Veranstaltungssicherheit: Freiluftveranstaltungen bei Unwetter
Die sichere Durchführung von Veranstaltungen im Freien bei Unwetterlagen erfordert geeignete Maßnahmen. Je nach Veranstaltungsart, z.B. Festivals, Konzerte, Stadtfeste, Gartenschauen, Sportveranstaltungen, Volksfeste, Kirmes, Weihnachtsmärkte, Burg- und Schlossfeste, bestehen je nach Größe, Beschaffenheit und baulicher Anlage differenzierte Gefahren hinsichtlich der Sicherheit der Besucher durch Unwetterereignisse.
Ganzheitliche Planung und Sicherheitskonzept
Im Vorfeld müssen Veranstaltungsort und bauliche Anlagen, z.B. umliegende Gebäude, Bäume, Bodenbeschaffenheit, Fahrgeschäfte, Bühnen und Zelte genau besichtigt und bewertet werden. Bei dieser Analyse und Bewertung werden Grenzwerte und Schutzziele definiert, im Sicherheitskonzept dokumentiert und ausgewertet und dienen Sicherheitsverantwortlichen als wertvolle Informationen und Handlungsanweisung.
Bilder: Sommerfest und aufkommender Sturm; Rückzugsraum der Besucher in einer Garage |
Umgang mit Unwettergefahren und den Risiken
Wind | Gefahr vor herumfliegenden Teilen (Schirme, Dekorationen, Stände, Äste, Bäume u.a.), die Personen- oder Sachschäden hervorrufen können. Fahrgeschäfte, Bühnen oder Zelte, die durch Beschädigung z.B. der Außenhaut statisch labil werden. | Rechtzeitige Sicherung der Bauten bzw. Gegenstände oder/und Evakuierung der Besucher. |
Hagel | Gefahr vor plötzlicher Massenflucht vieler Besucher. Durch Beschädigung von Gebäuden, Zelten, Bühnen oder Fahrgeschäften statische Labilität sowie lose Teile oder Splitter. | Schlechte Begehbarkeit von benötigten Wegen. |
Blitzschlag | Gefahr vor direktem Blitzschlag, Überschlag oder Schrittspannung. Brandgefahr in Geräten oder Gegenständen sowie Gefahr von Instabilität (Baum, Zelt u.a.). Gefahr von Ausfall sicherheitstechnischer Einrichtungen oder Gerätschaften (Bühnentechnik). Panikgefahr bei den Besuchern. | Ganzheitliche Blitzgefahren-Bereichsanalyse (Blitzschutz- gutachten), organisatorische Maßnahmen (Vorab-Unterrichtung der Besucher zur Umsetzung bei Gewitter, Definition von Schutzbereichen/-räumen), betriebliche Maßnahmen (Wetterbeobachtung, personelle lageabhängige Unterweisung und Aufgabendefinition), materielle Maßnahmen (Blitzableitung, Schutz vor Schrittspannung durch ggf. Gummi-, oder Metallböden). VDE-Arbeitskreis arbeitet an einem Merkblatt zum Blitzschutz. |
Hitze UV Strahlung | Gefahr vor Sonnenbrand, Sonnenstich und Dehydrierung. | Besucher nicht unnötig lange an einen Ort binden. (Anstellen in einer Besucherkette). Ausgabe oder Anweisung erteilen: Wassermitnahme, Sonnenschutzcreme, Kopfbedeckung verwenden. |
Schnee Eis | Rutschgefahr, Gefahr von Schnee- oder Eisschlag (Hohe Gebäude, Gebäude ohne Schneefanggitter). Ersticken in Schneemassen. Statische Labilität von Bauten durch zu hohe Schneelasten. | Definition der max. Schnee- bzw. Eislasten auf Bauten/Gebäuden. Beseitigung von gefährlichen Schnee oder Eismengen über den Köpfen der Besucher sowie auf den Verkehrswegen. |
Kälte | Gefahr von Erfrierungen. Besucher nicht unnötig lange an einen Ort binden (Anstellen in einer Besucherkette). | Ausgabe oder Anweisung erteilen: Warmgetränke, warme Kleidung. Unnötigen Aufenthalt im Kalten vermeiden. |
Praxisumsetzung und Veranstaltungskoordination Je nach Veranstaltungsgröße, Besucheranzahl und Örtlichkeit ist eine dauerhafte Wetterbeobachtung in der Einsatzzentrale während der Betriebszeiten mit einer funktionsfähigen Veranstaltungskoordination sowie Krisenstab unabdingbar. Als Grenzwerte können folgende Vorgaben sinnvoll sein:
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Wetterwarnungen
Die Arbeit und Auswertung in der Zentrale mit einer Wetterbeobachtung gestaltet sich durch die unterschiedlichen Interessenslagen als filigrane Fingerspitzenarbeit. So ist das Hauptziel, dass dem einzelnen Besucher nichts zustößt ebenso wichtig, wie zu voreilig die Veranstaltung abzubrechen oder gar zu räumen, obwohl keine Wetterlage droht.
