Gefahrenabwehr

Datenschutz, heimliche Videoüberwachung und sonstige heimliche Mitarbeiterkontrollen

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Verdeckte Mitarbeiterkontrollen sind nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die unter Berücksichtigung des bis zum 24.05.2018 geltenden BDSG erging, in Ausnahmefällen möglich. Hat sich hieran etwas durch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), die seit 25. 05. 2018 in Kraft ist, geändert?

Warum werden heimliche Mitarbeiter-Kontrollen durchgeführt?

In den meisten Fällen werden heimliche Mitarbeiterkontrollen von Arbeitgebern durchgeführt, um Straftaten, die gegen das Unternehmen begangen werden, aufzuklären, wenn alle übrigen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Straftaten sind hierbei Straftaten mit direktem Bezug zum Unternehmen oder zu bestimmten Arbeitnehmern, zum Beispiel Material- oder Geld-Diebstähle, Verrat von Geschäftsgeheimnissen oder Compliance-Verstöße. Heimliche Kontrollmaßnahmen können sein: Videoüberwachung, Observation durch Privatdetektive, GPS-Ortung.

Was war bis 24.05.2018 erlaubt?

Bis zum 24.05.2018 durften unter Beachtung der bis dahin geltenden Fassung des BDSG heimliche Mitarbeiterkontrollen vorgenommen werden, sofern

  • sie zur Aufdeckung von Straftaten erforderlich waren und
  • der Arbeitgeber eine Interessenabwägung vorgenommen hatte und zum Ergebnis kam, dass die schutzwürdigen Interessen des Arbeitnehmers nicht höher zu bewerten waren als das Interesse des Arbeitgebers an der Aufklärung der Straftat, und
  • der Arbeitgeber geprüft hatte, ob die Maßnahme verhältnismäßig war.

Bei den Straftaten, denen der Arbeitnehmer verdächtigt wurde, musste es sich immer um Straftaten handeln, die bei der Ausübung der Tätigkeit direkt begangen werden (konnten). Voraussetzung war weiterhin, dass der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte hatte, dass derartige Straftaten begangen worden waren. Rein präventive heimliche Mitarbeiterkontrollen waren nicht erlaubt.

Präzisiert wurden diese Grundsätze durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Dieses hat unter anderem entschieden, dass heimliche Videoüberwachung in engen Ausnahmefällen an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen zulässig ist. Die Richter des BAG begründeten dies damit, dass durch die Kenntlichmachungspflicht des § 6b Abs. 2 BDSG kein absolutes Verbot heimlicher Videoüberwachung begründet wird. Die Vorschrift ist vielmehr verfassungskonform auszulegen. Dies führt dazu, dass es Fälle geben kann, bei denen das Interesse des Arbeitgebers an einer versteckten Überwachung das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner Persönlichkeit überwiegen kann. Die Richter des BAG (U. a. BAG vom 21. 06. 2012, NZA 2012, 1025) waren der Ansicht, dass heimliche Videokameras und heimliche Videoaufnahmen häufig das einzige effektive Mittel sind, um einen Straftatverdacht im Unternehmen aufzuklären oder auszuräumen. Würde heimliche Videoüberwachung verboten werden, könnte der Arbeitgeber seine Rechte aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz nicht wirksam schützen. Die Interessenabwägung muss immer im konkreten Einzelfall vorgenommen werden. Außerdem muss geprüft werden, ob die heimliche Videoüberwachung verhältnismäßig ausgestaltet und deswegen ausnahmsweise zulässig ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen waren bis 25. 05. 2018 auch andere heimliche Mitarbeiterkontrollen – z. B. der Einsatz von Privatdetektiven – in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig, sofern der Arbeitgeber die notwendige Interessenabwägung vorgenommen und zu seinen Gunsten entschieden hatte.

Wie sieht es seit der DS-GVO aus?

