Vermeintlich karitative Vereine – stets derselbe Hintermann
Im Jahr 2012 gründeten Salafisten mehrere Vereine in Deutschland und Österreich, die vom Namen her eine karitative Ausrichtung suggerieren. Im nordrheinwestfälischen Neuss gründeten sich der Verein „Helfen in Not“, der „Kulturverein Weckhofen“ und die Moscheegemeinde “Masjid Quba“ unter ein und der selben Adresse. Ansprechpartner und Vorsitzender ist jeweils eine Person, die einen Lebensmittelhandel in Neuss betreibt. Insbesondere „Helfen in Not e.V.“ ruft zu Spenden für notleitende Menschen in Syrien auf und veranstaltet zu diesem Zweck Großevents und Benefizveranstaltungen. Ihre Aktionen werden im Internet beworben. Stets als Gast oder Mitorganisator tritt dabei der Verein „Ansaar Düsseldorf e.V.“ auf, der wie die anderen Vereine für Spenden wirbt und auf seiner Internetseite direkte Online-Zahlmethoden, u.a. Paypal anbietet.
Unterstützung von Salafiyya
In Osnabrück gründete sich ebenfalls 2012 der Verein „Afrikabrunnen e.V.“. Dieser Verein ruft zu Spenden auf, um Trinkwasseranlagen in Afrika zu bauen. Die Spenden werden neben den üblichen Bezahlmöglichkeiten und SMS, auf „Brunnenfestivals“und anderen Events gesammelt. Auf der Internetseite erklären die Verantwortlichen das Projekt als Hilfe von Muslimen und verlinken zu Spendenaufrufen auf das Onlineportal YouTube. Ihre Seite wird u.a. von der salafistischen Seite „Dawa-News“ beworben. Die Fanseite auf Facebook zeigt bereits über 4.800 Personen. Weiterhin finden sich auf der Internetseite Sponsoren: Zum einen die in Wiesbaden ansässige Firma „Moon Bucks“, deren Internetseite aktuell nicht verfügbar ist und das Portal „mysoq.com“, das eine Verkaufs- und Auktionsplattform neben der ausschließlich islamischen und ebenfalls salafistisch geprägten Ebay-Alternative „Selisha.de“ darstellt. Deren Firmensitz ist in Ludwigshafen.
Spenden als Glaubenspflicht
Die Almosengabe ist eine muslimische Glaubenspflicht, eine der „Fünf Säulen des Islam“. Über die Wichtigkeit der Spende für einen Gläubigen existieren bereits auf YouTube diverse Videos, meist von Anhängern der Salafiyya produziert und online gestellt.1 Die unterschiedlichen Methoden, Spendengelder zu generieren, sind mittlerweile unüberschaubar geworden. In der zweiten Jahreshälfte 2013 nahmen die Veranstaltungen zu und wurden in Deutschland in mehreren Städten ausgetragen. Mit den Spendengeldern kauften Anhänger 12 ausrangierte Krankenwagen, die nach deren Angaben für Hilfstransporte von Medikamenten und Nahrung in Syrien verwendet werden sollen. Der Verkauf der Krankenwagen stieß derweil auf harsche Kritik, da solche für den Schmuggel von Waffen und Munition verwenden werden können.2
Großevents für die ganze Familie
Derweil erfreuen sich großangelegte Veranstaltungen zur Spendengenerierung großer Popularität in der salafistischen Szene. Sie finden in Industriegebieten in Hallen statt, die ansonsten für große Hochzeiten genutzt werden. Der genaue Veranstaltungsort wird erst spät und nur über bestimme Kommunikationswege bekanntgegeben. Zum Teil werden zwei bis drei Hallen angemietet. Damit soll es Sicherheitsbehörden schwer gemacht werden, die Veranstaltung zu überwachen. Gleichzeitig werben die Veranstalter mit einem Programm, das auf ganze Familien abgestimmt ist, beispielsweise mit Henna-Malerei und Hüpfburgen für Kinder. Männer und Frauen werden, wie üblich bei salafistischen Veranstaltungen, voneinander separiert. Neben Spendenaufrufen werden Versteigerungen und Verkäufe durchgeführt.
Praxishinweise
- Die aktuellen salafistischen Bestrebungen zeigen vielfältige Imagestrategien auf und demonstrieren eine bemerkenswerte Finanzkraft.
- Zudem nutzen sie sämtliche Möglichkeiten, um an Popularität zu gelangen. Unter anderem lassen sie sich mit Prominenten, wie Rainer Calmund oder Kevin Großkreutz fotografieren, zeigen sich in Freizeitparks wie „Phantasialand“ und werben dort öffentlich.3
- In Österreich versuchen sie, ebenfalls Fuß zu fassen und bedienen sich dabei auch der sog. „Street-Dawa“. Diese Strategie ist Rockergruppen entnommen, die neben Motorcycle-Clubs versuchen, vor allem junge Menschen ohne Motorrad zu gewinnen. Zentrale Figur ist Thomas Göcke, alias Ibrahim Al Almani, der vor seiner Konvertierung Mitglied bei den „Bandidos“ gewesen sein soll.
- Die Methoden der Salafisten, Aufmerksamkeit und Geld zu erhalten, sind mittlerweile mannigfach. Gleichzeitig scheinen die Akzeptanz der Salafisten und das Unterstützerumfeld stetig zu wachsen.
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Mit großer Sorge muss die Spendenwilligkeit für angeworbene Projekte durch die muslimische Community in Deutschland betrachtet werden. Von Seiten muslimischer Religionsgemeinden muss hier die klare Distanzierung und Aufklärungsarbeit verlangt werden.
Quellen
1 Vgl. beispielsweise YouTube-Videos.
2 Tipi, Ismail:Salafisten missbrauchen Hilfstransporte, ismail-tipi.de vom 02.12.2013
3Salafist wirbt in Kölner Freizeitpark, RP-Online vom 3.10.2013