Viele Veranstalter vertrauen auf die Warnungen des Amtlichen Deutschen Wetterdienstes. Die Praxis zeigt, dass diese Meldungen oft zu hoch oder auch zu niedrig für die Sicherheitsumsetzung auf einer Veranstaltung sein können. Warnungen werden nicht mehr ernst genommen oder ein frühzeitiger Abbruch der Veranstaltung führt zur heftigen Diskussion und Unverständnis der Besucher, Standbetreiber und Medien.
Professionelle Wetterbeobachtung vor Ort
Die Informationen und Werte des Amtlichen Deutschen Wetterdienstes können oft an den tatsächlichen örtlichen Werten in der Veranstaltungslokalität abweichen. So können z.B. durch den Wetterdienst niedrigere Windwerte ausgegeben werden, durch die bauliche örtliche Struktur durch z.B. Häuserschluchten o.ä. ein erhöhter Staudruck und somit höhere Windstärken auf der Veranstaltungsfläche herrschen.
Es empfiehlt sich eine professionelle Wetterbeobachtung, tatsächliche Live-Messungen (Temperatur, Wind, Niederschlag) sowie Dokumentation während der Betriebszeiten, bzw. der Anwesenheit von Besuchern umzusetzen. Dabei müssen die vorher definierten Grenzwerte aus dem Sicherheitskonzept sowie die Gefahrenbereiche je nach Wetterlage auf die jeweilige Veranstaltung exakt angepasst und die Umsetzung entsprechend aufgebaut und organisiert werden.
Folgende Services, die in der Regel über das Internet ständig abgerufen und aktualisiert werden können, sollten als Grundlage für eine praxisgerechte und ganzheitliche Wetterbeobachtung herangezogen werden:
- Niederschlagsradar sowie Verdeutlichung der Wetterfronten und deren Verlauf,
- Erfassung von Blitzereignissen und Verlaufsverfolgung,
- Windradar zzgl. örtlicher Messungen,
- Amtliche Wetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes (DWD),
Für eine ordentliche und örtliche Wetterbeobachtung und Dokumentation empfiehlt es sich, eine sachkundige Veranstaltungssicherheitsfachperson zu Rate zu ziehen, die Erfahrungen mit Besucherströmen nachweisen kann und eine praxisgerechte und rechtliche Umsetzung fachgerecht anleiten kann.
Zelte als sensible und riskante „Schutzräume“
Besuchern ist der sehr begrenzte Schutz von Zelten, insbesondere bei Blitzgefahren, nicht bewusst. Des Weiteren müssen je nach Zeltbauart und Baubuchvorgabe die Eingänge/Öffnungen des Zeltes teils ab Windstärke 6 Beaufort aus statischen Gründen geschlossen werden.
Ab bestimmter Windstärken eignet sich ein Zelt nicht mehr als Schutzraum für die Besucher und muss frühzeitig geräumt werden. Große Hagelkörner und bei Wind/Sturm herumfliegende Teile können die Zelthaut beschädigen und die Standsicherheit des Zeltes gefährden.
Sichere Schutzräume sind feste, geschlossene Gebäude/Hallen/Parkhäuser mit Blitzschutz und Sicherheitseinrichtungen (Sicherheitsbeleuchtung, Durchsageanlage). Falls diese nicht vorhanden sind, empfiehlt es sich, Fahrzeuge als Schutzraum vor Blitzschlag, Starkregen und herumfliegenden Gegenständen zu nutzen.