Aus- und Fortbildung

Die beste Wahl: Assessment-Center auf dem Prüfstand

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Ursprung und Entwicklung

Die Bezeichnung von Auswahlverfahren als AssessmentCenter wurde Ende des 20. Jahrhunderts populär und ist damit noch recht neu, die Methoden des Auswahlverfahrens sind es jedoch nicht. Nach dem ersten Weltkrieg sollten Offiziersanwärter der deutschen Reichswehr ganzheitlich auf ihre Eignung überprüft werden. Mittels des “heerespsychologischen Auswahlverfahrens”, das an der Universität Berlin unter Leitung von J.B. Rieffert und M. Simoneit entwickelt wurde, sollten die Anwärter zukünftig nicht mehr aufgrund ihrer Herkunft, sondern ihrem Leistungspotential in den Offiziersstand einziehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Verfahren für die Einstellung von Geheimdienstmitarbeitern auch von Großbritannien und später den USA übernommen und weiter entwickelt. Henry H. Murray von der Harvard-Universität, der führend an der Konzeption beteiligt war, führte den Begriff Assessment Center ein.

Ein zeit- und kostenintensives Verfahren

Assessment-Center sind testgesteuerte Auswahlverfahren und beinhalten eine Kombination von Verhaltens- und Arbeitsproben. Unter Beobachtung und teilweise schwierigen Bedingungen müssen die Kandidaten eine Anzahl von Aufgaben lösen. Dies erfolgt zum Teil allein und zum Teil innerhalb einer Gruppe. Die Aufgaben werden je nach Aufgabenbereich bzw. Position, auf die sich die Kandidaten bewerben, zusammengestellt. Während des gesamten Testprogramms werden die Teilnehmer durch ein Team, den so genannten Assessoren, beobachtet. Ein Assessment-Center dauert in der Regel mindestens einen halben Tag, kann sich aber auch über mehrere Tage erstrecken.

Assessment-Center als soziale Urteilsbildung

Üblicherweise werden im AC Aufgaben gestellt, die die Kandidaten, häufig in Interaktion zueinander, lösen sollen. Dabei werden sie von einer Art „Jury“ beobachtet. Diese Beobachter beurteilen als Anforderungsdimensionen dann mehr oder weniger gesamt die Leistung eines Probanden in den Verhaltensaufgaben. Diese Beurteilung basiert regelmäßig und zumindest in Teilen auf den herrschenden Gütemaßstäben für die entsprechenden Rollen oder Verhaltensmuster. Prof. Heinz Schuler von der Universität Hohenheim sieht deutliche Defizite bei der praktischen Anwendung von AC-Verfahren.[i] Sowohl ein Assessment-Center, als auch ein Auswahlgespräch, können keine verbindlichen Karriere-Prognosen leisten, wie sich nun der erfolgreiche Bewerber tatsächlich in das Unternehmen einfügen wird. Zudem werde die Motivation eines Bewerbers nicht erfasst. Die Beurteilung der Beobachter, die unter einer starken kognitiven Belastung stünden[ii], erfolge nach subjektiven Mustern, werde durch den Aspekt der empfundenen „sozialen Erwünschtheit“ verzerrt und basiere zu häufig auf Sympathie und Antipathie.

Fehlerminimierung durch mehrdimensionales Verfahren

Diese Fehlerquelle kann minimiert werden, wenn das Assessment-Center nicht als alleiniges Einstellungs- bzw. Ausschlusskriterium benutzt wird, sondern in ein kumulatives Verfahren eingebettet ist. In einem solchen müssten das AC, computergestützte Intelligenztests, fachliche Fertigkeiten (z.B. auf Basis von Beurteilungen und Zeugnissen) und beispielsweise Sprachkenntnisse zu gleichen Teilen gewichtet werden.

Praxishinweise
  • Im Bewerbungsverfahren sollten moderne Verfahren des AC verwendet werden, die vom Grundgedanken her weniger der Personalauswahl, als mehr der Potentialanalyse dienen.
  • An der Schulung der Beobachter sollte nicht aufgrund finanzieller Faktoren gespart werden.
  • Es ist auf die Subjektivität der Mitarbeiterauswahl zu achten.
  • AC können, durch Einbettung in ein kumulatives Verfahren, eine hilfreiche Ergänzung sein. Sie sollten jedoch nicht alleine über die Personalwahl entscheiden.

[i] Vgl. Schuler, H.: Fehlentscheidung mit hohem Aufwand: „Assessment Center wählen oft die Falschen aus“, vom 11. Juni 2007, online verfügbar, unter: www.uni-hohenheim.de/uploads/tx_newspmfe/pm_Assessment_Center_-_Antworten_aus_der_Wi_2007-06-11_status_6.pdf.

[ii] Vgl. Sarges, W.: Warum Assessment-Center häufig zu kurz greifen, in: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 53/2009, S. 79-82.