dies bedeutet für den Auftragnehmer, dass er zwangsläufig Risiken aus nicht versicherbaren Vertragsstrafen, Garantien oder Gebühren aus Bankbürgschaften oder Zinsen für Abzüge von 5-10% aus der Rechnung bis zur Vertragsbeendigung kalkulieren muss, was die Dienstleistung verteuert.

Ein Dienstleistungsunternehmen, welches das nicht berücksichtigt, wird bei den ohnehin spärlichen Verrechnungssätzen mittelfristig Geld mitbringen. Die Folge ist, es spart wo immer möglich, an der Qualität, der Ausbildung der Mitarbeiter oder es erbringt nicht die vertraglich geforderte Leistung.

Eine vermeintliche Vertragssicherheit zeigt sich spätestens, wenn der erste Schaden entsteht und die Haftpflichtversicherung des Dienstleistungsunternehmens eintritt. BDSW-Mitglieder sind weitestgehend bei einem leistungsstarken Haftpflichtversicherer versichert. Kleinere Unternehmen vertrauen auf die Pflichtversicherung gemäß Bewachungsverordnung, ohne zu wissen, dass sie bereits beim ersten Schaden ihre Existenz gefährden können.

Unzureichende Haftpflichtversicherungen

Ist die Haftpflichtversicherung des Auftragnehmers nicht ausreichend muss der Auftraggeber den Schaden ggf. über seine eigene Haftpflichtversicherung abwickeln, ggf. mit der Folge der Erhöhung seiner Versicherungsprämien. Das ist ein weiterer Grund für den Auftraggeber, sich einen leistungsstarken Partner zu suchen. Ein Auftragnehmer, der sein Versicherungs- und Ausschlusspaket nicht kennt, wird Risiken erst gar nicht bewerten und kann günstiger anbieten, verliert bei einem möglichen größeren Schaden die Firma und gründet eine neue.

Viele Auftragnehmer sind mit dem Versicherungsdeutsch und den Ausschlüssen in ihren Verträgen überfordert, werden von der Haftpflichtversicherung geschröpft, weil bei jeder Änderung der Versicherung Aufschläge bezahlt werden müssen. Letztlich kostet dann eine Versicherung mehr als ein risikofreies komplettes Versicherungspaket, für das je nach Unternehmensgröße und Anzahl der Beschäftigten ca. € 750,00 anfallen. Fatal ist auch das verwechseln der Haftungs- und Versicherungssummen.

Zahlungsverpflichtungen

Mit Bedauern ist am Markt ebenfalls festzustellen, dass es durch die Unternehmensbewertung der Banken nach Basel III einfacher und billiger ist, sich ein „zinsgünstiges Darlehen“ – gemeint eine einseitige Zahlungszielverlängerung – kurzfristig und teilweise dauerhaft beim Auftragnehmer zu nehmen, in dem

vereinbarte Zahlungen absichtlich später beglichen werden. Erste Auftraggeber sind schon bei 180 Tagen Zahlungsziel angelangt, die sich kalkulatorisch auf den Verrechnungssatz auswirken müssen. Speziell eingesetzte ausländische Zahlungsabwicklungsgesellschaften verlängern den Zahlungsprozess.

Größere Auftragnehmer helfen sich selbst mittels Risikomanagern oder Abgabe an Inkasso-Büros. Ersatzweise werden auch Forderungsausfallversicherungen geschlossen; Kosten, die wiederum auf die Verrechnungssätze umgelegt werden müssen.

Je größer die Auftraggeber-Organisation, der gewünschte europäische oder internationale Vertrag, desto größer ist das Risikopotential, der Kostendruck auf den Auftragnehmer und damit verbunden eine geringere Marge ohne Risikoanreiz. Mittlerweile ist auch hier das Ende des Akzeptablen erreicht.

Die richtige Partnerwahl im Dreiecksverhältnis Auftraggeber – Auftragnehmer – Nachunternehmer ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Alle vom Auftraggeber übertragenen Risiken müssen nach kaufmännischen Gesichtspunkten bewertet und auf den Verrechnungssatz aufgeschlagen werden. Doch nicht jedes Risiko ist vom Auftragnehmer zu tragen. Es muss künftig auch mal zu Ablehnungen von Verträgen mit nicht hinnehmbaren Risiken kommen, Verträge, für die der Auftraggeber selbst mit erhöhtem Verwaltungsaufwand und Risikopotential Nachunternehmer suchen und betreuen muss.







Praxishinweise


  • Risikomanagement wird betrieben weil Unternehmen festgestellt haben, dass man durch Minimierung der Risikokosten den Ertrag steigern kann.

  • Geht ein Unternehmen schon in der Personalbeschaffung und Qualifizierung der Mitarbeiter Risiken ein, häufen sich Risiken in der Wertschöpfungskette.

  • Stehen Risiken in einem krassen Ungleichgewicht zum Ertrag, sollte man auf das Geschäft verzichten, um nicht in einen Strudel zu geraten.

  • Die richtige Partnerwahl im Dreiecksverhältnis Auftraggeber – Auftragnehmer – Nachunternehmer ist entscheidend für den Unternehmenserfolg.

  • Öffentliche Auftraggeber berufen sich bei ihren Ausschreibungen oft auf die Bedingungen der VOL/A, die bei Schäden eine unbegrenzte Haftung vorsieht, die aber nicht in allen Fällen einer Sicherheitsdienstleistung erforderlich ist.

  • Je größer die Auftraggeber-Organisation und der gewünschte europäische oder internationale Vertrag desto größer ist das Risikopotential, der Kostendruck auf den Auftragnehmer und damit verbunden eine geringere Marge ohne Risikoanreiz. Mittlerweile ist auch hier das Ende des Akzeptablen erreicht.