Nicht zuletzt aufgrund des furchtbaren terroristischen Anschlags auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift »Charlie Hedbo« im Januar 2015 mit 14 Toten wurden im Bundeshaushalt die finanziellen Mittel für die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz entscheidend erhöht. Bei der Bundespolizei ist es dadurch möglich, unter anderem neue Einheiten aufzubauen – die Beweissicherungs-und Festnahmeeinheiten plus (BFE+).
Kurzer Rückblick – Ausgangslage
Die erste Einheit wurde Mitte Dezember 2015 durch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maiziere in Blumberg bei Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei sagte der Präsident der Bundespolizei, Dr. Dieter Romann, dass diese robuste Einheit einmalig in Deutschland sei, damit eine Fähigkeitslücke zwischen der Bundesbereitschaftspolizei und der GSG 9 der Bundespolizei geschlossen werde und die BFE+ somit auch eine Vorreiterrolle einnehme. Insgesamt sollen bis 2018 bundesweit fünf BFE+ aufgestellt werden. Bereits Ende Januar 2016 wurden Kräfte dieser Spezialeinheit bei einem gemeinsamen Schlag der Türkischen Nationalpolizei und der Bundespolizei gegen GeisterschiffSchleuser eingesetzt.
BFE+ ist »Aufrufeinheit« – keine Mini-GSG 9
Insgesamt werden fünf BFE+ aufgestellt, neben Blumberg noch in den Standorten Sankt Augustin, Uelzen Hünfeld und Bayreuth. Der Personalansatz soll auf insgesamt 250 PVB anwachsen, wobei die fünf Einheiten jeweils an die bestehenden BFHu der Direktion Bundesbereitschaftspolizei angegliedert werden. Die Beamten der BFE+ sind als Teil der BFHu und damit der Bundesbereitschaftspolizei auch weiterhin in deren tägliche originäre Aufgabenwahrnehmung eingebunden.
Als »Aufruf-Einheiten« sind sie somit keine eigenständige Spezialeinheit wie die GSG 9 oder die SEK der Länder, sondern unter Beibehaltung ihrer originären Aufgaben einer BFE zusätzlich befähigt, bei besonderen Gefährdungslagen oder Fahndungen offen und verdeckt eingesetzt zu werden. Weitere Aufgabenbereiche können die Absperrung von terroristischen Tatorten und der notfallmedizinische Einsatz als Ersthelfer zur Fremd-und Eigenrettung sein. Sollte es dabei zu einer unmittelbaren Konfrontation mit Tätern kommen, ist es Aufgabe der BFE+, diese zu binden, Unbeteiligte zu schützen und Verletzte aus dem jeweiligen Gefahrenbereich zu evakuieren.
Wenn andere Spezialeinheiten im Ernstfall nicht oder nicht rechtzeitig am Ereignisort sind, können die BFE+ auch eigenständig gegen Täter vorgehen und gegebenenfalls einen Notzugriff durchführen. Die Einheiten werden zwar vorrangig für die Wahrnehmung bundespolizeilicher Aufgaben aufgestellt, können aber bei Bedarf auf Anforderung den Polizeien der Länder bei besonderen Einsatzlagen zur Verfügung gestellt werden.
Ausblick
Die Aufstellung der fünf BFE+ soll bis Anfang 2018 abgeschlossen sein. Erste Einsätze der Blumberger Einheit sind erfolgreich verlaufen. BFE+ Angehörige sind quasi Diener zweier Herrn. Sie müssen ggf. aus normalen Einsätzen und aus dem Stand heraus zu einer »Unterstützungseinheit« mutieren, dann sicherlich auch mit anderen Unterstellungsverhältnissen. Dies erfordert Flexibilität, sowohl taktisch wie logistisch.
Ferner ist nicht von der Hand zu weisen, dass »Spezialeinheiten« aus der Sache heraus ein gewisses Eigenleben führen, auch bedingt durch nachhaltige spezielle Ausund Fortbildung. Auch die Zugleichfunktion als normale BFE-Einsatzkräfte und als Sonderverband bedarf noch der eingehenden Prüfung.
Nicht zuletzt wird sich auch die Frage stellen, wie die höhere Qualifikation der Angehörigen einer BFE+ honoriert werden wird – durch eine Zulage a Ja GSG 9/SEK oder durch höherwertige Dienstposten. So werden erst entsprechende Einsatzerfahrungen – unter Einbeziehung ausrüstungsmäßiger, logistischer und einsatztaktischer Erkenntnisse – zeigen, ob die aktuelle Einsatzkonzeption trägt.
Praxishinweis:
Dies ist ein aktueller Auszug aus: „Deutsches Polizeiblatt“ 1/2017 (DPolBl), S. 5-7 des RICHARD BOORBERG VERLAGES, ISSN 0175-4815.