Amok, was das ist und was man tun kann:
Unter Amok wird eine willkürlich und blindwütig erscheinende Tötung mehrerer Personen verstanden. Dabei erfolgt der Waffeneinsatz in eindeutiger Mordabsicht gegen mehrere Menschen durch ein oder sehr selten mehrere Täter. Für Außenstehende erscheint dieser schwere Gewaltausbruch überraschend und willkürlich. Die Amoktäter haben sich in einem langwierigen Prozess zur Tat entschlossen und sich danach über einen längeren Zeitraum psychisch und materiell darauf vorbereitet.
Eine akute Amoktat liegt vor, wenn
- Waffen, Sprengmittel oder gefährliche Gegenstände (Auto als Waffe) eingesetzt werden oder außergewöhnlich schwere Gewalt vorliegt, und
- eine unbestimmte Personenanzahl schwer verletzt oder getötet, bzw. dies versucht wird, und
- Täter die Möglichkeit zur weiteren Einwirkung auf Personen haben.
Ablauf einer Amoktat
Auch wenn die Täter die Tat immer wieder unterschiedlich ausführen, so lassen sich bestimmte Regelmäßigkeiten aus der Erfahrung ableiten:
- die Tatausführung beträgt in der Regel nur bis zu ca. 15 Minuten,
- für alle Personen, die sich im Einwirkungsbereich des Täters befinden, besteht akute Lebensgefahr,
- die Täter können beim Amoklauf nicht mehr durch gewaltlose Einwirkung von der Fortsetzung der Tat abgehalten werden,
- es besteht meist eine enge Beziehung zwischen dem Täter und der Örtlichkeit, an der der Täter handelt (Schule, Arbeitsplatz),
- Amoktäter beenden die Tat in ca. der Hälfte aller Fälle mit Suizid. In den übrigen Fällen werden die Täter beim Amoklauf gewaltsam gestoppt oder sie lassen sich nach Abschluss des Amoklaufes gewaltlos festnehmen.
Ist Prävention möglich?
Amok könnte in vielen Fällen präventiv verhindert werden. Wissenschaftlich werden Ursachen, Anzeichen, Eskalationsstufen für Amok untersucht. Daraus werden unter dem Sammelbegriff „Bedrohungsmanagement“ Verfahren abgeleitet, in denen die typischen Eskalationsstufen und „Schlüsselverhalten“ erkannt und bewertet werden, um daraus eine Prognose abzuleiten.
Verdacht auf Amok-Vorbereitungen
Wenn Sie Verdachtsmomente haben, wenden Sie sich mit Ihrer „verdächtigen Wahrnehmung“ an die Polizei und/oder an Sicherheitsverantwortliche, um eine Bewertung und ggf. weitere Abklärungen vornehmen zu lassen. Einige Polizeiorganisationen nehmen die Herausforderung bereits auf hohem Niveau an. Der Schweizer Kanton Solothurn betreibt seit 2013 unter Führung der Polizei ein Kantonales Bedrohungsmanagement, hierzu mussten jedoch Datenschutzgesetze geändert und umfangreiche Schulungsmaßnahmen umgesetzt werden.
Verhaltensweise bei Amok
Nutzen Sie ein mobiles Telefon, da Ortsverlagerung oder Verbarrikadieren kurzfristig erforderlich sein wird. Die Polizei benötigt folgende Informationen:
- Was ist bereits geschehen? Was passiert gerade? Schildern Sie Ihre Wahrnehmungen.
- Wie viele Täter handeln?
- Wie ist das Verhalten des Täters?
- Wie ist der Täter bewaffnet?
- Wo hält sich der Täter gerade auf? Genaue und möglichst detaillierte Beschreibung (Straße, Haus, Stockwerk, Raum, Laufrichtung etc.)
- Wie sieht der Täter aus? Genaue Beschreibung der Bekleidung, auch ggf. Maskierung.
- Wie viele Opfer gibt es?
Ihr Verhalten bei Amok
- Bewahren Sie Ruhe.
- Eigensicherung geht vor. Es besteht Lebensgefahr.
- Suchen Sie keinen Kontakt zum Täter. Dies gilt auch, wenn Sie ihn kennen.
- Unternehmen Sie keinen Festnahmeversuch.
- Informieren Sie möglichst viele Menschen über die Situation. Bedenken Sie, dass der Täter eine Lautsprecherdurchsage mithört und verwenden Sie im Notfallplan vereinbarte Codewörter.
- Helfen Sie verletzten Personen, wenn Sie sich dadurch nicht selbst gefährden.
- Halten Sie Lagepläne für die Polizei bereit.
- Sammeln Sie Informationen für die Polizei.
- Verbarrikadieren Sie sich. Schließen Sie sich ein und versperren Sie den Zugang von innen. Halten Sie sich von Fenstern und dünnen Bauteilen fern, durch die Täter sehen oder Waffen wirken können.
- Kleben Sie einen Zettel an Fenster mit leserlichen Informationen für Einsatzkräfte: Personenzahl, Anzahl der Verletzten und eine Telefonnummer.
- Sofern Sie es schaffen aus dem direkt bedrohten Bereich zu flüchten, warnen Sie Personen auch im weiteren Umfeld und fordern zum sofortigen Flüchten und/oder Verbarrikadieren auf.
- Beachten Sie die Hinweise des Notfallplans für das Objekt.
- Nur in auswegloser Situation, wenn weder Flucht, noch Verstecken vor dem Täter möglich ist, bekämpfen Sie den Amok-Täter. Nutzen Sie Überraschung und Ablenkung, je mehr Personen gleichzeitig kämpfen, desto erfolgsversprechender ist dies.
In einer zurückliegenden Amok-Situation in Lörrach war die Reaktion eines Pflegers im Krankenhaus beim Amok-Lauf herausragend gut. Er hat eine Flur-Tür verschlossen und so den Bewegungsradius der Amok-Täterin eingeschränkt. Eine Lehrkraft versuchte in einem anderen Fall den ihr bekannten Amok-Täter anzusprechen, was Sie nicht überlebt hat und was auch nicht erfolgsversprechend war. Ebenso abzuraten ist von der Anfertigung von Videos während der Amok-Tat. Dadurch sind sie abgelenkt, sie bringen sich in den Vordergrund und unnötig in Gefahr. Von einer Veröffentlichung wird sowieso abgeraten, denn die Videos heroisieren die Täter und schaffen so Tatanreize für Nachahmer.
Quellen:
Marcel Kuhlmey /Christoph. Öxle: Praxishandbuch Security, Boorberg Verlag 2015
J. Reid Meloy / Jens Hoffmann: International Handbook of Threat Assessment, Oxford University Press 2014
https://www.so.ch/verwaltung/departement-des-innern/polizei/ueber-uns/sicherheitsabteilung/kantonales-bedrohungsmanagement/ (letzter Zugriff am 15.08.2016)
PRAXISHINWEISE:
Einen Praxisleitfaden zum Thema finden sie bei Kuhlmey/Öxle, Praxishandbuch Security, Richard Boorberg Verlag, 350 Seiten, € 24,80