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Salafismus: Hintergründe und Finanzierung

Salafiyya-Bewegung in Deutschland
Derzeit leben in Deutschland rund 4,3 Millionen Menschen mit muslimischem Glauben. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) aus dem Jahr 2012 sind ca. 4.500 Salafisten.[i] Damit macht ihr Anteil nur 0,1 Prozent der gesamten muslimischen Bevölkerung aus. Dies steht in keinem Verhältnis zu dem Platz, den die Salafisten innerhalb der hiesigen Islamdebatte einnehmen. Mithilfe verstärkter Propaganda in Fußgängerzonen deutscher Städte, Veranstaltungen mit mehreren Hundert Personen und ihrer massiven Präsenz im Internet erwecken die Anhänger jedoch den Anschein einer sehr großen Bewegung.
Bewusste Lebensweise am Rande der Armut

Salafisten vertreten eine Lebensweise, die sich an Glaubensvorfahren des Propheten Mohammed orientiert und ganz auf das Leben nach Allahs Willen ausgerichtet ist. Dies bedeutet nicht nur die Einhaltung aufwendiger Glaubensriten, sondern auch Bescheidenheit und ein Leben am Rande der Armut: Für einen freiwirtschaftlichen Arbeitgeber gegen Geld tätig zu werden, ist für die meisten Salafisten nicht mit ihrer Glaubensauffassung vereinbar, da sie niemandem dienen wollen, außer Allah. Für Frauen ist eine bezahlte Tätigkeit aufgrund ihrer sehr eingeschränkten Rolle regelmäßig verboten. Darüber hinaus sind Tätigkeiten, die mit der traditionellen Vollverschleierung des Körpers konform gehen, in Deutschland kaum vorhanden. Somit bezieht ein Großteil der Anhängerschaft staatliche Leistungen nach dem SGB II.

Rekrutierungsarbeit als Kostenfaktor

Der Auftrag zur Missionierung (sog. Da`wa) macht das Bekehren von Menschen zur wichtigsten Aufgabe der Bewegung und kostet viel Geld. Die Methoden zur Mitgliederwerbung entsprechen diversifizierten Marketingstrategien. Mithilfe von unterschiedlichsten Online-Angeboten, von unmittelbar salafistisch betriebenen Seiten bis hin zu neutral aufgebauten Informationsplattformen und zeitweise sogar einer Online-Universität und Sprachkursen, sprechen die betreibenden Salafisten unterschiedliche Zielgruppen an.

Auch die Wahl der Publikationen, vom Gratis-Koran über Informationsbroschüren zum Leben des Propheten, bis zur Frau im Islam und das Verhältnis zum Christentum soll unterschiedliche Personengruppen ansprechen. Darüber hinaus bemühen sich Salafisten immer mehr um Jugendliche, die sie mithilfe von altersgerechten Angeboten und häufig über Internetangebote anzusprechen versuchen.

Kleinspenden als alleinige Finanzierungsquelle?
Nach Angaben der Salafisten finanzieren sie all ihre Projekte, wie auch die großangelegte Koranverteilung in Deutschland, mithilfe von Kleinspenden der Anhängerschaft. Bereits am Beispiel der ersten Koranausgaben, die verteilt wurden, muss man dies anzweifeln:

Der mutmaßliche Initiator der Koranverteilung, Ibrahim Abou Nagie, erklärte im April 2012, dass die verteilten Korane mit blauem Einband von einer Sonderedition an Koranen mit rotem Einband finanziert wurden. Statt einen Euro, den die Herstellung gekostet habe, hätten die Anhänger drei Euro gezahlt und somit die Gratisausgaben gegenfinanziert.

Eine Ulmer Druckerei hatte für die erste Auflage einen Auftrag von 300.000 Exemplaren, die vorab überwiesen wurden (rund 300.000 Euro).[ii] In Deutschland wird die salafistische Szene inklusive Unterstützer auf etwa 5.000 Personen geschätzt. Wenn tatsächlich lediglich dieser Personenkreis Kleinspenden in oben beschriebener Weise beigetragen hätte, wäre die Aktion nicht durchführbar gewesen.

Weitere Spendenformen
Der Bezug salafistischer Akteure vor allem nach Saudi-Arabien führt unweigerlich zu der Frage, inwieweit Salafismus eine finanzielle Förderung von dort erfährt. Der Stuttgarter Verfassungsschützer, Benno Köpfer, vermutet in der finanziellen Unterstützung Saudi-Arabiens den Grund, warum der Salafismus in Deutschland stetig wachsen kann.[iii]

Aber auch im Inland finden Salafisten immer neue Strategien, Spenden zu generieren. So entstehen unterschiedliche Spendenplattformen und Benefizevents, in welchen für notleidende Muslime im Ausland gespendet werden soll. Besonders der neugegründete salafistische Verein „Helfen in Not e.V.“ aus Neuss betreibt aufwendige Aufrufe zu Spenden und produziert Videos über die Reisen der Anhänger nach Syrien, Bangladesch und Burma. Die Sammlung von Spenden zu ausschließlich wohltätigen Zwecken muss indes angezweifelt werden, vielmehr besitzen die Videos Werbecharakter.

