Der Bundestag hat am 27. April eine Reihe neuer Sicherheitsgesetze verabschiedet. Erklärtes Ziel der Regierungsparteien ist es, den Schutz vor Terrorangriffen zu verbessern.
So sollen verurteilte Extremisten künftig nach ihrer Haftentlassung sowie Gefährder präventiv zum Tragen einer elektronischen Fußfessel verpflichtet werden können, um sie besser kontrollieren zu können. Außerdem sollen bei Deutschlandflügen die Airlines verpflichtet werden, die Datensätze ihrer Passagiere an das Bundeskriminalamt (BKA) weiterzugeben. Auch soll durch erhebliche Modernisierung der IT-Strukturen das BKA-Gesetz verbessert werden.
Die Regierungsparteien erhoffen sich durch die Neuregelungen eine höhere Sicherheit in Deutschland. Die Opposition hegt große Zweifel an den neuen Sicherheitsgesetzen und warnt vor einer erheblichen Einschränkung der Bürgerrechte. Kritisiert wird dabei vor allem die durch den Wunsch nach einer möglichst umfangreichen Prävention vor Straftaten verursachte Überforderung der Polizeikräfte.
Elektronische Fußfessel für Terrorismus-Straftäter und Gefährder
Es wurden zwei Gesetzesänderungen zur Möglichkeit der Anordnung einer elektronischen Fußfessel beschlossen.
Zum einen wurden die Straftaten im Strafgesetzbuch (StGB) ausgeweitet, anlässlich derer das Tragen der elektronischen Fußfessel angeordnet werden kann, wenn ein Täter bereits deswegen verurteilt wurde. Nun werden Straftaten mit Mindeststrafe unter einem Jahr (Vergehen) mit terroristischem Bezug erfasst. Diese schweren Vergehen sind etwa die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, die Terrorismusfinanzierung und die Unterstützung terroristischer Vereinigungen.
Zweitens wurden im Gesetz über das Bundeskriminalamt (BKA-Gesetz) die BKA-Befugnisse geändert. Das BKA kann bald einen sog. Hausarrest anordnen und diesen auf richterliche Anordnung mit der elektronischen Fußfessel durchsetzen. Dies soll bereits gegen Gefährder möglich sein – noch bevor ein Verfahren oder eine Verurteilung vorliegen. Als Gefährder gilt eine Person, bei der es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie eine Straftat im Bereich des internationalen Terrorismus begehen könnte oder deren individuelles Verhalten es wahrscheinlich macht, dass sie eine solche Straftat plant. Das Gesetz gilt nur für jene Gefährder, für die das BKA zuständig ist. Das ist dann der Fall, wenn es um internationalen Terrorismus geht. Für alle anderen Gefährder sind die Länder zuständig, die dazu eigene Gesetze beschließen bzw. ihre bestehenden anpassen müssen. Dieses Gesetz ist eine Reaktion auf den Terroranschlag von Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016.
Gesetz zur Fluggastdatenspeicherung
Ein Gesetz zur Speicherung von Fluggastdaten wurde ebenfalls vom Bundestag beschlossen. Die Airlines sollen damit verpflichtet werden, an das BKA die Daten von Passagieren zu übermitteln, die von der Europäischen Union (EU) aus in einen Nicht-EU-Staat oder von einem Nicht-EU-Staat aus in einen Mitgliedstaat der EU fliegen.
Da das Gesetz äußerst umstritten ist, war sowohl von einigen Politikern als auch von der Bundesdatenschutzbeauftragten gefordert worden, vor der Abstimmung zunächst ein Gutachten des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Speicherung von Fluggastdaten abzuwarten.
Die Veränderungen beim BKA gehen auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zurück. Das BVerfG hatte im vergangenen Jahr die umfangreichen Befugnisse zur Terrorabwehr teilweise für verfassungswidrig erklärt. Dasselbe vermutet nun die Opposition auch für die neuen Reformen.
Zentrale Datenbank beim BKA
Mit dem BKA-Gesetz soll zudem die rechtliche Grundlage für eine zentrale Datenbank beim BKA geschaffen werden, auf die auch die Länder zugreifen können sollen. In dieser sollen die Informationen zu bestimmten Ereignissen zusammengeführt werden.
Härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten
Wer Polizisten oder Rettungskräfte angreift, muss künftig mit härteren Strafen rechnen. Angriffe auf Polizisten oder andere Amtsträger sollen künftig schon bei „allgemeinen Diensthandlungen“ wie einer Streifenfahrt mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden können. Bisher war eine solch hohe Strafandrohung nur im Zusammenhang mit einer Festnahme möglich.
In dem geplanten neuen § 114 StGB heißt es weiterhin: „Wer einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei einer Diensthandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ Durch die neuen Polizeischutzgesetze möchte der Gesetzgeber zukünftig der wachsenden Zahl an Übergriffen auf Polizeibeamte und Rettungskräfte vorbeugen.
Keine Gesichtsverhüllung für Bundesbeamte und Soldaten
Bundesbeamte und Soldaten dürfen außerdem bald ihr Gesicht während ihres Dienstes nicht verhüllen. Ausnahmen sieht das Gesetz nur bei gesundheitlichen oder dienstlichen Zwecken vor – etwa wegen einer Infektionsgefahr oder zum Eigenschutz. Eine Änderung des Bundeswahlgesetzes sieht ein entsprechendes Verbot auch für die Mitglieder der Wahlausschüsse und Wahlvorstände vor. Bei der Beantragung von Ausweispapieren muss ein Antragsteller zudem sein Gesicht zeigen, um einen Abgleich mit dem Foto zu ermöglichen.