Das erste Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Mindestlohn liegt vor. Die Richter entschieden, dass Arbeitgeber Weihnachts- und Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen dürfen. Voraussetzung ist lediglich, dass der Arbeitgeber die Entgeltzahlungen tatsächlich und unwiderruflich leistet (Az. 5 AZR 135/16). Die umstrittene Frage, wie der gesetzliche Mindestlohn zu erfüllen ist, entschieden die Richter damit zugunsten von Arbeitgebern.
Der Sachverhalt
Im entschiedenen Fall geht es um eine in Vollzeit beschäftigte Mitarbeiterin in einer Cafeteria. Laut Arbeitsvertrag erhält sie 13,50 DM (also 6,90 Euro) pro Stunde. Vorgesehen sind daneben besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Um auf den gesetzlichen Mindestlohn zu kommen, änderte der Arbeitgeber die Auszahlung der Sonderzahlungen. Seit Januar 2015, also mit Einführung der Neuregelung, zahlte er seiner Mitarbeiterin das Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht mehr jährlich, sondern monatlich zu je 1/12. Daneben erhielt sie weiter ihr Bruttogehalt in Höhe von zuletzt 1391,36 Euro. In der Summe ergab dies 1.507,30 Euro brutto. Grundlage für die Änderungen war eine Betriebsvereinbarung, in der sich der Arbeitgeber verpflichtet hatte, dafür auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
Die Mitarbeiterin war damit nicht einverstanden. Sie verlangt ein Monatsgehalt auf Basis des gesetzlichen Mindestlohns.
Die Entscheidung
Dem erteilte das BAG aber eine Absage. Der gesetzliche Mindestlohn trete als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht, so die Begründung. Das heißt im Klartext: der Arbeitgeber schuldet nicht einen festen Stundenlohn von 8,50 Euro, sondern einen Mindestlohn für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Jahressonderzahlungen sind folglich dann zu berücksichtigen, wenn sie eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen.
Letzteres bejahten die Richter im entschiedenen Fall. Urlaubs- und Weihnachtsgeld würden hier „vorbehaltlos und unwiderruflich“ geleistet, ihnen komme daher Erfüllungswirkung zu.
Laut Urteil nicht anrechenbar sind demgegenüber Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt. Dazu zählen zum Beispiel Zuschläge für Nacht- oder Schichtarbeit. Auch beim Weihnachts- und Urlaubsgeld sind Fälle denkbar, in denen nicht angerechnet werden darf. Beispiele sind einmalige Zahlungen für teure Urlaubsreisen oder der Fall, dass ausdrücklich die Betriebstreue belohnt werden soll.
Quelle: Urteil des BAG Az. 5 AZR 135/16