Unternehmerische Tätigkeiten

Auch Salafisten zeigen zuweilen Geschäftssinn. So bieten sie mit „selisha.de“ eine Alternative zu Ebay an, eine Einkaufsplattform von Gläubigen für Gläubige.[iv] Der Begründer des Online-Handels, Selim Reid, hat zu diesem Zweck eine Fatwa, ein islamisches Rechtsgutachten, auf selisha.de eingestellt. In diesem wird festgestellt, dass der Handel eine im Islam empfohlene und vor allem traditionelle Praxis ist. So können auch streng gläubige Muslime dort einkaufen.

Das Verkaufsportal selisha.de wird großflächig auf Internetseiten beworben, auf denen Salafisten für ihre Bewegung werben und Fragen von Anhängern beantworten. Selisha.de verdeutlicht das wirtschaftliche Kalkül der Salafisten. Auf dem Portal sollen sich etwa 5.000 Personen angemeldet haben, bis zu 100 Artikel würden täglich verkauft. Doch verbucht der Geschäftsinhaber offiziell keinerlei Gewinne. Erlöse gingen an die Gemeinde und soziale Projekte.

Zusätzlich gründete Reid eine Mitfahrzentrale ausschließlich für Muslime. Was in deutschen Medien als Geschäftsidee gepriesen wurde, verschleiert die Tatsache, dass Reid Nicht-Muslimen unterstellt, dass sie Muslimen bereits durch persönlichen Kontakt schaden.[v]

Fazit

Salafisten verfügen offensichtlich über hohe Geldmittel. Diese sind notwendig, um die Salafiyya am Leben zu erhalten und sie weiter auszubauen. Führende Köpfe der Bewegung kalkulieren sehr wirtschaftlich. Die Geldflüsse innerhalb der Bewegung nachzuvollziehen, ist unumgänglich, möchte man die Salafiyya und ihre Wirkungsweise in Deutschland verstehen. Gleichzeitig bietet die strenge Überprüfung der Herkunft der Gelder unter Umständen eine Möglichkeit, der Ausbreitung einer Ideologie entgegenzuwirken, die die demokratische Grundordnung als verwerflich ablehnt und bekämpft.

Praxishinweise
  • Die Salafiyya-Bewegung (vom arabischen as-salafiyya) gilt als eine ultrakonservative Strömung innerhalb des sunnitischen Islams.
  • Ihre Anhänger streben eine Rückbesinnung der Lebensführung nach Vorbild der ersten Generationen und der wortwörtlichen Auslegung des Korans an. Sie lehnen moderne Entwicklungen der islamischen Theologie und religiösen Praxis ab.
  • Losgelöst von jeder kulturellen „Verunreinigung“ (arabisch: bida), versucht die entterritorialisierte Bewegung, die „wahre“ Religion zu praktizieren und durch aggressive Missionierung (arabisch: dawa) und Propaganda neue Mitglieder zu werben.
  • Die Bewegung ist nicht allgemein als gewaltbereit einzustufen, jedoch besitzt sie einen militanten dschihadistischen Flügel, der Gewalt gegen Ungläubige nicht nur befürwortet, sondern dazu aufruft und praktiziert.
  • Allen Anhängern der Salafiyya ist gemein, dass sie die demokratische Verfassung ablehnen und sie durch einen islamisches System unter der Rechtsordnung der Scharia nach ihrer Auslegung ersetzen wollen. Zudem vertreten sie Positionen gegen Frauen, die nach demokratischen Vorstellungen diskriminierend sind und bestehen auf deren Vollverschleierung.

[i] Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2012

[ii] Vgl. Augsburger Allgemeine vom 12. April 2012: Koran-Verteilung: Ulmer Druckerei stoppt Auslieferung

[iii] Wehner, M. auf faz.net vom 02. Juli 2011: Saudi-Arabien unterstützt Salafisten in Deutschland

[iv] Vgl. Bernau, V. auf Sueddeutsche.de vom 04. Januar 2013: Dessous einkaufen mit Allahs Segen

[v] Vgl. Dienstbühl, D. in Deutsche Polizei 9/2013: Die staatliche Grundsicherung radikaler Subkultur