Gefahrenabwehr

Brandschutz in Zeiten der Corona-Pandemie: Beispiel Einzelhandel

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Die Corona-Pandemie bestimmt seit Wochen das Leben in Deutschland. Nach dem großen Shutdown, der für den Einzelhandel mit umfangreichen Schließungen verbunden war, kommt es aktuell zu Lockerungen. Doch wenngleich die Lockerungen für viele Einzelhändler ein Segen sind, ergeben sich aus Sicht des Brandschutzes zahlreiche Fragen und Handlungsfelder.

Probleme aus Brandschutzsicht

1,5 bis 2 m Abstand zwischen den Menschen: Das ist eines der Gebote, die aktuell in der Corona-Pandemie eine große Rolle spielen. Diese Abstandsregelungen, aber auch der Umstand von Begrenzungen bei der Verkaufsfläche auf 800 m², wirken sich auf den Brandschutz aus. Um Abstand zwischen den Kunden herzustellen, greifen viele Einzelhändler zu kreativen Lösungen, die aus Sicht des Brandschutzes kritisch sind. Beispielhaft ist die Trennung und Lenkung der Kundenströme in einem Ladengeschäft zu nennen. In größeren Ladengeschäften lässt sich aktuell oft beobachten, dass der Kundenverkehr zwischen Kunden, die gehen und neuen Kunden getrennt wird. Dazu werden teilweise Absperrbänder, aber auch mobile Wände oder Tische eingesetzt. Das ist aus brandschutztechnischer Sicht höchst bedenklich. Denn Laufwege, die oftmals gleichzeitig auch Flucht- und Rettungswege sind, werden in ihrer Breite eingeschränkt oder sind gar nicht mehr zugänglich. Diese Begrenzungen können im Brandfall nicht ohne weiteres beseitigt werden. Gleiches gilt, wenn mehrere Ein- und Ausgänge nicht geöffnet werden können, weil sie verschlossen sind. Hier gibt es Einzelhändler, die bewusst Eingänge blockieren oder verschließen, auch um die Kundenzahl im Laden steuern und überwachen zu können. Im Brandfall kann sich das aber im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Brandfalle entwickeln.

Abgrenzungen der Verkaufsfläche

Eine weitere Maßnahme, von der der Einzelhandel betroffen ist, ist die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 m². Eine solche Begrenzung kann aus Sicht des Brandschutzes nicht unbedenklich sein. Das gilt vor allem, wenn aufgrund der Begrenzung der Verkaufsfläche und der damit verbundenen Abschirmung, beispielsweise notwendige Flucht- und Rettungswege nicht mehr begangen werden können, weil sie plötzlich nicht mehr zur Verkaufsfläche gehören. Hier muss im Einzelfall genau hingesehen werden, ob und in welchem Umfang die Flucht- und Rettungswege noch zur Verfügung stehen. Zumal auch berücksichtiget werden muss, ob sich aufgrund der Begrenzung der Verlauf der Flucht- und Rettungswege verändert hat. Wenn ein Einzelhändler seine Verkaufsfläche auf 800 m² begrenzen muss, ist es wenig verwunderlich, wenn auf dieser Verkaufsfläche das Warenangebot ergänzt wird. Einfach, um Kunden eine möglichst vielfältige und große Auswahl an Waren bieten zu können. Doch wenn es zu einer zusätzlichen Anordnung von Waren in der Verkaufsfläche kommt, müssen die Flucht- und Rettungswege geprüft werden, in wieweit diese noch vorhanden sind und auch hinsichtlich ihrer notwendigen Breite. Ebenfalls gilt es zu prüfen, ob eventuell vorhandene Flucht- und Rettungspläne noch aktuell sind. Oder ob eine Anpassung der Flucht- und Rettungspläne vorgenommen werden muss. Schließlich müssen diese stets auf einem aktuellen Stand sein. Das kann sowohl für Flucht- und Rettungswege gelten, als auch für den Zugang zu Brandschutz- und Notfalleinrichtungen, die ebenfalls auf einem Flucht- und Rettungsplan ausgewiesen werden. Gerade im Zuge der Brandschutzpläne sind auch Feuerwehrpläne darauf zu prüfen, ob Veränderungen vorgenommen werden müssen. Es kann  bei den Informationen für die Feuerwehr relevante Abweichungen geben, die wichtig für den Einsatzerfolg sein können. So beispielsweise, wenn sich Lagerbereiche ändern oder Zugänge zu einzelnen Bereiche oder zu vorhandenen Löscheinrichtungen (z.B. Wandhydranten Typ F).

Stimmt die Ausstattung mit Feuerlöschern noch?

Auch wie es um die Ausstattung, insbesondere um die Anordnung der Feuerlöschgeräte bestellt ist, muss geprüft werden. Als Beispiel sei die Verteilung der Feuerlöschgeräte (z.B. Feuerlöscher Abstand von 20 m nach ASR A2.2) genannt. Durch die Abgrenzung der Verkaufsfläche, kann unter Umständen eine neue Anordnung der Feuerlöschgeräte notwendig sein. Es gilt dann auch zu prüfen, ob die vorhandenen Feuerlöscher zur Brandgefährdung hinsichtlich des Löschmittels noch passen. Denkbar wäre beispielsweise, dass plötzlich in einem Bereich der Verkaufsfläche Artikel mit einer brennbaren Flüssigkeit angeboten werden, die es so vorher in diesem Bereich nicht gab. Dann muss unter Umständen die Ausstattung mit einem Feuerlöschgerät überprüft und es bei Bedarf ersetzt oder ergänzt werden, wenn das Löschmittel unpassend ist. Letztlich muss geprüft werden, ob einzelne Anforderungen nach der ASR A2.2 (Maßnahmen gegen Brände) noch erfüllt sind. Beispielhaft ist das Vorhandensein von Brandschutzhelfern zu nennen. Durch Veränderungen bei Arbeitszeiten oder Schichtmodellen kann es zu Abweichungen kommen. Dem muss unter Umständen ebenfalls Rechnung getragen werden. Dies kann nicht nur die zusätzliche Ausbildung von Mitarbeitern zu Brandschutzhelfern erforderlich machen, sondern auch eine Anpassung der Brandschutzordnung.

Brandschutz nicht vernachlässigen

Zurzeit stehen viele Bereiche im Einzelhandel nach Wochen der Schließung unter einem enormen finanziellen Druck. Und sicherlich erfordert die Corona-Pandemie pragmatische Lösungen, die zum einen dem notwendigen Infektionsschutz und damit dem Gesundheitsschutz, aber auch den wirtschaftlichen Interessen, Rechnung tragen. Doch pragmatische Lösungen dürfen letztlich nicht dazu führen, dass es am Ende zu einer unnötigen Gefahr von Kunden, aber auch von Mitarbeitern kommt. Jeder Einzelhändler, vom kleinen Ladengeschäft bis hin zum großen Einkaufszentrum, muss daher jede der beschriebenen Maßnahmen immer auch unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes gewichten. Da die Corona-Pandemie uns höchstwahrscheinlich noch eine lange Zeit begleiten wird, sollten die Veränderungen in den betrieblichen Abläufen dringend berücksichtigt werden.