Die DS-GVO sieht umfangreiche Transparenz- und Informationspflichten für den Arbeitgeber im Hinblick auf die Erhebung und Verarbeitung von Mitarbeiterdaten vor. Das in Art. 5 I lit. a DS-GVO verankerte Transparenzprinzip und die Informationspflicht nach Art. 13 DS-GVO könnten grundsätzlich der Zulässigkeit heimlicher Kontrollen der Mitarbeiter entgegenstehen. Die Mitarbeiter sollen danach nämlich grundsätzlich vor der geplanten Datenerhebung und Datenverarbeitung darüber informiert werden, welche Daten zu welchem Zweck durch welche Stelle erhoben und verarbeitet werden. Würde der Arbeitgeber dies auch bei vorgesehenen heimlichen Mitarbeiterkontrollen tun müssen, wären diese sinnlos. Denn die in Verdacht stehenden Arbeitnehmer wären dann gewarnt, wenn der Arbeitgeber vorab informieren müsste, wann die heimliche Überwachung an welchem Ort stattfindet.

Es gibt derzeit noch keine Rechtsprechung zur Datenschutz-Grundverordnung, die sich mit der Frage heimlicher Mitarbeiterkontrollen befasst hat. In der Fachliteratur zur DS-GVO wird die Ansicht vertreten, dass nach wie vor heimliche Mitarbeiterkontrollen am Arbeitsplatz in engen Ausnahmefällen möglich sind. Dies wird damit begründet, dass ein sich aus der Transparenz- und Informationspflicht ableitendes vollständiges Verbot heimlicher Mitarbeiterkontrollen den Grundsätzen einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO widersprechen würde. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO erfolgt die Datenverarbeitung unter anderem rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der Interessen des Verantwortlichen (hier des Arbeitgebers) erforderlich ist und dabei nicht die Interessen oder Grundrechte des Betroffenen an dem Ausschluss der Datenverarbeitung überwiegen. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO fordert also auch eine Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Der Arbeitgeber muss – wie bisher – eine Abwägung seiner Interessen gegen die Interessen des Arbeitgebers vornehmen und zusätzlich prüfen, ob die vorgesehene heimliche Mitarbeiterkontrolle verhältnismäßig ist. Dabei ist immer auf den konkreten Einzelfall und die daraus resultierenden Folgen für den Betroffenen abzustellen. Ein Rückgriff auf die bisherige BAG-Rechtsprechung wird hierbei auch zur Rechtfertigung herangezogen.

Einen weiteren Erlaubnistatbestand sieht die Literatur in Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO. Die Vorschrift betrifft die Informationspflichten des Verantwortlichen (hier des Arbeitgebers) bei der Datenerhebung durch Dritte (z. B. bei der Überwachung durch Dritte). Sie sieht vor, dass der Betroffene nicht vorab von der Datenerhebung informiert werden muss, wenn eine vorhe- rige Information des Betroffenen die Verwirklichung der Ziele unmöglich machen oder ernsthaft beeinträchtigen würde. Diese Vorschrift kann sich ihren Wortlaut nach auch auf Fälle beziehen, bei denen eine verdeckte Kontrolle eines Mitarbeiters durch Dritte (zum Beispiel Privatdetektiv) erfolgen muss. Allerdings müsste dann der Dritte – also der Privatdetektiv – den Betroffenen informieren. Würde der Dritte dies tun, liefe die heimliche Mitarbeiterkontrolle ins Leere – und der Arbeitgeber hätte keine Möglichkeit, wirkungsvolle Kontrollen durch Dritte durchführen zu lassen. Hierin sieht die Fachliteratur eine Regelungslücke zum Nachteil des Arbeitgebers, dem damit die Möglichkeit genommen wird, seine Rechte aus Art. 14 GG durch verdeckte Kontrollen wirksam zu schützen. Die Fachliteratur vertritt daher die Ansicht, dass diese Regelungslücke durch eine analoge Anwendung des Art. 14 V lit. b DS-GVO zu schließen ist und dem Arbeitgeber in Ausnahmefällen trotz der Informationspflichten aus Art. 13 lit. f DS-GVO versteckte Kontrollen zu erlauben sind.

Fazit:

Ob unter der Geltung der DS-GVO und des BDSG n. F. seit 25.05.2018 heimliche Mitarbeiterkontrollen zulässig sind, ist derzeit durch die Gerichte noch nicht geklärt. Unter Berücksichtigung der bisher zu derartigen Fällen ergangenen Rechtsprechung in der Geltungsdauer des BDSG a. F. und in verfassungskonformer Auslegung der DSGVO geht man derzeit davon aus, dass heimliche Mitarbeiterkontrollen im bisher von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin zulässig sind.

 

Dieser Beitrag erschien in RdW, 18/2019