Sicherheit

Clean IT – Neuer Vorstoß der EU zur totalen Internet-Kontrolle

Aktivitäten der Generaldirektion für Inneres der EU zur Kontrolle von Internet-Inhalten

Aus einem vertraulichen Dokument vom September 2012 der Generaldirektion (GD) für Inneres der EU wurde bekannt, dass die EU große Anstrengungen unternimmt, die Inhalte des Internets unter Kontrolle zu bringen. Die geplanten Maßnahmen werden unter der Bezeichnung „Clean IT“ von der Generaldirektion für Inneres vorbereitet. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der geplanten Kontrolle von Internet-Inhalten spielt auch die CEO Coalition (Kinderschutz), die ebenfalls von der GD für Inneres der EU finanziert wird.

Geplante Maßnahmen der EU zur Internet-Kontrolle

Die EU plant u.a. folgende Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung des Internets:


  • Verhinderung der Nutzung des Internets durch Terroristen, hierzu sollen die Provider ihre Geschäftsbedingungen ändern und Hotlines zu den Sicherheitsbehörden einrichten;

  • Die Internet-Provider sollen entsprechende Vorkehrungen treffen, um den Sicherheitsbehörden die Durchsuchung der Netzinhalte zu ermöglichen;

  • Einführung von Kennzeichnungs(Flagging)-Systemen sowohl um Inhalte als auch Nutzer identifizieren zu können;

  • Austausch von Informationen über die Nutzung des Internets und die Verletzung der Geschäftsbedingungen durch Internet-Nutzer;

  • Einrichtung von Ansprechstellen (Points of Contact) bei den Sicherheitsbehörden;

  • Einrichtung eines „Polizeibenachrichtigungs-Buttons“ durch die Sicherheitsbehörden;

  • Einrichtung von „End-User-Kontroll-Filtern“ zur Entdeckung von terroristischen Aktivitäten im Netz;

  • Einrichtung einer Europäischen Agentur zur Überwachung des Internets auf terroristische Aktivitäten;

  • Einführung eines automatischen Detektionssystem zur Erkennung terroristischer Aktivitäten im Netz;

  • Einführung des Identifizierungszwangs im Internet für Nutzer;

  • Einrichtung eines europäischen „Reporting Button Systems“ zu Meldung terroristischer Aktivitäten;

  • Einführung europäischer Rechtsvorschriften zur Durchsetzung der Internet-Kontrollen einschließlich der regelmäßigen Überwachung der Social Media durch die Sicherheitsbehörden unter Einschluss von Profilen, des Eindringens in Nutzer-Gruppen und der verdeckten Kommunikation mit diesen;

  • Schaffung der rechtlichen Möglichkeiten, unerwünschte Inhalte aus dem Netz dauerhaft zu entfernen;

  • Schaffung der Möglichkeiten der Nachrichtengewinnung bei Überwachung des Internets für die nationalen Nachrichtendienste;

  • Überwachung der Nutzung des Internets durch Staatsbedienstete und deren Aktivitäten.


Das Schriftstück enthält außerdem eine Reihe von Vorschlägen zur praktischen Einführung der Internet-Überwachung, die durch die beteiligten Regierungen noch zu verhandeln sind. Damit einher gehen auch Versuche der EU, die Clouds im Internet ebenfalls zu kontrollieren.

Es ist auch geplant, neue Straftatbestände für Betreiber und Nutzer von IT- Systemen aller Art zu schaffen. Dies betrifft insbesondere noch nicht näher beschriebene Sachverhalte, die im Zusammenhang mit der vorgeblichen Nutzung des Internets durch Terroristen und die internationale OK stehen oder sich auf sonstige, illegale Inhalte im Netz beziehen sollen.

Ausweitung der Netzwerke europäischer Sicherheitsbehörden

Im Zusammenhang mit den Bemühungen der EU, den nationalen Sicherheitsbehörden umfassenden Zugriff auf die gesamte Kommunikation in Europa zu geben, ist auch die Existenz bisher nicht bekannter Netzwerke der europäischen Sicherheitsbehörden zu sehen, welche die bestehende enge Kooperation der Sicherheitsbehörden noch vertiefen soll.

Beispielhaft ist das Projekt “International Specialist Law Enforcement – ISLE“ zu nennen, das unter britischer Dominanz und Beteiligung des BKA “ein Netzwerk der EU-Mitgliedsstaaten und Organisationen mit dem Ziel der Koordination, Kooperation und gemeinsamem Verständnis bei der Anwendung spezieller Techniken“ (vermutlich verdeckte Ermittlungen) errichtet. Nähere Einzelheiten sind öffentlich nicht zugänglich. Daneben ist auch die „Cross Border Surveillance Working Group“ und die „Remote Forensic Software Group“ an Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen aller Art, auch im Internet, beteiligt. Dem Vernehmen nach soll unter britischem Einfluss die Überwachungssoftware „FinFisher/FinSpy“ zur Überwachung mobiler Endgeräte bereits in Europa durch die Sicherheitsbehörden eingesetzt werden.







Praxishinweise


  • Mit der Ausweitung staatlicher Überwachungsmaßnahmen und der Zusammenführung und Nutzung von Daten aller Art durch staatliche Stellen (Nachrichtendienste, Strafverfolgungs- und Finanzbehörden u.a.) als auch durch die Wirtschaft ist künftig verstärkt zu rechnen.

  • Die Social Media und Clouds geraten auch in den Fokus staatlicher Überwachung, insbesondere bei den Inhalten sozialer Medien ergeben sich für die Behörden eine Vielzahl von Ansatzpunkten zur Ausforschung der Betroffenen.

  • Ähnliche Kontrollmaßnahmen zur Überwachung des Internets werden im Zusammenhang mit dem Communications Capabilities Development Programme (CCDP) auch in Großbritannien vorbereitet. Dabei gehen die Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen weit über die von der EU geplanten Maßnahmen hinaus.

  • Die Vernetzung höchst sensitiver, personenbezogener Daten ist in den Datenbanksystemen der EU und nationaler Sicherheitsbehörden bereits sehr weit fortgeschritten. Künftig werden auch Verkehrsverstöße grenzüberschreitend EU-weit in einer Datenbank erfasst.

  • Nicht ausgeschlossen werden kann auch, dass ausländische Unternehmen der Telekommunikationsbranche an der Ausforschung von Kommunikationssystemen aller Art beteiligt sein könnten, wie aus dem Bericht des Repräsentantenhauses (Permanent Select Committee on Intelligence) ersichtlich wird.





Quellen: Clean IT – Leak Shows Plans For Large-scale, Undemocratic Surveillance Of All Communications 21, September 2012 »Compulsory Identification | Internet Blocking | Notice &take-down | Privacy | Access to information | Freedom to publish | Freedom ofspeech | Wiretapping;

Junge, Barbara: Wer hat meine Daten? Tagesspiegel Berlin vom 7.10.12;

Investigative Report on the U.S. National Security Issues Posed by Chinese Telecommunications Companies, Huawei and ZTE U.S. House of Representatives 112th Congress, October 8, 2012;

A report by Chairman Mike Rogers and Ranking Member C.A. Dutch Ruppersberger of the Permanent Select Committee on Intelligence;

Datenschutz: Es werden zu häufig Telefone abgehört – Berliner Morgenpost von 8.10.12.