Sicherheit

Unternehmen von „Blackmails“ betroffen

Immer mehr Firmen von „Blackmail“ betroffen: Was tun bei anonymen Schreiben?

Die Reaktionen in den betroffenen Unternehmen variieren dabei von verharmlosender Ignoranz bis zum

Ausbruch operativer Hektik. Gerade in einer solchen Situation ist jedoch strukturiertes und gezieltes

Vorgehen gefragt. Nur so können unerwünschte Folgen verhindert und die Identifikation des Verfassers

ermöglicht werden.

Schreiben anonymer Absender

Häufig werden folgende Anschuldigungen i.d.R. an Vorstandsvorsitzende oder Aufsichtsräte versandt:


  • Ihr Vertrieb besticht im großen Umfang…;

  • Der Vorstand xx hat ein außereheliches Verhältnis mit xx…;

  • Ich kenne Ihr illegales Steuervermeidungssystem…;

  • Die Presse wird sicher interessieren, dass Ihr Unternehmen von Kinderarbeit in Asien profitiert…;

  • Der Landesgeschäftsführer xx Ihres Unternehmens wirtschaftet massiv in seine eigene Tasche….


Diese Schreiben unterscheiden sich deutlich von klassischen Erpresserschreiben mit Geldforderungen.

Es wird mit der Weitergabe von internen Kenntnissen vermeintlicher Missstände an Presse, Kontrollorgane

oder Staatsanwaltschaft gedroht. Forderungen werden nicht gestellt, sondern die interne Aufklärung

angeregt. Die Verfasser stellen sich als besorgte Inhaber von Informationen dar, die dem Unternehmen

Gelegenheit geben wollen, Missstände selbst zu regulieren. Auffallend ist, dass allgemeine Vorwürfe zu

bestimmten Personen konkretisiert werden, um Ermittlungen zu erreichen.

Motivation der Verfasser

Die Aufklärung derartiger Fälle zeigt, dass die Verfasser häufig ehemalige Mitarbeiter oder

Geschäftspartner sind, die aus Rache oder Enttäuschung „nachtreten“ und versuchen, ihr Insiderwissen

gezielt gegen ungeliebte Personen oder das Unternehmen einzusetzen. Welche Motivation dem Verfasser

auch immer zugrunde liegen mag, die richtige und angemessene Reaktion im Unternehmen ist von größter

Wichtigkeit. Dies beginnt beim Eingang des Schreibens und mündet in der Ermittlung des Verfassers.

Sind in den Unternehmensstrukturen Prozesse zum Umgang mit anonymen Schreiben vorhanden, so

kann Zeitverlust vermieden und gefährliche Unsicherheit bzw. Tatenlosigkeit verhindert werden.

Empfohlene Maßnahmen


  • Anonyme Schreiben, die als Postsendung eintreffen, werden nach Identifikation eines „Blackmail“ als Spurenträger behandelt. Das Schreiben mit dem Umschlag ist vorsichtig in einer Plastikhülle zu sichern und unnötiger Kontakt mit unterschiedlichen Personen zu vermeiden. Der Personenkreis, der das Schreiben berührt hat, ist zu dokumentieren.

  • Per E-Mail eingegangene Schreiben müssen umgehend samt aller verfügbaren Daten (Header, Verteiler etc.) gespeichert werden. Wurden Hinweise per SMS oder sonstiger Messangerdienste übermittelt, müssen diese gespeichert und wenn möglich per Screenshot dokumentiert werden.

  • Eine möglichst zeitnahe Rückmeldung beim Absender ist ratsam. Eine allgemeine Mitteilung, dass der Hinweis ernst genommen wird und um Zeit zur Reaktion und Bewertung gebeten wird, befriedigt den Verfasser vorerst i.d.R. und vermindert das Risiko weiterer Aktionen.

  • Die Bereiche Unternehmenssicherheit, Compliance und interne Revision sollten zur Beurteilung des dargestellten Sachverhalts umgehend eingebunden werden. Dieses Gremium entscheidet gemeinsam mit Unternehmensführung/Aufsichtsrat über Sofortmaßnahmen zur Schadensbegrenzung.

  • Existiert im Unternehmen ein Krisenmanagement mit Krisenstab, ist dieser aufzurufen. Wird in dem anonymen Schreiben Bezug auf eine Information der Presse genommen, ist die Pressestelle einzuschalten. Presseerklärungen müssen mit der Unternehmensführung abgestimmt werden.

  • Der informierte Personenkreis ist möglichst klein zu halten, höchste Vertraulichkeit ist essentiell.

  • Gibt der Verfasser in seinem Schreiben die Möglichkeit der Kontaktaufnahme, so ist dies unbedingt zu nutzen. Fühlt sich der Verfasser ernst genommen, ist das Risiko der weiteren Verbreitung an Dritte minimiert. Vorwürfe können hinterfragt und konkretisiert werden. Im Umkehrschluss kann auch die Identität des Verfassers eingegrenzt und somit die Motivation und Stichhaltigkeit beurteilt werden.

  • Sind explizit bestimmte Personen Ziel der Anschuldigungen, so ist durch Unternehmensführung/Aufsichtsrat zeitnah zu entscheiden, ob diese Person mit den Vorwürfen konfrontiert werden soll oder zuerst eine interne Aufklärung der Stichhaltigkeit erfolgt.

  • Daten der betroffenen Unternehmensbereiche sind zu sichern, um eine Aufklärung der Vorwürfe zu ermöglichen und eventuelle Vertuschungshandlungen zu unterbinden.

  • Deutet sich an, dass die vorgebrachten Anschuldigungen stichhaltig sind, ist proaktives Handeln in Richtung Behörden oder einschlägiger Kontrollorgane ratsam. Die dadurch gezeigte Offenheit ermöglicht ein gemeinsames Vorgehen und mindert das Risiko unerwarteter Maßnahmen (Durchsuchungen etc.).

Abschluss der internen Ermittlungen

Es empfiehlt sich, die Mitarbeiter über den Vorfall zu informieren. Häufig haben die Verfasser anonymer Schreiben noch Kontakte in das Unternehmen, welche die Information weitergeben. Das Risiko weiterer Aktionen des Verfassers sinkt und der Belegschaft wird Offenheit beim Umgang mit vermeintlichen Missständen signalisiert. Eine Nachbetrachtung muss Einfluss in vorhandene Prozesse und Strukturen des Unternehmens finden, um erneute Fälle zu vermeiden.

Corporate Trust, Business Risk & Crisis Management GmbH

Corporate Trust ist der strategische Partner namhafter Unternehmen im Risiko- und Krisenmanagement. Bei der Aufklärung anonymer Schreiben unterstützt Corporate Trust sowohl bei der internen Überprüfung der Vorwürfe als auch bei der Identifikation der Verfasser der anonymen Schreiben. Das Krisenmanagement sowie die notwendige Pressearbeit wird begleitet und hinsichtlich notwendiger Maßnahmen beraten.







Praxishinweise


  • In anonymen Schreiben liegt eine große Sprengkraft, die insbesondere die Reputation eines Unternehmens nachhaltig schädigen kann.

  • Anschuldigungen, die sich als nicht zutreffend erweisen, können später nur schwer mit der gleichen Öffentlichkeitswirksamkeit die Schlagzeilen der ersten Pressereaktion widerlegen.

  • Aussitzen, verharmlosen oder ignorieren dürfen keine Option des Handelns sein. Konsequente Aufklärung und strukturiertes, unaufgeregtes Handeln können auch ein unangenehmes Ereignis zu einem befriedigenden Abschluss bringen.