Rechtliches

Entscheidung: Brandschutz geht vor

©Fiedels-Fotolia.com

Ist nicht hinreichend nachgewiesen, dass gravierende brandschutzrechtliche Mängel – wie etwa das Fehlen eines ersten oder zweiten Rettungswegs oder Bedenken gegen die Standfestigkeit einer Großgarage im Brandfall – behoben sind, überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer aus Gründen des Brandschutzes ausgesprochenen Nutzungsuntersagung. Dies entschied mit Beschluss vom 18. April 2016 das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Az. 3 K 2926/15).

Mangelnde Feuerbeständigkeit und unzureichende Fluchtwege

Im entschiedenen Fall geht es um einen Hotelier und Gaststättenbetreiber aus Karlsruhe, der Rechtsschutz gegen eine vorläufige Nutzungsuntersagung begehrt. Gestritten wird um die Sicherheit eines großen Gebäudekomplexes mit Hotelgebäude und weiteren Beherbergungsbetrieben. Vom Betreiber verlangte die Stadt, Hotel und Gaststätte zu schließen – aus Brandschutzgründen.

2014 hatte die Branddirektion der Stadt in dem Komplex mehrere Brandverhütungsschauen durchgeführt. Dabei hatte sie zahlreiche brandschutzrechtliche Mängel festgestellt. Bemängelt wurden unter anderem die mangelnde Feuerbeständigkeit tragender Bauteile und vor allem die fehlende Beachtung der Anforderungen an Rettungswege, zum Beispiel Mängel in verschiedenen Treppenräumen, die zudem, wie die Branddirektion feststellte, nicht ins Freie auf öffentliche Verkehrsflächen führen, sondern  in den Innenraum des Gebäudekomplexes. 2015 erließ dann die Stadt den Bescheid zur Nutzungsuntersagung und ordnete sofortige Vollziehung an.

Gefahr für Leib und Leben

Dem Gericht legte der Betreiber zu seiner Verteidigung ein Brandschutzkonzept vor. Sachverständige Stellungnahmen sollten außerdem beweisen, dass keine Gefahr für Leib und Leben besteht. Damit drang er vor Gericht aber nicht durch. Die Richter sahen zwar „weitreichende Anstrengungen zur Mängelbeseitigung“. Es könne aber, so die Entscheidung, „nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilt werden, ob den brandschutzrechtlichen Anforderungen damit in einem Umfang Genüge getan sei, der jedenfalls eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Nutzer ausschließe“.

Die Richter vermissten nach wie vor eine „belastbare, als Brandschutznachweis für den gesamten Gebäudekomplex geeignete Dokumentation“, wie es in der Entscheidung heißt. Dabei hatten die Richter die Gesamtanlage selbst in Augenschein genommen. Ergebnis: Etliche Beanstandungen seien zwar behoben worden, Bedenken seien aber geblieben, vor allem mit Blick auf neugeschaffene Fluchtwege.

Keine Kompromisse

Die Nutzungsuntersagung erweise sich auch nicht als unverhältnismäßig, so die Richter. Im Hinblick auf die extreme Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit einer unbestimmten Vielzahl von Menschen im Brandfall sei die ordnungsbehördliche Eingriffsschwelle tendenziell niedrig.

Die Baubehörde dürfe Anordnungen treffen, die ohne Eingehung von Kompromissen in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite lägen. Dies gelte insbesondere für Beherbergungsbetriebe und Gaststätten. Auf Vertrauensschutz könne sich der Antragsteller im Hinblick auf die jahrelangen Beanstandungen der Anlage bei Brandverhütungsschauen und Bauabnahmen nicht berufen.